| # taz.de -- 25 Jahre nach Völkermord in Ruanda: Deutsche Rolle unaufgeklärt | |
| > Grüne und Linke verlangen eine Untersuchung der Rolle Deutschlands in | |
| > Ruanda beim Völkermord 1994. Die damalige Passivität sei unerforscht. | |
| Bild: Von vielen Opfern des Jahres 1994 bleibt allein ein Name an der Wand des … | |
| BERLIN taz | Eine umfassende Aufarbeitung möglicher deutscher Versäumnisse | |
| beim Völkermord in Ruanda 1994 – das fordert ein interfraktioneller Antrag, | |
| der am Dienstag den Fraktionen der Grünen und Linken zur endgültigen | |
| Beschlussnahme vorlag und der der taz vorliegt. | |
| Kern des Antrags „25 Jahre Völkermord in Ruanda – unabhängige historische | |
| Aufarbeitung in Deutschland“ ist die Forderung nach der Einrichtung einer | |
| „interdisziplinären historischen Kommission“, die alle deutschen | |
| Aktivitäten in [1][Ruanda] in den Jahren vor dem Völkermord untersucht. Die | |
| Kommission soll „umfassenden Zugang zu den Archiven“ erhalten und bis 2021 | |
| Bericht erstatten. | |
| Dem Antrag vorausgegangen waren mehrjährige Diskussionen in Fachkreisen | |
| darüber, ob Deutschland damals mehr hätte tun können, um den Völkermord zu | |
| verhindern. Dessen Vorbereitungen waren damals in Ruanda sichtbar: Aufbau | |
| von Hutu-Jugendmilizen, Hetzpropaganda gegen auszulöschende innere Feinde | |
| und insbesondere Tutsi im Radio und auf öffentlichen Versammlungen, | |
| vereinzelte Massaker an Tutsi, das Verteilen von Macheten, das Untergraben | |
| von Friedensbemühungen durch politisch Verantwortliche. Die Bundeswehr aber | |
| kooperierte bis April 1994 mit Ruandas damaliger Armee, die | |
| Entwicklungshilfe stieg, es gab vielfältige offizielle Verflechtungen. | |
| Zwischen dem Abend des 6. April und Anfang Juli 1994 massakrierten Ruandas | |
| staatliche Sicherheitskräfte sowie von diesen angeleitete Hutu-Milizen | |
| schließlich bis zu einer Million Menschen, zumeist Tutsi – die damalige | |
| Hutu-Staatsmacht wollte eine mögliche Machtbeteiligung von Tutsi-Rebellen | |
| durch Ausrottung sämtlicher Tutsi unmöglich machen. Was auch fast gelungen | |
| wäre, hätten die Tutsi-Rebellen nicht die Hutu-Armee in den Kongo | |
| zurückgedrängt. | |
| ## Belgien und Frankreich untersuchten | |
| Warnungen vor dem Völkermord wurden in Deutschland – wie auch anderswo – | |
| ignoriert, „aus bis heute unaufgeklärten und unverständlichen Gründen“, … | |
| es im Antragstext heißt: „Aus heutiger Sicht ist es nicht nachvollziehbar, | |
| wieso der Fülle an Informationen über die extrem bedrohliche Lage in Ruanda | |
| keine entschiedenen Taten der Bundesrepublik Deutschland folgten.“ Anders | |
| als Belgien und [2][Frankreich] habe Deutschland dies nie offiziell | |
| untersucht. | |
| All das war bereits zum 20. Jahrestag des Völkermords im Jahr 2014 Thema | |
| politischer Debatten, auch im Bundestag. Dieser hatte damals eine | |
| Gedenkstunde für die Toten abgehalten und einen überparteilichen | |
| Gedenkantrag von CDU/CSU, SPD und Grünen angenommen. In diesem Jahr ist all | |
| dies nicht geplant, und auch der neue Antrag dürfte zunächst in die | |
| Ausschüsse verwiesen werden. | |
| Kontrovers dabei ist, dass bis zum Montag auch die FDP – die damals in | |
| Deutschland den Außenminister stellte – den Antrag mittrug, in der | |
| Endfassung vom Dienstag aber nicht mehr dabei ist. Man wolle einen eigenen | |
| Antrag einbringen, der einen „zukunftsorientierten Ansatz“ verfolge und auf | |
| „Verbesserung von Krisenfrüherkennung“ und „eine effektive Strafverfolgu… | |
| von Verantwortlichen“ ziele, sagte Gyde Jensen, FDP-Vorsitzende des | |
| Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, der taz. | |
| Denn mit dem Rückzieher der FDP ist der Teil aus dem grün-linken Antrag | |
| verschwunden, der jene Abteilung der Bundesanwaltschaft stärken will, die | |
| für die strafrechtliche Verfolgung in Deutschland lebender möglicher | |
| Völkermordtäter zuständig ist. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, | |
| welche Spuren die enge offizielle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und | |
| Ruanda vor dem Völkermord hinterlassen hat: Die im Kongo kämpfende | |
| Nachfolgeorganisation der Völkermordtäter, der FDLR (Demokratische Kräfte | |
| zur Befreiung Ruandas) gab sich eine in Deutschland lebende politische | |
| Führung, die schließlich vor Gericht landete; viele hohe FDLR-Kommandeure | |
| wurden einst in Hamburg an der Bundeswehrakademie ausgebildet. | |
| 2 Apr 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Debatte-Ruanda-als-Musterland-Afrikas/!5432069 | |
| [2] /Ermittlungen-gegen-Pariser-Bank/!5448010 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
| ## TAGS | |
| Ruanda | |
| Völkermord | |
| Schwerpunkt Völkermord in Ruanda | |
| Schwerpunkt Völkermord in Ruanda | |
| Völkermord Ruanda | |
| Schwerpunkt Völkermord in Ruanda | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
| Ruanda | |
| Kofi Annan | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Jahrestag des Völkermordes in Ruanda: Reden ist Silber, Trauern ist Gold | |
| Das große Publikum zum 25. Jahrestag des Völkermordes an den Tutsis kommt | |
| erst zur nächtlichen Totentrauer. Die Reden sind politisch und kämpferisch. | |
| Völkermord an den Tutsi: Macrons blinder Fleck | |
| Ruanda begeht den 25. Jahrestag des Völkermords an den Tutsi – allerdings | |
| ohne Macron. Der will Frankreichs Mitschuld weiterhin nicht einsehen. | |
| 25 Jahre nach dem Genozid in Ruanda: Auf den Spuren eines Völkermords | |
| In einer ehemaligen Schule liegen 800 Leichen. Sie dienen als Beweis für | |
| das Geschehene. Nun will man sie identifizieren – mit deutscher Hilfe. | |
| Kongos Präsident besucht Ruanda: Historische Aussöhnung | |
| Kongos neuer Präsident Tshisekedi gedenkt in Ruandas Hauptstadt Kigali der | |
| Völkermordopfer und trifft seinen Amtskollegen Kagame. | |
| Frankreich stellt Ruanda-Verfahren ein: Ende einer Sackgasse | |
| Endlich lässt Frankreich den Vorwurf fallen, Ruandas regierende einstige | |
| Tutsi-Guerilla RPF habe 1994 Hutu-Präsident Habyarimana getötet. | |
| Kofi Annan und Ruanda: Der Schatten des Völkermords | |
| Anfang 1994 stoppte der spätere UN-Generalsekretär Annan in Ruanda ein | |
| Eingreifen gegen die Vorbereitung zum Völkermord. |