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# taz.de -- Kommentar Halal darf nicht bio sein: Glückwunsch, fühlt euch bess…
> Halal-Fleisch darf kein Bio-Siegel tragen, weil Schächten zu qualvoll
> sei. Heuchelei – denn auch bei Bio-Fleisch geht es ums Fressen statt ums
> Tierwohl.
Bild: Schlachten ist brutal und qualvoll – ob halal, oder nicht
Ein wenig überraschendes Urteil hat nun der EU-Gerichtshof gesprochen:
[1][Halal-Fleisch darf kein Bio-Siegel tragen], auch wenn die Tiere nach
Bio-Kriterien aufgezogen wurden. Denn die Tötung per Schächtung
widerspreche der Idee des Tierwohls, die für Bio-Fleisch wichtig sei.
Ich gratuliere zum Distinktionsgewinn! Wieder einmal hat sich damit eine
hegemoniale Gruppe – die der Nicht-Juden und Nicht-Muslime – selbst
bewiesen, dass sie etwas Besseres sei, indem sie sich von anderen abgrenzt.
Pfui, diese Brutalos schächten Tiere!
Schächten, das ist das meist betäubungslose Durchschneiden der
Halsschlagader mit einem einzigen scharfen Schnitt. Die europäischen
Tierschutzgesetze schreiben jedoch eine Betäubung vor, und das klingt sanft
und wundervoll. Die Betäubung, schreibt der EU-GH, bewirke beim Tier „eine
Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit, mit der Schmerzen, Stress oder
Leiden erheblich verringert würden“.
Gewiss: Die Tiere spüren kaum etwas mehr, [2][SOBALD und SOFERN die
Betäubung funktioniert] – was bekanntermaßen weder bei Schweinen (der
Elektroschock geht nicht tief genug), noch beim Geflügel (sie heben den
Kopf aus dem Elektrobad), noch bei Rindern (Schädeldicke und optimaler
Einschusswinkel variieren je nach Rasse) immer beim ersten Versuch der Fall
ist.
## Getrieben, niedergerungen und in Fließbänder eingehängt
Dennoch spüren die Tiere natürlich den Stress beim Transport, die
Atmosphäre, Geräusche und Gerüche im Schlachthof. Sie werden mit Brettern
oder Elektropaddeln getrieben, niedergerungen, in Metallrahmen fixiert,
kopfüber in Fließbänder eingehängt. Sie erleiden VOR der Betäubung immense
Angst und Stress und dann BEIM Akt der Betäubung selbst den Schmerz des
Bolzenschusses, der ihren Kopf zertrümmert, Elektroschocks oder
Erstickungsgefühle im Kohlendioxidschacht.
Die meisten Substantive der letzten Sätze kennt mein Rechtschreibprogramm
übrigens nicht, wohl weil die meisten Fleischesser davon weder reden noch
überhaupt wissen. Gewaltsames Töten – und genau das geschieht in einem
Schlachthof – ist niemals harmlos, nicht angst- und schmerzfrei.
Einmal fragte mich eine Leserin, ob man Bio-Tiere nicht einfach durch
Euthanasie-Spritzen töten könne…? Tja, dann aber wäre das Fleisch für den
Menschen nicht mehr genießbar! Nein, um Schmerz, Leid und Angst führt kein
Weg herum, und sie werden auch durch Betäubung nicht „erheblich“
verringert.
Doch schließlich geht es weder bei Bio-Fleisch noch bei Halal-Fleisch
vorrangig ums Tierwohl, sondern schlicht ums menschliche Fressen. Um die
anscheinend unstillbaren menschlichen Gelüste nach den toten Körpern
anderer Wesen, obwohl wir um Umwelt-, Gesundheits- und ethische
Konsequenzen wissen. Wenn man bei solch fragwürdigem Tun mit dem Finger auf
andere zeigen und sich moralisch über sie erheben kann, umso besser.
26 Feb 2019
## LINKS
[1] /EuGH-Urteil/!5572583
[2] /Tiermediziner-ueber-das-Schlachten/!5411010
## AUTOREN
Hilal Sezgin
## TAGS
Schlachthof
EuGH
Schlachterei
Halal
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EuGH
Ernährung
Schwerpunkt Klimawandel
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