# taz.de -- Präsidentschaftswahl in der Slowakei: „Zuzana, Zuzana!“ | |
> In der Slowakei kommt mit Zuzana Čaputová erstmals eine Frau an die | |
> Staatsspitze. Der Sieg der pro-europäischen Umweltaktivistin fiel | |
> deutlich aus. | |
Bild: Zu Čaputovás Zielen zählen mehr Umweltschutz und die Stärkung der Rec… | |
Prag taz/dpa | Die liberale Bürgeranwältin [1][Zuzana Čaputová] hat die | |
Präsidentenwahl in der Slowakei klar gewonnen. Nach dem in der Nacht auf | |
Sonntag veröffentlichten inoffiziellen Endergebnis erreichte die 45-Jährige | |
im entscheidenden zweiten Wahlgang 58,4 Prozent der Stimmen. Ihr Gegner in | |
der Stichwahl, der von den regierenden Sozialdemokraten nominierte | |
EU-Kommissar Maros Sefcovic, kam auf 41,6 Prozent. Das slowakische | |
Staatsoberhaupt hat ähnlich wie in Deutschland vorwiegend repräsentative | |
Aufgaben. | |
In einer ersten Reaktion dankte die Wahlsiegerin den Wählern nicht nur auf | |
Slowakisch, sondern auch in den Sprachen der ungarischen und der | |
Roma-Minderheit, sowie auf Tschechisch für ihr Vertrauen, das sie als | |
Signal der Veränderung interpretierte. Sefcovic gratulierte ihr zu ihrem | |
Erfolg. Ihre Anhänger feierten sie mit Sprechchören „Zuzana, Zuzana!“. | |
Sie werde wie ihr parteiloser [2][Vorgänger Andrej Kiska] eine „klar | |
pro-europäische Position“ vertreten, sagte Čaputová kurz nach Mitternacht. | |
Kiska war nicht mehr angetreten. Das offizielle Endergebnis der Abstimmung | |
soll erst am Sonntagmittag bekannt gegeben werden, wie das Innenministerium | |
in Bratislava der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. | |
Die formelle Amtsübergabe ist für 15. Juni festgelegt. Mit den Vertretern | |
der sozialdemokratisch geführten Regierung von Regierungschef Peter | |
Pellegrini erwarte sie eine „konstruktive Zusammenarbeit“. In den nächsten | |
Tagen wolle sie sich mit Vertretern der Regierung treffen, um die | |
Zusammenarbeit zu besprechen. | |
## Politisch unerfahren, aber glaubwürdig | |
Wahlverlierer Sefcovic ließ ihr einen Blumenstrauß in ihre Wahlzentrale | |
bringen. Er sei froh, dass auch er sich an der pro-europäischen Ausrichtung | |
der Slowakei beteiligen habe können, sagte er nach seiner Gratulation. | |
Beide Stichwahlkandidaten hatten im Unterschied zu ihren nach dem ersten | |
Wahlgang ausgeschiedenen rechtspopulistischen und auch rechtsextremen | |
Hauptkonkurrenten wiederholt betont, einen fairen Wahlkampf führen zu | |
wollen. | |
Die vor zehn Jahren als Umweltaktivistin im Kampf gegen eine Mülldeponie | |
erstmals politisch aktiv gewordene Čaputová betonte dies auch nach ihrem | |
Sieg neuerlich: „Ich freue mich nicht nur über diesen Wahlsieg, sondern | |
auch über die Art, wie er gelungen ist: Wir haben gezeigt, dass man nicht | |
ein populistisches und aggressives Vokabular verwenden muss, um erfolgreich | |
zu sein.“ | |
Mit ihren 45 Jahren ist sie nicht nur vergleichsweise jung, sie ist auch | |
unbelastet von den Skandalen und Verflechtungen, die die politische | |
Landschaft der Slowakei zuletzt geprägt haben. Insbesondere die | |
Ex-Regierungschefs Róbert Fico oder Vladimír Mečiar symbolisieren für viele | |
Slowaken eine mafiöse Verknüpfung zwischen Politik, Justiz und Wirtschaft. | |
Seit dem [3][Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten | |
Martina Kušnírová] vor einem Jahr rumort es in dem | |
5-Millionen-Einwohner-Land. Der brutale Tod des Paares hat die | |
oligarchischen Strukturen der Slowakei offen gelegt. Da erscheint Zuzana | |
Čaputová vielen als eine Lichtgestalt. | |
Was ihr an politischer Erfahrung fehlen mag, macht sie an Glaubwürdigkeit | |
wieder wett. Die geschiedene Mutter von zwei Kindern trat Ende 2017 in die | |
