# taz.de -- Diplomatie auf koreanischer Halbinsel: Kim Jong Un ist auf dem Rüc… | |
> Nordkorea schließt das innerkoreanische Verbindungsbüro entlang der | |
> Grenze. Die Entscheidung ist eine Mahnung an Washington. | |
Bild: Demonstration für eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel am D… | |
SEOUL taz | Die wohl bedeutendste Errungenschaft der innerkoreanischen | |
Annäherung des vergangenen Jahres ist passé: Pjöngjang hat sich am Freitag | |
aus dem innerkoreanischen Verbindungsbüro entlang der Grenzstadt Kaesong | |
zurückgezogen. Dies teilten die Nordkoreaner bei einem gemeinsamen | |
Arbeitstreffen mit. Die Regierung in Seoul zeigt sich enttäuscht: Sie | |
„bedauert die Entscheidung“ des Nordens und drängt zu einer baldigen | |
Rückkehr. | |
Beim ersten Gipfeltreffen im April 2018 hatten Südkoreas Präsident Moon Jae | |
In und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un das gemeinsame Verbindungsbüro | |
geschlossen. „Von heute an können Süd- und Nordkorea direkt Themen zur | |
Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen sowie Frieden und Wohlstand | |
auf der koreanischen Halbinsel besprechen, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im | |
Jahr“, sagte Vereinigungsminister Cho Myoung Gyon in einer emotionalen Rede | |
bei dessen Eröffnung im September. | |
Tatsächlich hatten die beiden Nachbarstaaten erstmals seit dem Koreakrieg | |
(1950-53), eine Grundlage für einen regelmäßigen Austausch geschaffen. | |
Offiziell unterhalten sie nämlich keine diplomatischen Beziehungen. Von | |
daher fungierte das Verbindungsbüro als quasi Botschaft. Rund 25 Nord- und | |
ebenso viele Südkoreaner arbeiteten und schliefen dort unter demselben | |
Dach. | |
Nach über zweijähriger Funkstille stand fortan einem ständigen Austausch | |
nichts mehr im Wege. Dies war umso bedeutender, als potenziell eskalierende | |
Missverständnisse nun unverzüglich im persönlichen Gespräch aus dem Weg | |
geräumt werden konnten. Zuvor gab es nicht einmal ein rotes Telefon | |
zwischen den Militärführungen. | |
## Gemeinsame Wirtschaftsprojekte | |
Mittels Verbindungsbüro wurden gemeinsame Austauschprojekte im Sport und | |
Kulturbereich vorangetrieben und später das innerkoreanische Eisenbahnnetz | |
geplant. Als nächster Schritt sollten schließlich gemeinsame | |
Wirtschaftsprojekte folgen – allen voran die Wiedereröffnung der | |
innerkoreansichen Sonderwirtschaftszone, die sich ebenfalls in Kaesong | |
befindet. Diese Hoffnungen haben sich jedoch nach dem geplatzten Gipfel in | |
Hanoi zerschlagen. | |
Denn diesen haben Kim und US-Präsident Donald Trump ohne Einigung vorzeitig | |
abgebrochen. In einer äußerst raren Mitternachts-Pressekonferenz verkündete | |
Pjöngjangs Vize-Außenministerin Choe Son Hui, dass Machthaber Kim die | |
Geduld mit den Amerikanern verlieren würde. Diese müssten unverzüglich | |
„korrespondierende Maßnahmen“ liefern, um die | |
Denuklearisierungsverhandlungen wieder in Gang zu bringen. | |
Was dies bedeutet, daran ließ die nordkoreanische Verhandlungsdelegation | |
keinen Zweifel: Sanktionserleichterungen, die auch für die | |
innerkoreanischen Wirtschaftsprojekte Grundvoraussetzung wären. Seither | |
jedoch hat die Regierung in Washington nur zusätzliche Sanktionen gegen | |
Nordkorea angedroht. | |
Fallen die geopolitischen Beziehungen auf der koreanischen Halbinsel also | |
wieder auf das gegenseitige Säbelrassen von 2017 zurück? „Der Rückzug vom | |
Verbindungsbüro ist vor allem ein Signal der Nordkoreaner an die USA“, sagt | |
Nordkorea-Experte Go Myong Hyun von der südkoreanischen Denkfabrik Asan | |
Institute mit Sitz in Seoul. | |
## Auf kleiner Flamme | |
Gegenüber Washington habe Pjöngjang kaum Möglichkeiten zur Druckausübung – | |
außer eines weiteren Raketenstarts. Dass sich Nordkorea stattdessen zu | |
einem Rückzug aus dem Verbindungsbüro entschlossen hat, zeigt, dass das | |
Regime seine Provokation vorerst auf kleiner Flamme halten will. | |
„Der Rückzug kann ohnehin sofort wieder rückgängig gemacht werden“, sagt | |
Go. Sein Grundtenor: Besorgnis sei angebracht, Panikmache jedoch | |
keinesfalls. Laut des Experten Go verfolge Nordkorea eine sehr konsistente | |
Strategie gegenüber den USA: „Das Regime will irgendwann sein | |
Nuklearprogramm abrüsten, die Frage ist jedoch wann. Was viele nicht | |
durchschauen, ist der Zeitrahmen. Wir reden hier über Jahrzehnte“, sagt der | |
Südkoreaner. | |
Bis dahin sei es das Ziel von Kim, als Atommacht international anerkannt zu | |
werden, die diplomatischen Beziehungen mit den USA zu normalisieren und | |
auch wirtschaftlich mit seinen Nachbarstaaten eingebunden zu werden. | |
Im Übrigen teilte Nordkorea mit, dass es nichts dagegen habe, wenn Südkorea | |
seine 25 Entsandten weiterhin im gemeinsamen Verbindungsbüro halten werde. | |
Das Seouler Vereinigungsministerium hat bereits bestätigt, dass diese über | |
das Wochenende ihren Dienst fortsetzen werden. | |
22 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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