# taz.de -- Kitaverband-Leiterin über Kinderfasching: „Im Verkleiden liegt W… | |
> Eine Kita in Hamburg hat Eltern aufgefordert, ihre Kinder zu Fasching | |
> nicht rassistisch zu verkleiden. Die folgende Empörung findet Franziska | |
> Larrá kontraproduktiv. | |
Bild: Problematisch: Weiße, die sich als sogenannte Indianer verkleiden | |
Eine Kita Ihres Trägers hat Eltern gebeten, ihre Kinder zu Fasching nicht | |
als Indianer zu verkleiden. Warum? | |
Wir, also die Elbkinder, eine Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten, | |
haben zwischen 2014 und 2016 ein Inklusionsprojekt gemacht. Darin haben wir | |
uns vor allem [1][mit Vorurteilen und Stereotypen auseinandergesetzt]. Wo | |
brauchen wir sie, um das komplexe Leben um uns herum zu verstehen und zu | |
ordnen? Und wo werden sie zu Barrieren für andere Menschen? Wir haben da | |
mit vier Konzepten gearbeitet, die wir an unsere Kitas weitergegeben haben. | |
Die Kitas konnten dann wählen, welches sie umsetzen möchten. | |
Eines davon ist ein Konzept zur vorurteilsfreien Pädagogik von der | |
Fachstelle Kinderwelten. Mit der Fachstelle haben wir auch eng | |
zusammengearbeitet. In [2][deren Fachblatt „KiDs aktuell“] haben die auch | |
eine Anregung für eine diskriminierungssensible Praxis veröffentlicht. Die | |
Kita in der Eulenstraße hat dieses Konzept gewählt, um es umzusetzen. Das | |
hat sich angeboten. | |
In dieser Anregung von „KiDs aktuell“ geht es genau um das Beispiel | |
Fasching und darum, dass eine Verkleidung für das eine Kind Spaß, für das | |
andere aber eine Verletzung sein kann. Wenn zum Beispiel etwas, das es aus | |
der eigenen Familie kennt, als Kostüm getragen wird. Gab es also die | |
Vorgabe vom Träger, auf solche Kostüme zu verzichten? | |
Nein. Einen sensiblen Umgang mit Stereotypen erwarten wir von allen unseren | |
Kitas; wie sie das an Fasching einbeziehen, ist aber doch sehr | |
unterschiedlich und bleibt den einzelnen Kitas überlassen. Man muss in der | |
Debatte auch bedenken, was Fasching für Kinder bedeutet. Da gibt es ja | |
einen großen Unterschied zu dem Umgang der Erwachsenen. Für Erwachsene | |
bedeutet es Spaß und durchaus auch manchmal Spott. Für Kinder heißt es | |
natürlich auch, Spaß zu haben und in andere Rollen zu schlüpfen. Aber wenn | |
man sich anguckt, was für Rollen das sind, dann sind es meistens Idole, | |
etwas, das sie toll finden. Anders als bei Erwachsenen liegt im Verkleiden | |
der Kinder also immer schon eine Wertschätzung. Wir haben diese Themen, wie | |
zum Beispiel auch das Thema der Geschlechtsstereotype, schon im Blick und | |
thematisieren das auch mit Kindern und Eltern. Aber vor allem außerhalb des | |
Faschings. | |
Auch, wenn ein Kind es nicht verletzend meint, wenn es zum Beispiel | |
Federschmuck trägt, kann es das für ein anderes trotzdem sein. Wie gehen | |
Sie damit um? | |
Stimmt. Einem betroffenen Kind zu erklären, dass die Verkleidung des | |
anderen es nicht verletzen, sondern ehren soll, ist schwierig. Deswegen ist | |
es uns wichtig, dass auch Eltern für das Thema sensibel sind. Ich würde | |
also eine allgemein formulierte Bitte an die Eltern aussprechen, dass sie | |
bei Verkleidungen bedenken sollen, dass zum Beispiel keine ethnischen | |
Zugehörigkeiten lächerlich gemacht werden sollen. | |
Wie setzen Sie die vorurteilsbewusste Erziehung denn außerhalb von | |
Fasching, im Kita-Alltag, um? | |
Da geht es vor allem darum, den Blick der Erzieherinnen und Erzieher dafür | |
zu öffnen, dass Stereotype, von denen man sich im Alltag manchmal leiten | |
lässt, für Betroffene eine Einschränkung ihrer Handlungsfreiheit und somit | |
eine Barriere oder sogar eine Verletzung sein können. Dass sie zum Beispiel | |
darauf achten, ob sie Jungen und Mädchen auf unterschiedliche Weise | |
behandeln und ihnen damit einen engen Rahmen an Interessen und Kompetenzen | |
zuschreiben, den die Kinder selbst nicht wünschen. | |
In einigen Kommentaren in der Presse oder in den Neuen Medien ist die | |
Empörung groß. Es gebe immer mehr Verbote, die jeglichen Spaß verderben, | |
heißt es. Was sagen Sie dazu? | |
Ich finde es schade, dass die Eltern nicht das Gespräch mit der Leitung der | |
Kita gesucht haben, anstatt damit [3][zur Hamburger Morgenpost zu gehen]. | |
Das wäre toll gewesen, wir hätten Elternabende zu dem Thema machen können, | |
es hätte eine fruchtbare Debatte entstehen können. Wir sind ein großer | |
Träger mit vielen Kitas und für ganz unterschiedliche Familien zuständig. | |
Daher ist uns ein kultursensibler Umgang miteinander ein großes Anliegen. | |
Es geht uns nicht darum, die Moralkeule zu schwingen. Dass das jetzt so | |
aussieht, und dass unser gutes und wichtiges Anliegen durch die zum Teil | |
auf wenigen Fakten basierende einseitige Berichterstattung vielleicht | |
beschädigt wird, ist sehr schade. Dabei haben wir in der Kita ganz fröhlich | |
Fasching gefeiert. | |
[4][Ein Kind in Indianerkleidung] wäre also nicht weggeschickt worden? | |
Nein, auf gar keinen Fall! | |
Wenn es nicht um Moral ging, worum ging es der Kita dann? | |
Es geht schon um Moral, denn Moral ist ja nichts Schlechtes. Es soll aber | |
keine Moralkeule sein, weil dann die moralischen Kategorien so rigide | |
angewendet werden, dass keine Differenzierungen mehr möglich sind. Uns ist | |
die Sensibilität für das Thema Stereotype und Diskriminierung ganz wichtig. | |
Deswegen haben wir ja auch das zweijährige Projekt dazu gemacht. Und wir | |
möchten durch dieses Projekt nicht nur unsere Erzieherinnen und Erzieher | |
sensibilisieren. Dass das Thema auch im Kita-Alltag gegenüber Kindern und | |
Eltern zur Sprache kommt, gehört dazu. Die Faschingsfeier war ein solcher | |
Anlass, das Thema des sensiblen Umgangs miteinander aufzugreifen. | |
6 Mar 2019 | |
## LINKS | |
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[2] https://situationsansatz.de/files/texte%20ista/fachstelle_kinderwelten/kiwe… | |
[3] https://www.mopo.de/hamburg/politisch-korrekter-fasching-hamburger-kita-ver… | |
[4] /Politisch-korrekte-Karnevalskostueme/!5574681 | |
## AUTOREN | |
Maike Brülls | |
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Annegret Kramp-Karrenbauer | |
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