# taz.de -- Serie Wohnen ist Heimat: Die Ulmer Bodenpolitik | |
> Mittlerweile befindet sich etwa ein Drittel des kompletten Stadtgebietes | |
> in kommunaler Hand. Wie Ulm die Spekulation mit Bauland bremst. | |
Bild: Stadtansicht von Ulm | |
In Ulm haben sie ein erprobtes Modell gegen Immobilienspekulation – und ein | |
besonders altes. Was andernorts als „Spekulationsbremse“ im Rahmen | |
städtischer Baupolitik bezeichnet wird, heißt in Ulm schwerfällig | |
„Bodenbevorratungspolitik“. Zur Baulandbereitstellung betreibt die Stadt am | |
Rand der Schwäbischen Alb seit rund 125 Jahren diese vorausschauende | |
Bodenpolitik. | |
Konkret heißt das, die Stadt kauft mittelfristig und langfristig, oft auf | |
Jahrzehnte im Voraus, Flächen auf, um sie dann eines Tages gezielt | |
einzusetzen. Grundprinzip dabei ist, dass die Stadt einen Bebauungsplan für | |
ein künftiges Baugebiet erst dann in ein Verfahren einbringt, wenn sie auch | |
Eigentümerin der betroffenen Flächen ist. In Ulm kann also nur von der | |
Stadt selbst Bauland erworben werden. | |
Zudem verhindert das Ulmer Wiederkaufsrecht, gekoppelt mit einer | |
sogenannten Auflassungsvormerkung, eine Spekulation mit Bauland. „Das hört | |
sich erst einmal sehr technisch an“, sagt Ulrich Soldner, Abteilungsleiter | |
im Liegenschaftsamt Ulm. „Es bedeutet Folgendes: Ein unbebautes Grundstück, | |
das aus kommunalem Besitz privatisiert und an einen Häuslebauer oder an | |
einen Bauträger, Investor oder eine Firma verkauft wird, kann niemals an | |
einen Dritten weiterverkauft werden. Wenn es also nicht für den | |
ursprünglichen Zweck verwendet wird, und das kommt ja immer mal vor, kann | |
es aufgrund dieser Auflassungsvormerkung im Grundbuch nur an die Stadt Ulm | |
zurückverkauft werden. Und zwar zu dem Preis, den es damals gekostet hat. | |
Ein Weiterverkauf spekulativer Art an Dritte ist nicht möglich.“ | |
33 Millionen Euro investierte Ulm im vergangenen Jahr in den Ankauf neuer | |
Grundstücke. Aufgrund ihrer langjährigen Praxis verfügt die Stadt über ein | |
entsprechend großes Portfolio. Mittlerweile befindet sich etwa ein Drittel | |
des kompletten Stadtgebietes in kommunaler Hand. Dadurch verfügt Ulm über | |
ein Steuerungsinstrument, das es ermöglicht, Baugrundstücke zu | |
vergleichsweise günstigen Preisen auf den Markt zu bringen. | |
Da die Stadt jederzeit eigene Liegenschaften für den Wohnungsbau auf den | |
Markt bringen kann, wird ein direkter, preisdämmender Einfluss auf die | |
Grundstückspreise erreicht. Damit sollen die Wertsteigerungen aus der | |
Baulandentwicklung auch der Allgemeinheit und den Erwerbern und nicht nur | |
den ursprünglichen Grundstückseigentümern zugutekommen. So betreibt die | |
Stadt eine aktive Sozial- und Wirtschaftspolitik. | |
Mit Erfolg: Im Mietwohnungssegment existiert durch niedrige Baulandpreise | |
und die Zusammenarbeit mit Wohnungsbaugesellschaften ein gutes Angebot an | |
bezahlbaren Wohnungen. Auch bei der Vergabe von Baugrundstücken an | |
Selbstnutzer wirkt sich der niedrige Baulandpreis positiv bei der Schaffung | |
von bezahlbarem Wohnraum im Eigenheimsegment aus. Die grün-schwarze | |
Landesregierung Baden-Württembergs ermuntert alle Städte und Gemeinden, dem | |
Ulmer Modell der Bodenvorratspolitik zu folgen. | |
4 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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