# taz.de -- Parlamentswahl in Nordkorea: Stimmabgabe ohne Wahl | |
> Die Nordkoreaner wählen ihr Parlament. Das hat keine politischen | |
> Auswirkungen – außer dass das Regime scheindemokratisch legitimiert wird. | |
Bild: Stimmung wie bei einem Volksfest: Jubelmassen sollen die Nordkoreaner zum… | |
SEOUL taz | Wenn die demokratische Volksrepublik Korea zur Parlamentswahl | |
aufruft, dann gleicht die Stimmung einem Volksfest: Die Staatsmedien | |
veröffentlichten Fotos von singenden Jungpionieren in rotem Halsband und | |
tanzenden Frauen in bunter Volkstracht. Die Jubelmassen sollen die | |
Bevölkerung zum Wahlgang animieren. Nötig wäre dies nicht: Laut der | |
staatlichen Nachrichtenagentur betrug die Wahlbeteiligung bei der letzten | |
Parlamentswahl 2014 utopische 99,97 Prozent – nur Auslands-Nordkoreaner | |
hätten demnach nicht daran teilgenommen.Formell gleicht die Wahl in | |
Nordkorea in einigen Aspekten auch dem in Deutschland gängigen Prozedere: | |
So geben Nordkoreaner vorrangig in Schulgebäuden oder staatlichen | |
Institutionen ihre Stimmen ab, nachdem sie ihren Ausweis zur Identifikation | |
vorgelegt haben. Es gibt zudem verdeckte Wahlkabinen und sichtverschlossene | |
Urnen. | |
Damit hören die Gemeinsamkeiten jedoch schon auf: Auf nordkoreanischen | |
Wahlkarten steht nämlich nur ein Name. Wer mit dem von der Arbeiterpartei | |
vorgeschlagenen Kandidaten nicht einverstanden ist, hat als Opposition nur | |
die Möglichkeit, diesen durchzustreichen. De facto macht jedoch niemand | |
davon Gebrauch. Offiziell betragen die Wahlergebnisse stets 100 Prozent. | |
Die Resultate der Sonntagswahl werden voraussichtlich im Laufe des Montags | |
bekanntgegeben. | |
Die Rolle des mit knapp 700 Abgeordneten besetzten Parlaments ist zudem | |
vorrangig darauf beschränkt, bei ein bis zwei Sitzungen im Jahr die | |
Regierungsbeschlüsse abzusegnen. Für die Kandidaten selbst ist es freilich | |
eine große Ehre, von der nordkoreanischen Arbeiterpartei aufgestellt zu | |
werden. Auf diesem Weg kann das Regime aufstrebende Parteikader für ihre | |
Loyalität auszeichnen und an sich binden. | |
Die tatsächlichen Aufgaben der Abgeordneten beschränken sich vielmehr auf | |
kommunale Probleme. Sie repräsentieren im Schnitt 35.000 Nordkoreaner in | |
ihrem Landkreis. Oftmals ginge es um die Sicherstellung von Warmwasser und | |
Nahrungsmitteln, wie ein Wahlkandidat der US-Nachrichtenagentur AP erzählt. | |
## Ungewisse Zukunft | |
Neben der nordkoreanischen Arbeiterpartei gibt es entgegen gängiger Meinung | |
auch noch weitere Kleinparteien in Nordkorea, darunter etwa eine laut | |
Eigenbezeichnung sozialdemokratische Partei. Die Splittergruppen sind | |
jedoch allesamt der Mutterpartei unterstellt und haben nicht dieselben | |
Rechte. Die Frauenquote im nordkoreanischen Parlament beträgt übrigens 16 | |
Prozent. Beim demokratischen Nachbarland Südkorea ist es nur ein Prozent | |
mehr. | |
Die Wahl selbst hat schlussendlich keine politischen Auswirkungen – außer | |
dass sie das Regime scheindemokratisch legitimieren. „Die Wahl wird den | |
festen Willen unseres Volkes manifestieren, unserem Obersten Führer Kim | |
Jong Un zu trauen und ihn bestätigen“, hieß es in einem Leitartikel der | |
Parteizeitung Rodong Sinmun vom Sonntag.Derzeit blicken die Nordkoreaner | |
einer ungewissen Zukunft entgegen. Ihr Staatsoberhaupt Kim Jong Un hat bei | |
seinem zweiten Gipfeltreffen in Hanoi mit US-Präsident Donald Trump | |
schließlich [1][keine Einigung erzielen können]. Aufgrund der stockenden | |
Denuklearisierungsverhandlungen hat US-Sicherheitsberater John Bolton nun | |
weitere Sanktionen gefordert. Gleichzeitig hat Nordkorea aufgrund | |
Hitzewellen und Überflutungen im letzten Jahr seine kärgste Ernte seit über | |
zehn Jahren eingefahren. Laut den Vereinten Nationen seien noch immer 43 | |
Prozent der Bevölkerung von humanitärer Hilfe abhängig. | |
Am Samstag sind zudem [2][neue Satellitenbilder der nordkoreanischen | |
Militäranlage Sohae] von der Washingtoner Denkfabrik „Center for Strategic | |
and International Studies“ (CSIS) veröffentlicht worden, die mögliche | |
Vorbereitungen zu einer Weltraumrakete zeigen. Gesicherte Rückschlüsse | |
lassen sich jedoch bislang noch nicht ziehen.„Ich kann keinen strategischen | |
oder taktischen Nutzen für Nordkorea erkennen, dass es bald eine Rakete | |
testet“, kommentiert Chad O'Carroll, Gründer des Fachmediums NK News, die | |
Satellitenaufnahmen [3][auf Twitter]: „Nordkoreas Priorität ist die | |
Streichung von Sanktionen, für die ein Test nicht helfen würde.“ | |
10 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /USA-Nordkoreagipfel-in-Hanoi/!5577080 | |
[2] /Neue-Satellitenaufnahmen/!5578766 | |
[3] https://twitter.com/chadocl/status/1104343634361503744 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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