| # taz.de -- Vorgeschriebene Sozialwohnungen: Da ist noch Luft nach oben | |
| > Was kann man Investoren zumuten? In Freiburg müssen private Bauherren 50 | |
| > Prozent Sozialwohnungen bauen, in Berlin sind es nur 30 Prozent. | |
| Bild: Die Kräne drehen sich, gebaut wird aber meistens sehr teuer | |
| Wer zu solchen Vergleichen greift, steht unter Druck: „Was würden Sie denn | |
| sagen, wenn der Staat verordnet, dass Hartz-IV-Empfänger für Lebensmittel | |
| plötzlich 30 Prozent Rabatt bekommen?“ Alexander Happ, stellvertretender | |
| Vorstandschef beim Berliner und Brandenburger Ableger des Bundesverbandes | |
| freier Wohnungsunternehmer (BfW), ist empört. „Das ist ein staatlicher | |
| Eingriff.“ | |
| Was den Lobbyisten so umtreibt, trägt den eher harmlosen Namen „Berliner | |
| Modell der kooperativen Baulandentwicklung“. Und der „staatliche Eingriff�… | |
| von dem Happ spricht, fällt in anderen Städten noch happiger aus. | |
| In Berlin verlangt der Senat von allen Investoren, die mehr als 5.000 | |
| Quadratmeter mit Wohnraum bebauen, eine Quote von 30 Prozent sogenannter | |
| Sozialwohnungen, die zum Preis von 6,50 Euro pro Quadratmetern kalt | |
| angeboten werden müssen. Im Gegenzug gibt es für die Investoren verbilligte | |
| Kredite von der landeseigenen Investitionsbank Berlin. Am Mittwochabend | |
| wurde beim „Dialog zur Zukunft der Städte“ im Deutschen Instituts für | |
| Urbanistik (Difu) eine erste Zwischenbilanz des Modells gezogen. | |
| Die entsprechenden Zahlen hatte Grit Schade mitgebracht, die Chefin der | |
| Wohnungsbauleitstelle, in der das Baulandmodell koordiniert wird. „Von 2014 | |
| bis Juli 2017 wurden 49 städtebauliche Verträge mit Investoren | |
| geschlossen“, zählt Schade auf. Dabei seien 20.000 Wohnungen gebaut worden, | |
| 4.000 davon mit einer Mietpreis- und Belegungsbindung. „Diese Bindung | |
| dauert 30 Jahre, die Wohnungen werden an Wohnungssuchende mit einem | |
| Wohnberechtigungsschein vergeben“, erklärte Schade. | |
| Die Tatsache, dass mit 4.000 von 20.000 nicht 30 Prozent, sondern lediglich | |
| 20 Prozent an Sozialwohnungen mit einer Miete von 6,50 Euro gebaut wurden, | |
| erklärte die Leiterin der Wohnungsleitstelle damit, dass in den ersten | |
| Jahren des Baulandmodells gar keine Quote existierte. Danach wurden 25 | |
| Prozent vorgeschrieben, erst seit vergangenem Jahr sind es 30 Prozent. | |
| Dass die Pflicht für private Investoren, günstige Wohnungen zu bauen, in | |
| anderen Städten viel strenger gehandhabt wird, zeigte der Vortrag von Arno | |
| Bunzel, der an der TU Berlin am Institut für Stadt- und Regionalplanung | |
| lehrt. So betrage die Quote in Freiburg 50 Prozent. Noch mehr werden, | |
| allerdings lediglich auf kommunalem Bauland, in Münster gebaut. „Dort sind | |
| es 60 Prozent“, so Bunzel. Der Baurechtler erklärte auch, warum der von den | |
| privaten Investoren beklagte „staatliche Eingriff“ angemessen sei. Denn | |
| erst durch das von der öffentlichen Hand erteilte Baurecht wird aus einem | |
| wertlosen Grundstück ein Baugrundstück. Deshalb sei es auch legitim, einen | |
| Teil der sogenannten Planungsgewinne abzuschöpfen. Neben der Bereitstellung | |
| günstiger Wohnungen werden die Investoren zu weiteren Leistungen | |
| verpflichtet, etwa dem Bau von Straßen und Kitas. | |
| Einen Haken freilich hat das Modell. Es gilt nur dort, wo die Bezirke das | |
| Bebauungsrecht mit einem Bebauungsplan festlegen. Daraufhin schließen dann | |
| Senat und Investoren einen städtebaulichen Vertrag, in dem die | |
| Verpflichtungen des Investors festgeschrieben sind. | |
| Wird dagegen auf einen Bebauungsplan verzichtet, entfällt die | |
| Steuerungsmöglichkeit der öffentlichen Hand. Dies ist vor allem bei | |
| sogenannten Genehmigungen nach Paragraph 34 des Baugesetzbuches der Fall. | |
| Hier wird eine Baugenehmigung erteilt, wenn sich das Bauvorhaben in Nutzung | |
| und Dimension in die Umgebung einfügt. | |
| Auch deswegen fordert die wohnungspolitische Sprecherin der Linken, Katalin | |
| Gennburg, mehr Bebauungspläne. „Hier sind vor allem auch die Bezirke | |
| gefragt“, sagt Gennburg der taz. Zwar machen B-Pläne viel Arbeit und | |
| erfordern ihre Zeit. „Aber nur nach Paragraf 34 zu genehmigen, schafft | |
| keinen günstigen Wohnraum.“ | |
| Tatsächlich wurden in Berlin im Zeitraum zwischen 2014 und 2017 etwa 45.000 | |
| Wohnungen neu gebaut. Die Mehrzahl von ihnen unterlag nicht der | |
| Belegungsbindung durch einen städtebaulichen Vertrag. | |
| Auch beim bestehenden Modell der kooperativen Baulandentwicklung sieht die | |
| Linken-Politikerin Handlungsbedarf. „Nach fünf Jahren ist es Zeit, dieses | |
| Modell anzupassen“, sagt sie. „Freiburg sollte uns Mut machen.“ Gennburg, | |
| die mit den Grünen in den Koalitionsverhandlungen der SPD die Erhöhung von | |
| 25 auf 30 Prozent abgerungen hat, sieht auch 50 Prozent in der Hauptstadt | |
| für möglich an. | |
| Investorenlobbyist Alexander Kapp sieht das anders: „Finger weg von der | |
| 50-Prozent-Quote“, lautete sein Schlusswort bei der Bilanzveranstaltung im | |
| Deutschen Institut für Urbanistik. | |
| 14 Feb 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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