Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Geht's noch?: Rassismus-Spaß im Karnevalskostüm
> Beim „Chinesenfasching“ in Bayern malen sich Karnevalisten die Gesichter
> gelb an. Solche Traditionen sind verletzend.
Bild: Ethno-Kostüme – Nicht lustig, sondern rassistisch
Ganze Orte sind derzeit im Karnevalsrausch. Bis zum Aschermittwoch scheint
alles erlaubt, was die Tradition gebietet. Alles? Nein! Immer mehr Menschen
mit Diskriminierungserfahrungen leisten Widerstand [1][gegen die
Verballhornung von weiblichen Doppelnamen] und rassistischen Verkleidungen.
Beim sogenannten „Chinesenfasching“ im bayerischen Dietfurt malen sich
Weiße Deutsche die Gesichter gelb und setzen Strohhüte à la Reisbauer auf,
um sich mit Folklore-Accessoires in asiatische Karikaturen zu verwandeln.
Das stelle Erfahrungen von rassistischer Gewalt auf schmerzhafte Weise zur
Schau, kritisieren die vietdeutschen Journalistinnen Minh Thu Tran und
Vanessa Vu [2][im Interview mit der Nachrichtenplattform „watson“].
„Yellowfacing“, also das Verkleiden als eine stereotype asiatische Person,
hat wie das „Blackfacing“ eine lange Tradition – im Brauchtum, aber auch …
der professionellen Filmbranche: In Hollywood-Filmen wie „Frühstück bei
Tiffanys“ verwandelten sich Weiße Personen in vermeintlich lustige
Asiat*innen. Gleichzeitig bleiben asiatischstämmige Schauspieler*innen bei
seriösen Rollen außen vor, [3][sagt Malcom Ohanwe, Kulturredakteur bei
Puls.] Und Zuschauer*innen mit asiatischem Hintergrund sähen sich nicht
repräsentiert.
Unterdessen dauern rassistische Traditionen an. Als Legitimation dient oft
ein „das war schon immer so“. Und: Man wird ja wohl noch lachen dürfen. In
den Niederlanden und Belgien belustigt bis heute [4][der Zwarte Piet
(„Schwarzer Peter“) als böser Nikolaus-Begleiter die Massen]. Und auf dem
Twitter-Account ihres vietdeutschen Podcasts „Rice and Shine“ weisen Tran
und Vu auf ein Video vom Bayerischen Rundfunk aus dem vergangenen Jahr hin,
[5][in dem ein „Yellowfacing“-Look für den Dietfurter Karneval präsentiert
wird].
„Anstatt kritischer Berichterstattung liefert der BR eines der peinlichsten
Videos anlässlich des ‚Dietfurter Chinesenfaschings‘“, [6][schreiben die
Podcasterinnen]. Im Video findet es die Moderatorin anscheinend amüsant, in
einer grauenhaften Mischung aus urbayerischem Akzent und verwitzelter
chinesischer Sprachfärbung zu sprechen. Dann schlägt sie einen Kimono für
den „Chinesen-Style“ vor – mehr als nur ignorant.
Um Verletzungen von Menschen mit Migrationshintergrund zu verhindern, den
andere vielmehr als Migrations-„Vordergrund“ wahrnehmen, sollten wir
vermeintlich lustige Traditionen abschaffen (der „Chinesenfasching“ in
Dietfurt besteht seit ungefähr 1950). Denn durch das absichtliche
Närrisch-machen von (historisch) außereuropäischer Folklore wird eine
Tribalisierung betrieben, mit der sich die weiße Mehrheitsbevölkerung von
der Tradition ihrer asiatischstämmigen Mitmenschen abgrenzt. [7][Auch der
Kult um Asterix hat ein Geschmäckle bekommen], das in seiner kulturellen
Stereotypisierung gefährlich werden kann. Feiern wir stattdessen eine
deutsche Realität, die bunt ist wie ein Faschingszug.
4 Mar 2019
## LINKS
[1] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/alltagssexismus-jetzt-ist-der-karn…
[2] https://www.watson.de/deutschland/interview/852442030-karneval-diese-2-podc…
[3] https://twitter.com/MalcolmMusic/status/1101778591988228096
[4] /Ueber-Rassismus-reden/!5367239
[5] https://www.br.de/mediathek/video/videoblog-dahoam-in-bayern-folge-20-chine…
[6] https://twitter.com/rice_and_shine/status/1101213083828137986
[7] https://www.welt.de/kultur/article5037128/Schluss-mit-dem-Kult-um-die-Aster…
## AUTOREN
Elisabeth Nöfer
## TAGS
Anti-Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Diskriminierung
Karneval
Blackfacing
Schwerpunkt Rassismus
Karneval
Schwerpunkt Rassismus
Polizei Bremen
Migration
Fasching
Annegret Kramp-Karrenbauer
Anti-Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rassismus in Zeiten von Corona: Von allen Seiten
Menschen mit asiatischem Aussehen werden in diesen Tagen in einem heftigen
Ausmaß Opfer von rassistischer Aggression und Hetze.
Verkleidungen zum Karneval: Indianerkostüme gegen Rassismus
Kinder sollen sich verkleiden, wie sie wollen. Es geht dabei nicht um die
Hautfarbe, sondern um Heldentum.
Justin Trudeaus Blackfacing: „Ich bedauere das sehr“
Ein Foto zeigt Kanadas Premier vor fast 20 Jahren mit dunkel geschminktem
Gesicht auf einer Party. Für Trudeau kommt der Vorfall zur Unzeit.
Blackfacing in Polizei-Mitteilung: „Wir bedauern unsere Bildauswahl“
Nach Protesten nimmt die Bremerhavener Polizei ein Bild aus dem Netz, das
einen „Schwarzfahrer“ als Menschen mit dunkler Hautfarbe darstellt.
Podcasterinnen über Identität: „Wir wollen eine Lücke füllen“
Vanessa Vu und Minh Thu Tran möchten mit ihrem Podcast „Rice and Shine“
vietdeutsche Perspektiven abbilden. Ein Gespräch über Repräsentation und
Medien.
Kitaverband-Leiterin über Kinderfasching: „Im Verkleiden liegt Wertschätzun…
Eine Kita in Hamburg hat Eltern aufgefordert, ihre Kinder zu Fasching nicht
rassistisch zu verkleiden. Die folgende Empörung findet Franziska Larrá
kontraproduktiv.
Kramp-Karrenbauer beim Karneval: Kein Ausrutscher
Die „Witze“ der CDU-Chefin über Geschlechtervielfalt enthalten politische
Botschaften. Diese will Kramp-Karrenbauer absichtlich senden.
Blackfacing im Bremer Theater: Mit rassistischer Schminke
Das Theater Bremen sorgt mit seiner Aufführung der Oper „The Rake’s
Progress“ für einen Blackfacing-Skandal, den der Intendant nicht erkennen
mag.
Über Rassismus reden: Im Zweifel für die Würde
Am Dreikönigstag werden sich Kinder wieder mit schwarzer Farbe als Melchior
verkleiden. Harmlos? Ganz und gar nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.