# taz.de -- Rettungsversuch für die Mundarten: Guter Dialekt, böser Dialekt | |
> Die Bayern wollen ihre eigene Sprache wieder stärker fördern. Doch was, | |
> wenn in Deutschland plötzlich alle nur noch Mundart sprechen? | |
Bild: Nettigkeiten auf Hochdeutsch: Doch was, wenn ein Trainer sächselt und de… | |
Am Mittwoch fiel die bayerische Landesregierung einmal mehr mit einer | |
Kernkompetenz auf: Lokalkolorit verbreiten. Mit dem Projekt „Mundart | |
Wertvoll“ will sie den bairischen Dialekt retten. Es stellen sich mehrere | |
Fragen: Was nützt das noch? Warum machen so etwas eigentlich immer nur die | |
Bayern? Wie sollen die Deutschen einander verstehen, wenn der eine | |
schnackt, der andere redt und der dritte babbelt? Und ist der Trend zur | |
Dialektförderung überhaupt sinnvoll? | |
In den Städten hat sich die Sache mit den Dialekten im Wesentlichen | |
erledigt. Und auch auf dem Land geht es bergab. Freiwillige Schulangebote, | |
wie in der „Handreichung“ vorgeschlagen, werden kaum ausreichen, den | |
Niedergang der Mundarten noch zu bremsen. Es fehlen schlicht die | |
potenziellen Vermittler. Deshalb blieben den Initiatoren auch nur löbliche | |
Einzelbeispiele, die versuchen, so schöne Wörter wie Wadschngsichdl und | |
Zibbfegladscha zu konservieren. | |
Auch andernorts ficht man den Kampf um die Sprache aus. Die Bayern | |
inszenieren ihn nur am wirkungsvollsten. Im ganzen Land sollen auch | |
künftige Generationen etwas mit Begriffen wie [1][Dösbaddel], Gnusborgobb | |
oder Huatsempel (Steigerungsform von Sempel) anfangen können. Doch über | |
Schul-AGs gehen die Bemühungen selten hinaus, und jene, die am Gartenzaun | |
in Mundart lästern, sterben weg. | |
Nun stelle man sich aber ein Land vor, in dem die Menschen sich gegenseitig | |
mit genannten Höhepunkten der deutschen Sprachgeschichte beleidigen wollen. | |
Wie soll das funktionieren, wenn sie einander nicht verstehen? Die ganze | |
Erzählung der Deutschen [2][als in der Sprache vereintes Volk] würde über | |
den Haufen geworfen, wenn man sich nicht mehr auf ein zünftiges „Arschloch“ | |
einigen kann. Die Dialekte als Totengräber der Nation! Deshalb wurden sie | |
doch jahrzehntelang so tatkräftig aus dem öffentlichen Leben verbannt. | |
Die Vergangenheit lässt sich mit einer freundlichen Empfehlung aus München | |
nicht ungeschehen machen. Wenn, dann können die Dialekte gerettet werden, | |
wo man sie noch spricht. Vielleicht stimmt es ja, dass Dialekt in | |
kosmopolitischen Zeiten Sicherheit bieten kann. Wo fühlt man sich | |
schließlich mehr zu Hause als dort, wo nicht jeder dahergelaufene | |
Großstädter versteht, worüber die Leute schimpfen? | |
28 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Tammo Kohlwes | |
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