außerparlamentarische Partei Progresivní Slovensko (Fortschrittliche | |
Slowakei) ein, deren Vizevorsitzende sie seit Anfang 2018 ist. Auch vorher | |
hatte sie sich schon gegen das eingesetzt, was sie „Arroganz der Macht“ | |
nennt. | |
14 Jahre lang stand sie als Anwältin an der Spitze einer Bürgerinitiative, | |
die gegen eine Mülldeponie in ihrem Heimatort Pezínok nahe Bratislava | |
kämpfte. „Es ging nicht nur um den Gestank. Wir hatten eine | |
überdurchschnittlich hohe Krebsrate. Allein die Leukämiefälle waren achtmal | |
so hoch wie der Landesdurchschnitt“, sagt Čaputová. Die Kampagne hatte | |
Erfolg, 2013 entschied das höchste Gericht der Slowakei gegen die | |
Gifthalde, 2016 wurde Čaputováfür ihr Engagement gegen die Deponie mit dem | |
Goldman-Preis ausgezeichnet, der als eine Art Nobelpreis für Umweltschutz | |
gilt. | |
## Čaputová will Frauenrechte stärken | |
Während des Wahlkampfes war sie selbst diejenige, über die giftiger Dreck | |
ausgeschüttet wird. Sie solle beweisen, dass sie keine Jüdin sei, hieß es | |
in den sozialen Netzwerken, auch der Vorwurf, sie sei „eine Marionette“ des | |
US-Milliardärs George Soros und der USA, machte die Runde. Solchen eklatant | |
antisemitischen Verschwörungstheorien setzte Čaputová den Kampf nach einem | |
„anständigen Staat“ entgegen. Zu ihren Zielen zählt ein stärkerer | |
Rechtsstaat, mehr Umweltschutz, ein klares Ja zu registrierten | |
Partnerschaften und Adoptionen bei homosexuellen Paare sowie das Recht der | |
Frauen, selbst über eine Abtreibung zu entscheiden. | |
Čaputová hatte bereits in den Umfragen deutlich vor Sefcovic geführt. Schon | |
im ersten Wahlgang am 16. März errang die Umweltaktivistin mit fast 41 | |
Prozent einen deutlichen Vorsprung auf den 52-jährigen Diplomaten, der mit | |
nicht ganz 19 Prozent Zweiter wurde. | |
Insgesamt waren am Samstag mehr als 4,4 Millionen Stimmberechtigte zur Wahl | |
ihres neuen Staatsoberhaupts für die nächsten fünf Jahre aufgerufen. Bei | |
sonnigem Frühlingswetter verlief die Wahl bis zum Abend ohne nennenswerte | |
Zwischenfälle. Auch viele Slowaken, die in den österreichischen und | |
ungarischen Nachbargemeinden der Hauptstadt Bratislava oder in Tschechien | |
leben, fuhren eigens über die Grenze, um an der Wahl teilnehmen zu können, | |
die nur im Inland möglich ist. | |
31 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Praesidentenwahl-in-der-Slowakei/!5580620 | |
[2] /Praesidentschaftswahl-in-der-Slowakei/!5045405 | |
[3] /Ein-Jahr-nach-dem-Mord-an-Jan-Kuciak/!5572072 | |
## AUTOREN | |
Alexandra Mostyn | |
## TAGS | |
Zuzana Caputova | |
Präsidentschaftswahl | |
Menschenrechte | |
Aktivismus | |
Umweltschutz | |
Frauenrechte | |
Slowakei | |
Präsidentschaftswahl | |
Slowakei | |
Zuzana Caputova | |
Ján Kuciak | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Zuzana Čaputovás Wahlsieg: Das Ende der alten Slowakei | |
Für ihre WählerInnen verkörpert Zuzana Čaputová einen politischen | |
Neuanfang. Auf der künftigen Präsidentin lasten nun hohe Erwartungen. | |
Präsidentschaftswahl in der Slowakei: Bürgerrechtlerin gewinnt erste Runde | |
Die Anwältin Zuzana Čaputová geht in der Slowakei als Favoritin in | |
Stichwahl gegen EU-Kommissionsvize Sefcovic. Der scheidende Präsident | |
unterstützt sie. | |
Präsidentenwahl in der Slowakei: Eine Frau will ganz nach oben | |
Zuzana Čaputová, Menschenrechtsanwältin und Aktivistin, führt die Umfragen | |
an. Sie gilt als politisch unbelastet. Das zieht offenbar. | |
Ein Jahr nach dem Mord an Jan Kuciak: Schüsse ins Mark der Slowakei | |
Vor einem Jahr wurden der slowakische Journalist Ján Kuciak und seine | |
Verlobte ermordet. Die mutmaßlichen Drahtzieher sind noch immer frei. |