# taz.de -- Bundeskanzlerin Merkel in Athen: Ein Freund, ein guter Freund | |
> Vor wenigen Jahren undenkbar: Alexis Tsipras empfängt Angela Merkel | |
> betont freundlich in Athen. Die späte Allianz liegt im beiderseitigen | |
> Interesse. | |
Bild: Freunde? Angela Merkel und Alexis Tsipras am Donnerstag in Athen | |
Manchmal liegt einem der Gegner doch näher als der Koalitionspartner: | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt die jüngste Kompromisslösung um | |
Mazedonien, die dem jungen Balkanstaat den Weg zum NATO-Beitritt öffnet – | |
vorausgesetzt, die Parlamente in Athen und in Skopje stimmen dem Kompromiss | |
zu. Das Abkommen bringe „Klarheit“ und davon könne ganz Europa profitieren, | |
lobte Merkel auf einer Pressekonferenz mit Gastgeber Alexis Tsipras am | |
Donnerstagabend. | |
Tsipras selbst bekräftigte neulich in einem TV-Interview seine | |
Entschlossenheit, den Kompromiss durchzubringen; schließlich würde „jeder | |
logisch denkende Mensch dieses Abkommen unterstützen“. Zu den logisch | |
denkenden Menschen zählt der Premier seinen Verteidigungsminister | |
anscheinend nicht mehr: Panos Kammenos, Chef der rechtspopulistischen | |
ANEL-Partei und Mehrheitsbeschaffer für Tsipras, hat ausdrücklich erklärt, | |
er lehne den Kompromiss ab und werde die Regierung notfalls verlassen. Ob | |
der sanfte Druck aus Berlin ihn umstimmt, bleibt abzuwarten. | |
Die Bundeskanzlerin ist seit Donnerstag auf einem zweitägigen Besuch in | |
Griechenland. Obwohl die Zeiten vorbei sind, in denen Merkel von wütenden | |
Demonstranten wie 2012 auf Plakaten mit Hitlerbärtchen verunglimpft wurde, | |
ging die Regierung beim ersten Besuch der Kanzlerin seit 2014 kein Risiko | |
ein. | |
Der zentrale Syntagma-Platz wurde für Demonstrationen gesperrt. Am Rande | |
des Besuchs setzte die Polizei Tränengas gegen rund 700 linksgerichtete | |
Demonstranten ein. Die Lage habe sich aber rasch beruhigt, berichteten | |
Reporter. 2012 waren es noch 35.000 Anti-Merkel-Demonstranten vor dem | |
Parlament in Athen gewesen. | |
## Schuldenkrise ist Nebenthema geworden | |
Die Schuldenkrise ist zwar nicht vom Tisch, aber irgendwie zum Nebenthema | |
geworden. Allerdings bezweifeln Experten die aktuelle Prognose der | |
Regierung Tsipras, die für 2019 ein reales Wachstum von 2,5 Prozent | |
voraussagt. | |
In Athen mahnt Angela Merkel ihre Gastgeber, die Reformbemühungen seien | |
nicht vorbei – und spricht vom „Vertrauen“ zwischen ihr und dem Premier. | |
Vergangen sind die Zeiten, als der Oppositionspolitiker Tsipras gegen | |
Merkel und ihre „Spardiktate“ polterte. Stattdessen war am Donnerstagabend | |
gemeinsames Fischessen angesagt. | |
Über Migration wurde in Athen nicht besonders viel geredet. Angesichts der | |
teils dramatischen Lage in den Flüchtlingslagern auf den Inseln in der | |
Ägäis forderte Merkel von Tsipras noch größere Anstrengungen bei der | |
Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei. Tsipras rief die Europäer auf, | |
sich gegen die populistischen Kräfte zu wehren, die die EU in „dunkle | |
Zeiten zurückwerfen“ wollten. | |
Bei diesem Thema steht Linkspremier Tsipras der Kanzlerin demonstrativer | |
zur Seite, als die CSU es in dieser Frage jemals getan hat. Seine | |
Unterstützung geht so weit, dass in den vergangenen Jahren mehrere | |
griechische Inseln unweit der türkischen Westküste zum Bollwerk gegen | |
Flüchtlinge und Migranten mutierten, damit das Elend Westeuropa nur unter | |
erschwerten Bedingungen erreichen kann. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass | |
sich die Europäische Union dafür mit Finanzhilfen für Hellas revanchiert | |
hat. | |
Am Freitag stand zudem ein Treffen zwischen Merkel und dem Chef der | |
konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) Kyriakos Mitsotakis, | |
auf dem Programm. Für griechische Medien der Höhepunkt des hohen Besuchs, | |
denn anders als die Bundeskanzlerin äußert sich Mitsotakis bisher ablehnend | |
zum Mazedonien-Kompromiss. „Vertrauen in Tsipras, Tadel an Kyriakos“ – so | |
kommentiert am Freitag die linksgerichtete Zeitung der Redakteure den | |
Merkel-Besuch auf der Titelseite. (mit dpa) | |
11 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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