# taz.de -- Kommentar Studienerfolgsquote: Fragwürdige Reform | |
> Die niedrige Absolventen-Zahl wird politisch unter den Tisch gekehrt. | |
> Dabei gehört die Frage, ob die Hochschulen gut sind oder nicht, auf die | |
> Tagesordnung. | |
Bild: Verlassen die Hochschulen häufig ohne Examen: Hamburger Studenten | |
Sicher, ein Studienabbruch ist kein Beinbruch. Auch wenn junge Leute nur | |
ein paar Semester Uni-Luft schnuppern und nachher etwas anderes machen, | |
haben sie dort fürs Leben gelernt. Deshalb machen auch | |
Studienaussteiger-Projekte wie Shift gewissen Sinn. Doch Hamburg hat sich | |
offenbar an [1][ein hohes Maß an Schwund] gewöhnt, gibt sich geradezu | |
lässig und unambitioniert. Hier geht es eben auch um vergeudete Lebenszeit | |
und enttäuschte Hoffnungen. | |
Dass man die Studienerfolgsquoten steigern müsse, war lange Zeit ein | |
Steckenpferd der Konservativ-Neoliberalen. Es diente als Argument dafür, | |
die Hochschulen mit ihren Freiräumen abzuwickeln, und aus den | |
Diplomstudiengängen mit zehn Semestern Regelstudienzeit zwei | |
Kurz-Studiengänge zu machen: den Bachelor und den Master. Das sollte mehr | |
Absolventen bringen. Nach dem Motto: Lieber den Bachelor in der Hand als | |
die Taube auf dem Dach. Doch Ruhe zum Studieren bleibt da weniger, schon | |
nach zwei, drei Semestern müssen sich Bachelor-Studierende die | |
Zukunftsfrage stellen. | |
Dass nun so viele nicht an der Uni bleiben, wird einige Gründe haben. | |
Verunsicherung, Neuorientierung, Angst vor der eignen Zukunft, scharfe | |
Prüfungen, Überforderung, aber eben auch schlechte Studienbedingungen. | |
Viele derer, die hier schnell wieder aufgaben, dürften unter den eher | |
provisorischen Bedingungen der vom Bund bezahlten Sonderprogramme studiert | |
haben. Und es ist ja bekannt: Weil der Hamburger Senat unbedingt die | |
Schuldenbremse ziehen möchte, wurden die Hochschulen nicht auskömmlich | |
finanziert. Demos gibt es keine mehr, denn Studienabbrecher sind nicht | |
organisiert. Die Sorgen werden individualisiert und das Versagen ist auch | |
schambesetzt. | |
Dass Uni-Leitungen Zielvereinbarungen ändern möchten, die sie eh nicht | |
einhalten können, ist verständlich. Aber selbst Fachpolitiker im Parlament | |
sagen, sie hätten davon nichts mitbekommen. Die Hochschulen und die Behörde | |
dealen das unter sich aus. Das Thema ist entpolitisiert. Die Frage, ob die | |
Uni gut ist oder nicht, wird auf abstrakte Exzellenz-Titel reduziert. | |
Darum gehört das Thema auf die Tagesordnung. Zu fragen ist, ob die Reform | |
überhaupt hält, was sie versprach. Denn viele halten nicht mal den Spatz in | |
der Hand. | |
28 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Studierende-an-Hamburger-Hochschulen/!5565509 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Master | |
Hamburg | |
Bologna-Reform | |
Bildung | |
Hochschule | |
Bachelor | |
Hamburg | |
Studienabbruch | |
Lesestück Interview | |
Studium | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Exzellente Universität: Hamburg kann doch erste Liga | |
Die Universität Hamburg ist erstmals zur Exzellenz-Uni gekürt worden und | |
bekommt jetzt 15 Millionen Euro im Jahr. Andere Nord-Unis gehen leer aus. | |
Studierende an Hamburger Hochschulen: Über die Hälfte geht ohne Abschluss | |
Weil die Hochschulen die Quoten für den Studienerfolg verfehlten, hat | |
Hamburgs grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank die Ziele gesenkt. | |
HRK-Präsident zur Hochschulfinanzierung: „Wir brauchen dringend neues Geld“ | |
Peter-André Alt findet, die Bundesländer müssten verpflichtet werden, die | |
Hochschulen nachhaltig zu finanzieren. Und der Osten dürfe nicht | |
zurückfallen. | |
Gründe für den Studienabbruch: Der Mythos vom faulen Studenten | |
Jeder dritte Studierende schmeißt das Studium hin – dachte man lange. | |
Neueste Forschungen zeigen ein positiveres Bild. |