# taz.de -- Film „Womit haben wir das verdient?“: Plötzlich Muslima | |
> Was tun, wenn die Tochter online zum Islam konvertiert? Eva Spreitzhofers | |
> Komödie klingt vielversprechend, weiß aber nicht, was sie will. | |
Bild: Nina (Chantal Zitzenbacher) heißt jetzt Fatima, trägt Kopftuch und will… | |
Islam-Komödien haben Konjunktur. Vor zwei Jahren probierte sich etwa Sou | |
Abadis Film [1][„Voll verschleiert“] aus Frankreich an einem launigen | |
Umgang mit dem Thema Burka. Aktuell startet in deutschen Kinos mit | |
ähnlicher Intention die österreichische Komödie „Womit haben wir das | |
verdient?“ von Eva Spreitzhofer. Eine Reihe weiterer Filme machte sich | |
daran, das Aufeinanderprallen dessen, was sich so als Abendland versteht, | |
mit den fundamentalistischeren Ausprägungen der Religion aus dem | |
„Morgenland“ auf sein Lacher-Potenzial hin zu überprüfen | |
„Womit haben wir das verdient?“ hat verschiedene Vorzüge. Mit Caroline | |
Peters zuallererst eine hervorragend zwischen Kontrollwahn und totaler | |
Hilflosigkeit oszillierende Hauptdarstellerin. Die Grundidee – | |
Patchworkfamilie atheistischer Ausrichtung muss sich mit Hinwendung ihrer | |
Tochter zum Islam anfreunden – bietet Gelegenheiten zu Situationskomik und | |
verspricht, dass sich da jemand Gedanken über ernste Fragen in einem durch | |
Witz aufgelockerten Rahmen macht. | |
Bei dieser Anlage scheint Eva Spreitzhofer aber irgendwann stehen geblieben | |
zu sein. Obwohl die Sache einigermaßen lustig beginnt. Mutter Wanda | |
(Caroline Peters), Tochter Nina (Chantal Zitzenbacher) und Wandas Partner | |
Harald (Simon Schwarz) sind bei der Familientherapie. Verständlich, die | |
Patchworkfamiliensituation mit Adoptivschwester, diversen Expartnern und | |
neuen Partnerinnen und den Kindern dazu ist eher unübersichtlich. Nina ist | |
– ob als Reaktion auf die Lage daheim oder anderes, verrät der Film nicht – | |
ein Teenager, der mit „Problemen“ zu tun hatte. Drogen und so. | |
Jetzt erscheint Nina verspätet zum Termin. Und mit Kopftuch. Sie ist zum | |
Islam konvertiert – „im Internet“ –, heißt fortan Fatima und will nur … | |
halal leben. Gummibärchen mit Gelatine sind von da an genauso tabu wie | |
Wurst und viele andere Dinge, die vorher selbstverständlich waren. | |
## Spreitzhofer drückt sich vor den eigentlichen Fragen | |
Mutter Wanda reagiert verständnislos und verletzt: „Hättest du nicht | |
wenigstens katholisch werden können?“ Der Rest der Familie nimmt’s mit | |
Humor. Warum Nina die Wende zum Islam vollzogen hat, bleibt bis zum Ende | |
des Films ihr Geheimnis. Wanda und die restliche Verwandtschaft bemühen | |
sich nach und nach, Ninas neugefundene geistige Heimat zu tolerieren, womit | |
sie regelmäßig an die Grenzen ihrer Toleranz stoßen. | |
Anhand des [2][Kopftuchs] will der Film die Frage nach weiblicher | |
Unterdrückung einerseits und feministischer Selbstbestimmung andererseits | |
erörtern. Die Rollen sind ziemlich eindeutig verteilt. Wobei Fatima | |
keinesfalls so streng und konsequent religiös lebt, wie sie zunächst | |
glauben macht. | |
Was eines der größten Probleme der Geschichte ist. Nie wird klar, ob der | |
Film den Islam am Beispiel Fatimas besser verstehen oder unter dem Anstrich | |
emanzipatorischer Bemühungen doch eher lächerlich machen will. Dass Chantal | |
Zitzenbacher in ihrer Rolle als Nina/Fatima wenig mehr als ein leicht | |
hysterischer Jammertonfall zur Verfügung steht, hilft da wenig. | |
Besonders am Ende, als Fatima auf einer Demo mit anderen Muslimas die | |
Freiheit des weiblichen Körpers mit Kopftuch einfordert, während ihnen | |
gegenüber ein Tross trauriger Identitärer die erwartbare | |
„Genderwahn“-Litanei anstimmt, verfestigt sich der Eindruck, Spreitzhofer | |
drücke sich um die eigentlichen Fragen herum: Der rechte Sprechchor wird | |
zum Verstummen gebracht, als Fatima die Starttaste eines Ghettoblasters | |
drückt. Es ertönt die Canzone „Tango feminista“, und die Rechten trollen | |
sich. So einfach geht das! | |
23 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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