# taz.de -- Oben ohne: Kleine Brustwarzenkunde, Teil 2 | |
> Badekleidung muss die Nippel nicht bedecken. Das entscheidet der Münchner | |
> Stadtrat auf Antrag der CSU-Fraktion. Gilt aber nur an der Isar. | |
Bild: Badecrowd an der Isar am Donnerstag. Suchbild: Wie viele Nippel sehen Sie? | |
Vor drei Wochen haben ich an dieser Stelle über das geschrieben, was ich | |
„weibliche und männliche Brustwarzen“ genannt habe. Und darüber, wie | |
unterschiedlich diese im öffentlichen Raum thematisiert werden. Anlass war | |
eine stillende Fernsehmoderatorin, die aus einem Hamburger Café geflogen | |
war. Meine These: [1][Weibliche Brustwarzen seien politisch reguliert, | |
männliche dagegen unterschätzt.] | |
Leser*innen kritisierten zurecht: So einfach ist das nicht, meine kleine | |
Brustwarzenkunde war zu binär gedacht. Nicht alle, die öffentlich | |
angehalten sind, ihre Nippel zu bedecken, sind Frauen. Und umgekehrt. Was | |
bleibt ist allerdings, dass diejenigen Brustwarzen, die Gefahr laufen als | |
weiblich wahrgenommen zu werden, regelmäßig Thema politischer | |
Auseinandersetzungen werden. Gerade im Sommer. Und aktuell im Münchner | |
Stadtrat. | |
Der hat nämlich am Mittwoch beschlossen, dass auf Münchner Stadtgebiet alle | |
Menschen oben ohne baden und sich sonnen dürfen. [2][Und zwar auf | |
Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion]. | |
Die Vorgeschichte: Badende an der Isar hatten sich beschwert, sie seien vom | |
Städtischen Sicherheitsdienst aufgefordert worden, sich obenrum etwas | |
anzuziehen. Und das, obwohl (Halb-)Nackte in München schon als so etwas wie | |
eine Touriattraktion gelten. In der Badeordnung jedenfalls klaffte bei | |
diesem Thema, wie man beim Nachschauen feststellte, eine Gesetzeslücke. | |
## Primäre Geschlechtsmerkmale | |
Dort stand, dass beim Baden außerhalb der ausgewiesenen FKK-Bereiche eine | |
Pflicht zum „Badekleidung tragen“ bestehe. Was das konkret bedeutet, stand | |
da aber nicht. Immerhin dürfen Schwimmer*innen, deren Brust der männlichen | |
Körpernorm entspricht, ganz selbstverständlich überall oben blank bleiben. | |
Ist das also auf alle Menschen übertragbar? | |
Das also diskutierte der Stadtrat ganz fix, ehe die Hitze zu viel werden | |
konnte und entschied (und zwar einstimmig): Badekleidung muss „die primären | |
Geschlechtsorgane vollständig bedecken“. Die primären Geschlechtsorgane – | |
Anatomiefreund*innen werden anmerken, dass es korrekt „Geschlechtsmerkmale“ | |
heißen müsste – sind solche, die unmittelbar an der Fortpflanzung beteiligt | |
sind. So definieren es Duden und Pschyrembel. Damit hat München also für | |
Menschen mit allen Körpern die Brustwarzenpräzedenz geschaffen. | |
Dazu muss erwähnt werden, dass sich die innerstädtische Badeordnung, so | |
betonte es ein Sprecher der Stadt, ausdrücklich nur auf die Schwimmbereiche | |
an der Isar beziehen. Wer sich dagegen im Schwimmbad oder im Park aufhält, | |
fällt unter die Grünanlagensatzung. Und die verbietet „das Baden ohne | |
Badebekleidung“ weiterhin ohne konkretisierenden Passus. | |
Ladies and Gentle*queers, wir präsentieren: So geht Körperpolitik in | |
Deutschland. Über die Kleingartenverordnung äußerte sich die Stadt vorerst | |
nicht. | |
27 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kolumne-Eier/!5601380 | |
[2] https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_dokumente.jsp?risid=5535842 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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