# taz.de -- Kolumne Eier: Liebe dich selbst, Mann | |
> Männer haben Angst davor, dass durch Quoten ihre Leistungen und | |
> Verdienste aberkannt werden. Diese Furcht vergiftet die Diskussion. | |
Bild: Torte ist wie Macht. Beides schmeckt besser, wenn man meint, es sich „v… | |
„Das hab ich mir jetzt verdient“, raune ich mir für gewöhnlich halb | |
schelmisch halb schamhaft in den Kragen, wenn ich eine Plastikschale absurd | |
überteuerte Bio-Baba-Ganoush kaufe anstatt die Aubergine selbst zu | |
stampfen. Oder mir ein übersahniges Stück Torte bestelle. Oder zwei. Es | |
gibt immer einen Grund sich etwas „verdient“ zu haben, denn das Leben ist | |
hart und man kommt ja trotzdem irgendwie von Tag zu Tag. Und eine | |
„verdiente“ Torte schmeckt zumindest mir besser als eine, die ich einfach | |
nur „wollte“. Gieriges Bedürfnis-Ich versus arbeitsames Leistungs-Ich. Ich | |
bin kein Protestant, habe also keine Ahnung, wo das herkommt. | |
Warum erzähle ich Ihnen von Torte? Weil Torte so ist wie Macht. Macht zu | |
haben, und da zählt schon, ein winziges bisschen besser gestellt zu sein | |
als jemand anderes, fühlt sich besser an, wenn man sie sich „verdient“ oder | |
„erarbeitet“ zu haben glaubt. | |
Drum tut es so weh, wenn einem plötzlich nahegelegt wird, dass Privilegien | |
dafür verantwortlich sein könnten, dass ich da bin wo ich bin. Dass jemand, | |
die oder der ständig um Diskriminierungen herumtänzeln muss, die ich noch | |
nicht mal wahrnehme, vielleicht meine Position hätte, wenn alles anders | |
wäre. Kurz: Dass Weißer-Mann-sein bedeutet, für das bloße Sein angekommen | |
zu sein, wo man ist, und nicht etwa (nur) durch persönliches Verdienst. | |
Deswegen trifft es viele so hart, wenn es um [1][Quoten] geht. [2][Oder | |
wenn es heißt, wir sollen uns nicht beschweren]. Und deswegen ist auch die | |
Gegenwehr so groß: „Aber was ist mit meinen Leistungen? Ich habe mir das | |
doch verdient.“ Und auch darüber zu klagen, klagen zu können, ist schon | |
wieder Privileg. Verflixt. | |
## Liebe könnte die Lösung sein | |
Die Machtkritik hat keine Lösung dafür. Check your privilege und hör auf zu | |
jammern. Wir müssen aushalten, dass Gleichstellung für uns Verlust, | |
Abwertung, Umgangen-werden bedeutet – das ist reine Mathematik. Ist es das | |
dann? [3][Aushalten, ertragen, ist das also unsere Aufgabe?] Auch schon | |
wieder so protestantisch. | |
Anders kann man das sehen, wenn man die Machtkritik kurz beiseite legt und | |
holistisch auf die ganze Misere blickt. Das zumindest hat mir eine Kollegin | |
erklärt, die sich mit Magie und dem Universum auskennt und die ich | |
bezüglich dieses großen weißen Männerschmerzes um Rat gebeten habe. Sie | |
sagt: Es ging nie darum, etwas „verdient“ zu haben, denn Selbstliebe darfst | |
du immer praktizieren – weil du bist, nicht weil du tust. | |
Es ging nie darum nach „Verdiensten“ und Macht zu streben um geliebt zu | |
werden, sondern uns einfach zu lieben – und andere natürlich möglichst | |
gleich mit. Dann ist es nicht so schlimm, in den Chefsesseln und | |
Kommentarspalten Platz machen zu müssen für die Gleichstellung, und dafür | |
noch nicht mal Applaus zu erhalten. Zumindest nicht ganz so schlimm. So | |
zumindest hat es mir die Kollegin beigebracht. Streng genommen ist dieser | |
Text deshalb auch nicht mein Verdienst, sondern ihrer. | |
Torte esse ich heute trotzdem. | |
21 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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