# taz.de -- Flüchtlingspolitik von oben: Der Norden ankert anders | |
> In Rendsburg wird eine dritte zentrale Landesunterkunft für Geflüchtete | |
> in Schleswig-Holstein eröffnet. Dabei soll aus den Problemen an anderen | |
> Standorten gelernt werden. | |
Bild: Die Container der neuen Landesunterkunft für Geflüchtete in Rendsburg | |
RENDSBURG taz | 14 Quadratmeter Deutschland: Zwei Doppelstockbetten stehen | |
in dem engen Raum, ein Tisch mit zwei Stühlen, ein Schrank in der Ecke. Der | |
Blick aus dem Fenster zeigt Reihen von Wohncontainern und die ziegelroten | |
Gebäude einer ehemaligen Kaserne in Rendsburg. | |
In dem Zimmer sollen ab Ende Februar zwei Geflüchtete wohnen – insgesamt | |
werden in den kommenden Wochen 500 Menschen auf das Gelände am Rand der | |
Kreisstadt ziehen, um die Landesunterkünfte in Boostedt und Neumünster zu | |
entlasten. In der Gemeinde Boostedt gab es Probleme zwischen EinwohnerInnen | |
und Geflüchteten, die Stadt Neumünster tat sich schwer mit einer | |
Erweiterung – in Rendsburg soll alles besser werden. | |
Vernünftiges WLAN, damit die BewohnerInnen Internetzugang haben, und | |
Personal, das sich in der Stadt auskennt, das waren die wichtigsten Wünsche | |
von Rendsburgs Bürgermeister Pierre Gilgenast (SPD). Offiziell mitreden | |
darf er nicht: Das Land hatte die Flächen und Gebäude auf dem ehemaligen | |
Bundeswehrgelände 2015 angemietet und hier eine Landesunterkunft für bis zu | |
2.000 Menschen geplant. Als der Zustrom von MigrantInnen verebbte, ging das | |
Gelände „in den Stand-by“, sagte Gilgenast beim Besichtigungstermin. | |
Jetzt wird es wieder eröffnet, mit 400 Wohnplätzen in einem Haus und 100 in | |
den Containern. Geplant war das anders. Die Unterkunft in Boostedt soll bis | |
2024 geräumt werden. Zum Ausgleich wollte Innenminister Joachim Grote (CDU) | |
die Erstaufnahme in Neumünster von 770 auf 1.500 Plätze ausbauen und dort | |
eine Art „Ankerzentrum“ einrichten, auch wenn das Land sich mit dem Begriff | |
aus dem CSU-geführten Bundesinnenministerium schwer tut. | |
Aber in der Stadt gab es Unmut, und der Stadtrat weigerte sich, ein | |
Grundstück für die Erweiterung zu verkaufen. Gilgenast setzt dagegen auf | |
„die Bereitschaft der Rendsburger, bei der Integration zu helfen“: „Die | |
Willkommenskultur ist weiter da.“ Rund 80 Prozent der Geflüchteten, die | |
2015/16 nach Rendsburg kamen, seien im Ort geblieben und hätten sich gut | |
integriert. | |
Die rund 500 Menschen, die in die Rendsburger Unterkunft ziehen sollen, | |
haben „unterschiedliche Bleibeperspektiven“, teilt das Innenministerium | |
mit. In Boostedt hatten sich die Probleme gehäuft, weil viele der dort | |
Untergebrachten keine Chance auf einen Aufenthalt in Deutschland hatten und | |
auf ihre Abschiebung warten mussten. | |
In Rendsburg soll das anders sein. Im Schnitt sei eine Verweildauer von | |
drei Monaten geplant, sagt Dirk Gärtner, amtierender Chef des Landesamtes | |
für Ausländerangelegenheiten. In Einzelfällen kann das aber auch eine | |
deutlich längere Zeit bedeuten. | |
## Umzäunt und bewacht | |
Wichtig ist Amtschef Gärtner, für gute Betreuung zu sorgen. So warten in | |
einem hallenartigen Raum Kuscheltiere, Bücher, Kicker- und Billardtische | |
auf die künftigen BewohnerInnen. Für die rund 50 Kinder im Grundschulalter | |
wird eine Schule auf dem Gelände eingerichtet. Eine Arztpraxis gibt es | |
ebenso wie eine rund um die Uhr besetzte Polizeiwache. | |
Das Gelände ist umzäunt und bewacht, die BewohnerInnen dürfen aber frei | |
kommen und gehen. Auch das DRK wird ständig mit einem Beratungsangebot | |
vertreten sein. Roy Lange, Leiter des Büros, ist mit der Ausstattung der | |
Gebäude recht zufrieden. Er setzt auf die Zusammenarbeit mit | |
Ehrenamtlichen: „Wir haben Platz für alle möglichen Aktivitäten.“ | |
14 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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