# taz.de -- Arbeitskampf in Bremen: Der Gutsherr der Labore | |
> Die Beschäftigten des Laborzentrums Bremen wollen, dass ihr Arbeitgeber | |
> Tarifverhandlungen aufnimmt. Der aber verweigert jedes Gespräch mit | |
> Ver.di. | |
Bild: Zum Streik gehörte auch eine „Armenspeisung“. | |
BREMEN taz | Drei Stunden lang haben 35 Beschäftigte des Laborzentrums | |
Bremen am Donnerstag ihre Arbeit niedergelegt und vor dem Klinikum Mitte | |
mit einer „Armenspeisung“ und weiteren Aktionen protestiert. Sie fordern | |
Tarifverhandlungen, aber ihr Arbeitgeber verweigert jegliche Zusammenarbeit | |
mit der Gewerkschaft Ver.di. | |
Das Laborzentrum mit Standorten in Bremen und Bremerhaven gehört zum | |
bundesweit tätigen Laborverbund [1][Dr. Kramer & Kollegen (LADR)] mit Sitz | |
in Geesthacht, der mehr als 370 Kliniken mit Dienstleistungen von der | |
Blutprobe bis zur chemischen Spezialanalyse versorgt. Eine Tarifbindung | |
gibt es im Verbund nicht, was für Bremen bedeutet: Die hier rund 150 | |
Angestellten, zum größten Teil Medizinisch-Technische-AsisstentInnen (MTA) | |
und Medizinische Fachangestellte (MFA) arbeiten zu unterschiedlichen | |
Bedingungen. | |
„Sowohl die Bezahlung als auch die Urlaubsansprüche der einzelnen | |
Mitarbeiter sind völlig uneinheitlich“, sagt Thomas Weigel, | |
Betriebsratsvorsitzender des Laborzentrums. Während das Einstiegsgehalt von | |
MFA im Laborzentrum für eine Vollzeitstelle bei mageren 1.800 Euro liegt, | |
werden ungefähr 30 KollegInnen, die als vom Klinikverbund Geno überlassene | |
MitarbeiterInnen im Laborzentrum tätig sind, nach Tarifvertrag des | |
öffentlichen Dienstes bezahlt; sie bekommen bei gleicher Arbeit bis zu 800 | |
Euro brutto mehr pro Monat. | |
Die Beschäftigten wollen sich das nicht länger bieten lassen und haben | |
deswegen bereits im Februar und März mit „aktiven Mittagspausen“ gegen die | |
Ungleichbehandlung protestiert und einen gemeinsamen Brief an die | |
Geschäftsführung verfasst. Das, so scheint es, hat Früchte getragen: „Wir | |
sollen jetzt eine Entgeltordnung bekommen, die Einstiegsgehälter sollen | |
steigen und alle die gleiche Anzahl an Urlaubstagen erhalten“, sagt Weigel. | |
Außerdem sollen befristete Verträge entfristet werden. | |
## Einseitige Entscheidung | |
Das alles sei sehr erfreulich, aber die Lücke zu den Geno-Beschäftigten | |
bliebe dennoch riesig, sagt Weigel. Ein weiteres Problem: „Der Arbeitgeber | |
hat dem Betriebsrat seine Entscheidung einfach präsentiert.“ Dennoch will | |
der Betriebsrat die Verbesserungen in einer Betriebsvereinbarung | |
festschreiben: „Das schafft Transparenz und vor allem Verbindlichkeit.“ | |
Die Gewerkschaft Ver.di ist damit nicht restlos glücklich. „Die | |
Betriebsvereinbarung ist nicht demokratisch zustande gekommen, sondern nach | |
Gutsherrenart ausschließlich vom Arbeitgeber diktiert worden“, sagt die | |
zuständige Ver.di-Sekretärin Kerstin Bringmann. Ver.di fordert nicht nur | |
Verbesserungen für jene, die nicht nach TVÖD bezahlt werden, sondern | |
gleiches Geld für gleiche Arbeit: | |
„LADR argumentiert immer mit wirtschaftlichen Gründen, die dem | |
entgegenstehen, aber laut Bundesanzeiger hat das Bremer Laborzentrum in den | |
Jahren von 2015 bis 2017 je rund zwei Millionen Euro Gewinn | |
erwirtschaftet.“ Vor Tarifverhandlungen könne die Betriebsvereinbarung den | |
Laborverbund jedenfalls nicht schützen. | |
## Ver.di als „Dritter“ | |
In diesem Punkt sind Weigel und Bringmann sich einig: „Uns ist bewusst, | |
dass der Arbeitgeber meint, mit unserer Unterschrift kehre nun wieder | |
Frieden im Betrieb ein, aber so ist es nicht: Natürlich wollen wir | |
weiterhin Tarifverhandlungen“, sagt Weigel. Aber da verweigere sich der | |
LADR. Ver.di sei für ihn immer „ein Dritter“, mit dem er nicht reden oder | |
verhandeln wolle. „Wir haben ihm schon mehrfach gesagt, dass das kein | |
Dritter ist, sondern seine Angestellten, aber das scheint er nicht zu | |
begreifen.“ | |
Man setze auf „betriebsinterne Regelungen“, bestätigt gegenüber der taz J… | |
Kramer, Geschäftsführer des Laborverbunds. „Und erfreulicherweise werden | |
wir ja jetzt auch im Einvernehmen mit dem Betriebsrat den neuen | |
Entgeldrahmen und weitere Verbesserungen umsetzen.“ | |
Man sehe sich aber nicht in der Lage, Tarifverhandlungen zu führen, „weil | |
wir uns in einem wirtschaftlichen Rahmen bewegen, der uns das leider nicht | |
ermöglicht.“ Er hoffe aber, dass die nun getroffenen Regelungen zur | |
Mitarbeiter-Zufriedenheit beitrügen. Danach sieht es allerdings nicht aus. | |
4 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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