# taz.de -- Auf der Finanzmesse „Superreturn“: Die Luxus-Sorgen der Investo… | |
> Diese Woche treffen sich 2.700 Finanzleute in Berlin. Sie diskutieren | |
> über Anlagetipps und Renditedruck. Die Vorträge sind überraschend simpel. | |
Bild: Die Lobby riecht nach Frauenparfum, doch 90 Prozent der Konferenzteilnehm… | |
Berlin taz | Es riecht auffallend gut. Frauenparfum wabert durch die | |
Hotelhallen: blumig, aber nicht zu süß; dazu Aftershave, herb, aber nicht | |
penetrant. Mit verbundenen Augen würde man denken, man ginge durch eine | |
edle Modemesse. Aber nicht doch, hier im Berliner Hotel Intercontinental in | |
Ku'damm-Nähe, 14 Stockwerke, ganz oben die Bar „Hugos“, treffen sich in | |
dieser Woche die Finanzinvestoren der Welt. | |
Carlyle, [1][Blackrock], Brookfield – alle sind sie da [2][auf der Messe | |
„Superreturn“], zu Deutsch Superprofit, die diese Woche in Berlin | |
stattfindet. 2700 Finanzleute haben sich angemeldet, für andere Gäste ist | |
das Hotel geschlossen – es scheint sich für das Hotel zu lohnen. | |
Eintrittspreis für das Drei-Tage-Paket der Messe: 3.999 englische Pfund. | |
Eingeladen waren, wenn überhaupt, nur Finanzjournalisten. Wer sich | |
anmeldete, wie die taz, kam trotzdem hinein. Davon haben deutsche Medien | |
offenbar kein Gebrauch gemacht: Hiesige Medienvertreter waren nicht zu | |
sehen. | |
Finanzinvestoren haben einen gemischten Ruf. Sie sammeln Kapital ein, | |
kaufen damit Unternehmen auf; es geht um Zahlen, weniger um Inhalte. Es | |
gibt solche, die am langfristigen Gedeihen eines Unternehmen interessiert | |
sind. Und dann gibt es diejenigen, die ein Unternehmen auf maximale Rendite | |
trimmen, keine Rücksicht auf die Beschäftigten nehmen und den Laden nach | |
wenigen Jahren abstoßen. | |
## Viel Geld, aber keine Anlagemöglichkeiten | |
Geschäftssprache im Intercontinental ist natürlich Englisch, man hört mehr | |
britisches Englisch als US-Englisch. Auffallend wenige Deutsche sind dabei. | |
Nur ungefähr jeder zehnte Besucher ist weiblich. Bei der Gleichstellung ist | |
in der Private-Equity-Branche noch Luft nach oben. | |
Bei einer Gesprächsrunde mit dem unbescheidenen Titel „State of the union“ | |
spricht Moderatorin Gillian Tett von der Financial Times die derzeitige | |
Luxus-Sorge der Finanzinvestoren an: „Viel Geld ist derzeit im Umlauf, aber | |
es kann kaum noch angelegt werden, weil keine Unternehmen auf dem Markt | |
sind. Welchen Ausweg gibt es?“ Ein Manager von „General Atlantic“ empfieh… | |
die „Emerging Markets“ – das sind ehemals arme Länder, die für Investor… | |
den roten Teppich ausrollen. | |
Die Financial Times-Journalistin fragt in die Runde, was für heiße | |
Anlagetipps sie so haben. Sie klingt ein wenig wie Evelyn Hamann in dem | |
berühmten Sketch von Loriot, in dem sie den Filmstar, der das Monster mimt, | |
nach dessen Lieblingsspeise fragt. Der Vertreter von „Ares Management“ | |
empfiehlt die Branchen Energie und Einzelhandel, dann fällt die | |
Mikrofonanlage aus. Als sie wieder heil ist, nennt der Mann von „General | |
Atlantic“ plötzlich nicht mehr die aufstrebenden Märkte, sondern Europa. | |
Für Europa hat er eine hübsche Formulierung parat: Europa sei eine | |
„unappreciated jam“ eine verkannte Sorte Marmelade. | |
## Auf der Suche nach Friedrich Merz | |
Man soll sich nichts vormachen: Finanzinvestoren bedienen nicht nur die | |
Interessen der Reichen. Auch Pensionsfonds, die das Geld von normalen | |
Leuten anlegen, drücken in den Markt. Die Mittelschicht hat sich längst in | |
das Bett der Finanzinvestoren gelegt, ohne es richtig zu merken. Christina, | |
die für einen schwedischen Pensionsfonds in Berlin ist, sagt beim | |
Mittagessen – Havelländer Apfelschwein, dazu gedünstetes Gemüse und | |
Kartoffelgratin – auf die Frage, ob schwedische Rentner durch den | |
Renditedruck nicht indirekt dafür sorgen, dass eine Firma Leute entlässt: | |
„Unternehmen, die von Finanzinvestoren gehalten werden, wachsen mehr als | |
andere.“ Will heißen: Entlassungen gebe es eher nicht. | |
Die Vorträge kommen argumentativ überraschend einfach daher. Ein Manager | |
von Blackrock beamt eine Wachstumskurve hinter sich. Die Kurve hat vier | |
Zacken nach unten, unter drei von ihnen steht „Russland marschiert in der | |
Krim ein“, „US-Wahl 2016“ und „Brexit-Votum“. Welterklärung kann auch | |
einfach sein. | |
Blackrock? Zeit zu schauen, [3][ob Friedrich Merz im Haus ist]. Der | |
Fondsgigant Blackrock, der sich listig-bescheiden „Vermögensverwalter“ | |
nennt, hat den kleinen Raum „Litfaß“ gemietet. Die junge Engländerin vor | |
der Tür kennt keinen Friedrich Merz und auch keinen Friedrick Mörz. Schade. | |
Ohne ihre Erlaubnis kommt man nicht hinein. | |
Abends oben im Hugos, bei Rinderfilethäppchen und Weißwein, weiht Oliver, | |
Investmentbanker aus der Schweiz, in die Geheimnisse der Branche ein. Warum | |
kaufen die Reichen nicht einfach Aktien? Ganz schlecht, sagt Oliver. Die | |
Vermögenden wollen, dass der Nachwuchs die Anteile später nicht einfach zu | |
Geld macht. Anteile an geschlossenen Fonds können nicht so einfach verkauft | |
werden. Er berichtet von der großen Angst der Vermögenden, ihr Vermögen zu | |
verlieren. Warum reichen denen nicht vier Prozent Rendite statt zwanzig? In | |
der Liga habe man andere Erwartungen, sagt Oliver. Kann man die Angst nicht | |
einfach nehmen, indem alle Vermögen- und Erbschaftsteuer zahlen? Wer | |
weniger hat, kann auch weniger verlieren. Das sei eine eher philosophische | |
Frage, sagt Oliver und zieht weiter. | |
28 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Umstrittene-Finanzlobbygruppe-G30/!5566321 | |
[2] https://finance.knect365.com/superreturn-international/ | |
[3] /Wer-ist-Friedrich-Merz/!5545444 | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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