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# taz.de -- Psychische Gesundheit auf dem Lehrplan: Aufklärung über Depressio…
> Ein Drittel der EU-Bevölkerung ist im Laufe des Lebens von psychischen
> Krankheiten betroffen. Trotzdem kommt das Thema in der Schule bis jetzt
> nicht vor.
Bild: Die meisten psychischen Krankheiten beginnen während der Schulzeit
Man lernt in der Grundschule richtig Zähne putzen und in der Oberstufe
Kondome überziehen. Aber über psychische Krankheiten wird an den meisten
Schulen nicht gesprochen. Sechs Abiturienten aus Taufkirchen wollen das nun
ändern – mit [1][einer Petition an den Bayerischen Landtag].
Die Zwölftklässler machen gemeinsam Filme, vor zwei Jahren haben sie eine
eigene Produktionsfirma gegründet, MovieJam Studios. Zuletzt haben sie eine
Spielfilm-Doku über Depression gedreht. „Die meisten wissen nicht, wie sie
auf depressive Mitschüler reagieren sollen. Dann wird später lieber
gelästert, als sich damit auseinanderzusetzen“, erzählt Alexander Spöri,
Mitbegründer von MovieJam.
Deswegen will er, dass im Schulunterricht verpflichtend über psychische
Krankheiten aufgeklärt wird. Es sollen Lehrkräfte und Sozialpädagog*innen
zum Thema ausgebildet und Maßnahmen gegen Stigmatisierung ergriffen werden.
## Fünf Prozent der Deutschen sind depressiv
Das Thema betrifft viele: In der EU ist ein knappes Drittel der Bevölkerung
im Laufe des Lebens von psychischen Krankheiten betroffen, schätzt die WHO.
In Deutschland sollen rund 5 Prozent depressiv sein – bei Jugendlichen
werden die Zahlen mindestens so hoch geschätzt.
Spöri erinnert sich, wie der Leistungsdruck auf dem Gymnasium ab der
neunten Klasse stieg, als die ersten Abschlussprüfungen kamen: „In unserer
Stufe wurden einige psychisch krank, das bekamen wir aber erst später mit“,
sagt der 18-Jährige. Es gab zwar einen Sozialpädagogen, aber viele hätten
sich nicht getraut, ihn zu kontaktieren.
In England hingegen läuft eben in einem Modellprojekt
„Achtsamkeits-Unterricht“. Entspannungs- und Atemtechniken werden schon in
der Grundschule vermittelt, später kommen Gespräche zu mentaler Gesundheit
mit Expert*innen hinzu. In Bayern hält Spöri so etwas aber für
unrealistisch: „Neue Fächer zu fordern funktioniert nicht.“ Das Thema kön…
aber in andere Fächer eingebettet werden: „Wenn wir im Deutschunterricht
‚Bahnwärter Thiel‘ von Hauptmann lesen zum Beispiel.“
Als Argument gegen gezielte Aufklärung würde oft der sogenannte
Werther-Effekt genannt, berichtet Spöri. Also die Angst, dass Depressionen
oder Suizidgedanken dadurch bei Schüler*innen erst geweckt würden.
## Ein Verein hilft Schulen bei Prävention
Wollen Lehrer*innen auch ohne extra Unterrichtsstunden mit ihrer Klasse
über psychische Krankheiten sprechen, hilft der Verein „Irrsinnig
Menschlich“. Er klärt über Krisen, Warnsignale und Bewältigungsstrategien
auf. „Die meisten psychischen Krankheiten beginnen vor dem 20. Lebensjahr.
Die Jugend ist der wichtigste Lebensabschnitt für Prävention“, sagt
Vereinsgründerin Manuela Richter-Werling. Einen Werther-Effekt gebe es
dabei nicht: „Wir wecken nichts. Die Probleme sind doch alle schon da.“
Im Auftrag des Vereins hat die Uni Leipzig evaluiert, wie deutsche Schulen
sich um Prävention und Gesundheitsförderung kümmern. Das Ergebnis:
ernüchternd. „Die Lehrer haben keine Zeit dafür, oder niemand ist
verantwortlich. Die wenigsten Schulen haben eigene Programme“, sagt
Richter-Werling.
Seine Forderungen hat MovieJam nicht nur als Onlinepetition veröffentlicht,
sondern auch beim Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags eingereicht.
18 Mar 2019
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/michael-piazolo-binden-sie-endlich-aufkl%C3%A4rung…
## AUTOREN
Jolinde Hüchtker
## TAGS
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