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# taz.de -- Lobbyist will den Bundestag reinlegen: Das Atom-Phantom
> Mit einer wohl fingierten Erklärung hat ein Atomlobbyist versucht, den
> Bundestag zu täuschen. Nun fordern Grüne, Linke und Bürgerinis
> Aufklärung.
Bild: Dezember 2014: das Kernkraftwerk Grohnde
Bochum taz | Das anscheinend gefakte Schreiben eines Lobbyisten zur
Urananreicherung in Deutschland beschäftigt am Mittwoch Umweltpolitiker des
Bundestags. „Der Vorgang muss aufgeklärt werden. Das werde ich im
Obleutegespräch thematisieren“, verspricht die Vorsitzende des
Umweltausschusses, Sylvia Kotting-Uhl (Grüne). „Die Sache ist
abenteuerlich“, sagt auch Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter der
Linken: „Es kann nicht sein, dass möglicherweise erfundene
Interessenvertreter der Atomlobby Entscheidungen des Parlaments
beeinflussen.“
Die [1][taz hatte zuvor berichtet], wie die Stellungnahme der
Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Ican) an den
Bundestags-Umweltausschuss diskreditiert wurde: Deutschlands einzige
Urananreicherungsanlage (UAA) im münsterländischen Gronau sei „geeignet, um
atomwaffenfähiges Material herzustellen“, warnte die Organisation, die
[2][2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde]. Auch könne die
Anlage schon heute „zumindest indirekt an der Herstellung von neuen
Atomwaffen beteiligt sein“, schrieb Ican – schließlich werde aus Gronau
angereichertes Uran an Reaktoren in den USA geliefert, die auch Tritium für
die Atomraketen des US-Militärs produzieren.
Im Umweltausschuss aber wurde das nie diskutiert. Wenige Stunden nach
Eingang meldete sich ein US-Wissenschaftler namens „Thomas C. Panto“ beim
Ausschusssekretariat. „Völlig absurd“ sei die Position von Ican
Deutschland, so der angebliche Experte – das habe ihm die Vorsitzende von
Ican International, Beatrice Fihn, auch bestätigt. Fihn bestreitet das.
Unklar bleibt bis heute, ob „Panto“ mehr als ein Phantom ist. Im Internet
und in wissenschaftlichen Datenbanken findet sich kein Hinweis auf seine
Existenz, und bei der Internationalen Energieorganisation, bei der „Panto“
gearbeitet haben will, ist der Mann unbekannt. Für Aufklärung sorgen könnte
Andreas Kronenberg, der bis vor Kurzem für den UAA-Betreiber Urenco
Deutschland gearbeitet hat. Kronenberg hatte das Schreiben weitergeleitet.
Der taz drohte er schon am 21. März mit rechtlichen Schritten, sollte die
seinen Namen oder den eines von ihm geleiteten „Uran-Instituts“
veröffentlichen. Seitdem schweigt er.
## Waren Bundestagsabgeordnete beteiligt?
Nicht nur Atomkraftgegner*innen fragen deshalb, wer die
Ican-Stellungnahme an „Panto“ oder Kronenberg weitergeleitet haben könnte:
Andreas Kronenberg ist CDU-Mitglied, und der münsterländische
FDP-Bundestagsabgeordnete Karlheinz Busen gilt ebenfalls als begeisterter
Unterstützer der Urenco.
„Waren womöglich regionale Bundestagsabgeordnete oder gar die Firma Urenco
selbst beteiligt?“, fragt deshalb nicht nur die Atomkraftgegnerin Christina
Burchert vom Arbeitskreis Umwelt. Insgesamt sechs Bürgerinitiativen
sprechen von einem „Skandal“, fordern „eine umfassende Untersuchung und
Aufklärung“ – und wollen am Karfreitag mit einem Ostermarsch in Gronau für
ein Ende der Urananreicherung demonstrieren.
31 Mar 2019
## LINKS
[1] /Urananreicherung-in-Gronau/!5579430
[2] /ICAN-Vorstand-ueber-Friedensnobelpreis/!5464691
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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Energiewende
Lobbyismus
IAEA
Urenco
Schwerpunkt AfD
Energie
Greta Thunberg
Urenco
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