# taz.de -- Sanktionen bremsen Tourismusprojekt: Keine Ferien mehr in Nordkorea… | |
> Nordkoreas Machthaber möchte das einzige innerkoreanische Tourismusresort | |
> abreißen lassen. Ein Rückschlag für Südkoreas Präsidenten. | |
Bild: Staunen über das nordkoreanische Tourismusgebiet Diamantgebirge (Kumgang… | |
PEKING/KUMGANG taz | Wer die schroffen, von Kiefern durchsetzten Felsgipfel | |
des Diamantgebirges erspäht, dem wird sofort klar, warum das Kim-Regime | |
ausgerechnet diesen Landstrich an der Ostküste zur Sondertourismuszone | |
erklärt hat: Naturbelassene Strände treffen hier auf eine ikonische | |
Berglandschaft, deren Anblick sich als Sehnsuchtsort in die kollektive | |
Mythologie der Koreaner eingebrannt hat. | |
Nur einen Steinwurf südlich der Berge verläuft die entmilitarisierte Zone, | |
welche die Halbinsel in Nord und Süd trennt. Selbst US-Präsident Donald | |
Trump schwärmte im April vom Diamantgebirge in den höchsten Tönen. | |
Im Zuge der sogenannten Sonnenscheinpolitik um die Jahrtausendwende haben | |
die zwei Koreas hier ein beispielloses Projekt gewagt: ein | |
innerkoreanisches Tourismusresort, errichtet vom Hyundai-Konzern, das | |
Südkoreanern erstmals Ferien auf dem für sie sonst verbotenen Territorium | |
erlaubt. Auf dem [1][Höhepunkt] besuchten fast eine Viertelmillion | |
Südkoreaner jährlich das Diamantgebirge. | |
Doch 2008 erschoss ein nordkoreanischer Soldat eine Touristin aus dem | |
Süden, die abseits der erlaubten Wege wanderte. Seither stehen die Gebäude | |
meist leer – nur für alle paar Jahre stattfindende | |
[2][Familienzusammenführungen] wird das Gelände noch genutzt. Dann treffen | |
südkoreanische Senioren auf nordkoreanische Verwandte, die sie seit dem | |
Koreakrieg (1950–1953) nicht mehr sehen konnten. | |
## Kim will „schäbige“ Hotels abreißen lassen | |
Jetzt hat Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un die stillgelegte Ferienanlage | |
besucht und das Symbol der innerkoreanischen Annäherung überraschend zum | |
Abriss freigegeben: Es sei ein „Fehler“ gewesen, dass dieser Landstrich von | |
beiden Koreas beansprucht werde. | |
„Das Diamantgebirge ist unser Land, errungen mit Blut und verbunden mit | |
unserer Ehre und Souveränität“, sagte er laut staatlicher | |
Nachrichtenagentur KCNA. Nordkorea dürfe keinesfalls von anderen Staaten | |
abhängen. Die von Südkoreanern errichteten „schäbigen“ Hotels sollen | |
abgerissen und durch moderne ersetzt werden. | |
Diese Worte sind vor allem eine herbe Niederlage für Südkoreas Präsident | |
Moon Jae In, der sich seit Amtsantritt 2017 dafür eingesetzt hat, den | |
innerkoreanischen Tourismus wiederzubeleben. Doch wegen der harten | |
Sanktionspolitik der USA, die das nordkoreanische Regime von Devisenquellen | |
abschneidet, blieben ihm die Hände gebunden. | |
Jetzt entspricht Kim Jong Uns jüngste Order dem Paradigmenwechsel, den der | |
35-jährige Diktator seit einigen Wochen einleitet: Seine Wirtschaftspolitik | |
betont immer stärker die Autarkie des abgeschotteten Landes. Es scheint, | |
als setze Pjöngjang nicht mehr auf einen schnellen Deal bei den | |
Atomverhandlungen mit Trump, was die Sanktionen lockern würde. | |
Schon letzte Woche publizierten Nordkoreas Medien Fotos, die Kim auf einem | |
Schimmel reitend entlang des 2.750 Meter hohen Bergs Paektu zeigten. Für | |
westliche Augen wirkte die Propaganda skurril, doch Nordkoreaner decodieren | |
dies so: Wann immer ihr Führer Koreas „heiligsten Berg“ erklimmt, steht | |
eine wichtige Botschaft an. In diesem Fall appelliert Kim an den | |
Patriotismus der eigenen Bevölkerung, sich auf entbehrungsreiche Zeiten | |
einzustellen. | |
## Skurile Geisterstadt schon seit Jahren | |
Die Hotelanlagen am Diamantgebirge, die Kim abreißen lassen will, gleichen | |
schon seit Jahren einer Geisterstadt: An einem lauen Juliabend stehen die | |
drei Dutzend Bungalows verlassen dar. An der Rezeption halten zwei | |
Nordkoreaner in Hoteluniform Siesta. Im Restaurant bereiten Kellnerinnen | |
ein Grillmenü vor. | |
Die einzigen Touristen, eine 10-köpfige Gruppe aus Deutschland, werden bei | |
der Ankunft darauf hingewiesen, dass Warmwasser und Strom mit Einbruch der | |
Dunkelheit abgestellt werden. Sie werden jedoch schon bald entschädigt mit | |
einem atemberaubenden Sternenhimmel, den keine „Lichtverschmutzung“ trübt. | |
Im Innern der Häuser erkennen nur aufmerksame Beobachter, dass hier | |
südkoreanische Firmen am Werk waren. | |
NaN NaN | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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