# taz.de -- Sinti und Roma sollen geschützt werden: Bundestag mit „Verantwor… | |
> Der Bundestag beschließt, den Antiziganismus endlich bekämpfen zu wollen. | |
> Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt das. | |
Bild: „Antiziganismus bekämpfen“ ist der Antrag überschrieben, den der Bu… | |
BERLIN taz | Romani Rose zeigte sich bewegt. „Diese Debatte war historisch | |
für uns“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. | |
Von der Zuschauertribüne aus verfolgte er im Berliner Reichstag am | |
Freitagmittag die Diskussion zur Bekämpfung des Antiziganismus. | |
Vor dem Hintergrund des lange Zeit ignorierten Völkermords der | |
systematischen Entrechtung, Erniedrigung, Deportation und Ermordung von | |
hunderttausenden Sinti und Roma während der NS-Zeit trage Deutschland „eine | |
besondere Verantwortung im Kampf gegen den Antiziganismus“, heißt es in dem | |
vom Bundestag beschlossenen Antrag. | |
Der Bundestag möchte das kulturelle Leben von Sinti und Roma fördern und | |
antiziganistische Einstellungen in allen Teilen der Gesellschaft bekämpfen. | |
Darüber hinaus sollen Initiativen und Projekte gegen Antiziganismus | |
unterstützt werden und Grabstätten als Denkmäler und Lernorte erhalten | |
bleiben. „Der Minderheitenschutz gehört zur DNA einer Demokratie“, betonte | |
der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Müller in seiner Rede. | |
Eine Expertenkommission soll bis 2021 eine Bestandsaufnahme zum Hass gegen | |
Sinti und Roma, dessen ideologischen Wurzeln und Verbreitung erarbeiten. | |
Das Gremium, welches in Absprache mit dem Zentralrat erarbeitet wurde, soll | |
vom Bundesinnenministerium eingesetzt werden. | |
Erst 1982 erklärte die Bundesregierung den Porajmos, wie die Vernichtung | |
von Sinti und Roma im Nationalsozialismus auf Romani genannt wird, zum | |
Völkermord. In dem jetzt beschlossenen Antrag werden Sinti und Roma als | |
„hier verwurzelt“ und „zu den vier alteingesessenen Minderheiten in | |
Deutschland“ zählend anerkannt. „Vorurteile und Ressentiments“ seien nic… | |
nur „Phänomen extremistischer Randgruppen, sondern reichen in die Mitte der | |
Gesellschaft hinein“. | |
## AfD-Bundestagsabgeordneter hetzt | |
Die SPD-Abgeordnete Eva Högl erinnerte in ihrem Redebeitrag an die | |
diskriminierenden Ermittlungspraktiken der Polizei gegen Sinti und Roma, | |
die im Zuge des NSU-Untersuchungsausschuss aktenkundig wurden. Damals wurde | |
öffentlich, dass Polizeibeamte auf Basis antiziganistischer Ressentiments | |
gegen Sinti und Roma ermittelten. Filiz Polat (Grüne) wies auf die | |
„Bindekraft“ hin, die der Antiziganismus heute bei Rechten in Europa habe. | |
Ein gemeinsamer Antrag aller demokratischen Fraktionen scheiterte im | |
Vorfeld. FDP, Grüne und Linkspartei forderten eine klare Verpflichtung, | |
„jeder Form des Hasses gegen Sinti und Roma und den Antiziganismus“ | |
entgegenzutreten. Diese Formulierung fehlt jedoch im Antrag der | |
schwarz-roten Koalition, der am Freitag gegen die Stimmen der AfD | |
beschlossen wurde. FDP, Grüne und Linkspartei enthielten sich. | |
Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Zahl antiziganistischer Straftaten | |
2018 im Vergleich zum Vorjahr um 54 Prozent gestiegen sind. Wie aus der | |
Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei | |
hervorgeht, reichen die Delikte von Volksverhetzung und Beleidigung bis hin | |
zu gefährlicher Körperverletzung und werden überwiegend dem Phänomenbereich | |
„rechts“ zugeordnet. | |
Für Empörung sorgte der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier, der | |
meinte, Roma und Sinti rassistisch als „Zigeuner“ titulieren zu müssen. | |
Andere Bezeichnungen seien „Kunstbegriffe“, behauptete er. Außerdem | |
vermutete er hinter dem Einsatz gegen antiziganistische Hetze im Internet | |
Zensurbestrebungen. | |
Die Grüne Polat zeigte sich empört über Frohnmaiers Wortwahl gegenüber | |
Menschen, die „mit einem Z gekennzeichnet“ und im Nationalsozialismus | |
verfolgt und vernichtet wurden. Die Grünen-Fraktion forderte das | |
Bundestagspräsidium auf, die Rede als „unangemessen und dem Haus nicht | |
würdig“ zu rügen. Dies wird nun geprüft und gegebenenfalls im Ältestenrat | |
des Bundestages behandelt. Romani Rose kritisierte Frohmaiers Rede | |
gegenüber der taz als „billige Rhetorik“. | |
22 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Kevin Culina | |
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