# taz.de -- Kämpfe um Libyens Hauptstadt Tripolis: Beide Seiten rüsten weiter… | |
> Der Krieg um Libyens Hauptstadt eskaliert zu einem Stellungskrieg. Immer | |
> mehr Milizen werfen sich in den Kampf um Tripolis. | |
Bild: Die angreifende Libysche Nationalarmee ist auf dem Weg an die Front | |
TUNIS taz | Der Kampf um Libyens Hauptstadt eskaliert zu einem | |
Stellungskrieg. Laut UN-Angaben sind mehr als 13.500 Menschen seit Beginn | |
der Offensive von [1][Feldmarschall Chalifa Haftar] vor zehn Tagen aus dem | |
umkämpften Süden von Tripolis geflohen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO | |
zählte bisher 121 Tote und 682 Verletzte. | |
Der Milizenallianz des international anerkannten Regierungschefs Fajis | |
Sarradsch in Tripolis gelang es zwar, die angreifende Libysche | |
Nationalarmee (LNA) Haftars rund 10 Kilometer vor dem Stadtzentrum zu | |
stoppen. Doch beide Seiten rüsten jetzt weiter auf: Panzer und Artillerie | |
der Tariq-ibn-Ziyad-Brigade sind aus Haftars ostlibyschem Hauptquartier bei | |
Bengasi auf dem Weg an die Front, ebenso regierungstreue Milizen aus der | |
Hafenstadt Misrata. | |
„Zuvor gab es in Libyen mehrere voneinander unabhängige lokale Konflikte. | |
Nun sind alle Konfliktparteien, ihre ausländischen Geldgeber und | |
Söldnertruppen an diesem Kampf um die Macht direkt oder indirekt | |
beteiligt,“ sagt der ehemalige Kultusminister Younis Issa, der das | |
Geschehen aus der südlichen Provinz Fezzan heraus mit Sorge beobachtet. | |
„Wenn es nicht durch Druck von außen in den nächsten Tagen einen | |
Waffenstillstand gibt, wird man bald von einem Kabul am Mittelmeer | |
sprechen.“ | |
Eine für Sonntag von den Vereinten Nationen geplante Nationale | |
Versöhnungskonferenz [2][verschob der Chef der UN-Mission UNSMIL, Ghassan | |
Salame], auf unbestimmte Zeit. Er rief am Sonntag stattdessen zur Rückkehr | |
zum politischen Dialog auf. „Solange bewaffnete Gruppen die Regierung | |
Sarradsch zwar offiziell unterstützen, sie aber tatsächlich im Würgegriff | |
haben, und solange der Osten unter Zwangsverwaltung von Haftars Armee | |
steht, ist jeglicher Dialog aussichtslos“, sagt Issa dazu. | |
## Viele Bürger füchten Chaos | |
Immerhin: Die eigentlich verfeindeten Hauptstadtmilizen, von deren Gnade | |
die Sarradsch-Übergangsregierung abhängt, haben ein Zweckbündnis gegen | |
Haftar geschlossen. Am Sonntag versuchten Einheiten der Warlords Salah Badi | |
und Haithem Tajouri, die mit Haftar verbündete Kanyat-Brigade aus der Stadt | |
Tarhouna zurückzudrängen, 80 Kilometer südöstlich von Tripolis auf dem Weg | |
nach Misrata. Kampfflugzeuge aus Misrata bombardierten am Samstag | |
LNA-Einheiten nahe Tripolis, im zentrallibyschen Beni Walid stationierte | |
MIG-23 Jets beschossen in Zuwara eine Radaranlage und in Jansour ein | |
Waffenlager. | |
Der Innenminister der Tripolis-Regierung, Fathi Bashaga verurteilte Haftars | |
LNA dafür, „sich libysche Armee zu nennen und dann die Hauptstadt des | |
eigenen Landes anzugreifen“. Während das Leben im Zentrum von Tripolis | |
weiterhin normal weiterzugehen scheint, fürchten viele Bürger ein Chaos wie | |
unmittelbar nach dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi 2011. Im Laufe | |
des Kampfes gegen Haftar, so eine verbreitete Sorge, würden zuvor aus | |
Tripolis vertriebene Gruppen auf Regierungsseite zurückkehren, ebenso | |
salafistische Milizen auf Haftars Seite. | |
Der 34-jährige Geschäftsmann Faisal Swehli in Tripolis, der jeden Tag in | |
sein Büro unweit der Frontlinie fährt und dessen Frau aus Haftars Hochburg | |
Bengasi stammt, berichtet: „Nie zuvor gab es so viel Hasskommentare auf | |
sozialen Medien wie jetzt. Die Polarisierung zwischen Ost und West macht | |
mir Angst. Ich fürchte, dass selbst wenn Haftars Armee abziehen sollte, das | |
Zusammenleben im multikulturellen Tripolis in Gefahr ist.“ | |
## Diplomaten werden evakuiert | |
Internationale Diplomaten haben Tripolis verlassen. Per Boot evakuierte | |
EU-Mitarbeiter der Grenzschutzmission EUBAM wurden vor Djerba von der | |
tunesischen Marine an Bord genommen, nachdem sie einen Notruf abgesetzt | |
hatten. | |
Ob es doch noch internationalen Druck gibt, könnte sich schon bald zeigen. | |
Am Samstag durchquerte der US-Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ auf einer | |
Routinemission die Meerenge von Gibraltar. Er könnte in wenigen Tagen die | |
libysche Küste erreichen. | |
14 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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