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# taz.de -- Kolumne Blind mit Kind: Raus aus der Komfortzone
> Kochen im Kindergarten, Einkaufen im Laden – es gibt viele
> Herausforderungen für Blinde. Gut, wenn das Kind die Grenzen des
> Machbaren verschiebt.
Bild: Dank meines Kindes tue ich Dinge, die ich vorher nicht gemacht hätte –…
Warum kocht ihr nie im Kinderladen?“, fragt meine Tochter. Weil die
Erzieherinnen uns ungefragt vom Elterndienst befreit haben und wir das
bequem fanden, lautet die ehrliche Antwort. Aber die gebe ich nicht, weil
sie so erklärungsbedürftig ist. „Ihr kocht auch zu Hause!“, insistiert
meine Tochter, als hätte sie das geahnt. Ja, aber die Küche dort ist doch
so unübersichtlich, weil so viele Leute da kochen und das ist für blinde
Eltern …
„Du hast recht, ich werde auch mal kochen!“, sage ich. Die Kinder in
unserem Kinderladen freuen sich sehr, wenn ihre Eltern ein, zwei Mal im
Monat bei der Essenszubereitung einspringen und zum Essen bleiben. Darf ich
meiner Tochter diese Freude vorenthalten, weil mir das Kochen mehr Mühe
macht? Die Antwort lautet wohl: Ja, solange ich das vor mir selbst
verantworten und es ihr plausibel erklären kann. Will ich jetzt aber nicht
mehr – mein Ehrgeiz ist geweckt!
Tschüss Komfortzone – ich lasse mir die Küche zeigen und das nötigste
Equipment geben. Nur ich, [1][drei Kilo Kartoffeln, Gemüse und
Fischstäbchen] und ein Backofen. Habe ich mich richtig an die Einstellungen
erinnert? Ich wusel aufgeregt auf der Arbeitsplatte herum und suche –
sicherlich noch mehr als sehende Miteltern – erst mal in den Schränken nach
allem Möglichen. Gibt es einen Sparschäler? Wo ist das Salz? Ist im
Kühlschrank noch Milch? Natürlich gerate ich in Zeitnot und schaffe es erst
fertig zu sein, als der hungrige Haufen schon längst von seiner
Spielplatztour zurück ist. Eine Platte für die Rohkost muss ich mir doch
geben lassen und der Ofen war irgendwie nicht auf Umluft gestellt … aber
dann essen alle fleißig. Puh!
## Ein Motor, der einen in Bewegung hält
Anstrengend? Auf jeden Fall – aber meine Tochter ist hochzufrieden. Ich
auch. Für das nächste Mal wappne ich mich trotzdem gleich zu Hause. Mit
meinem Lieblingsmesser und wohl bekannten Gewürzdöschen im Gepäck ist es
außerhalb der Komfortzone gleich viel komfortabler. Irgendwann klappt’s
auch mit dem Zeitmanagement – Zeit, diese Herausforderung an meinen Mann zu
übergeben, passionierter Chefkoch bei uns zu Hause.
Fazit: Raus aus der Komfortzone? Warum nicht – es gibt so viele Dinge, die
man nie versucht, weil man sie für unbezwingbar oder zu anstrengend
erachtet. Da ist es nicht schlecht, wenn man einen kleinen Motor hat, der
einen in Bewegung hält: „Mama, komm da klettern“, oder „Mama, wir können
ohne Hilfe im Supermarkt einkaufen!“ Ja, können wir – zu meiner
Überraschung mache ich jetzt lauter Dinge, die ich sonst einfach nicht
getan hätte.
Aber es gibt Grenzen. Ein Schwimmbad werde ich allein mit kleinem Kind nie
betreten – und wenn es mich noch so sehr in Grund und Boden diskutiert! Zu
viel Lärm von allen Seiten. Hm, kommt Zeit, kommt Herausforderung!? Ich bin
auf jeden Fall schon sehr gespannt, wohin meine Tochter die Grenzen meiner
Komfortzone noch verschiebt …
23 Feb 2019
## LINKS
[1] /Ernaehrungsexperte-ueber-Kinderessen/!5512320
## AUTOREN
Hannah Reuter
## TAGS
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