# taz.de -- Steinmeier in Griechenland: Reparationen fraglich | |
> Linke Politiker mahnen nie geleistete Wiedergutmachung in Griechenland | |
> an. Anlass ist ein Staatsbesuch von Präsident Steinmeier. | |
Bild: Die Frage der Entschädigung ist einseitig offen: Bundespräsident Steinm… | |
Bonn taz | Für die in Griechenland regierende Linkspartei Syriza ist der | |
politische Werdegang des Abgeordneten Triantafyllos Mitafidis geradezu | |
typisch: Der pensionierte Lehrer wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im | |
Arbeiterviertel Toumba in Thessaloniki geboren, seine Eltern waren | |
Flüchtlinge aus Kleinasien. Mitafidis wuchs unter ärmlichen Verhältnissen | |
auf, war Mitglied der Revolutionären Arbeiterpartei Griechenlands und kam | |
ins Gefängnis während der Militärdiktatur (1967–1974). Landesweite | |
Berühmtheit erlangt er nun als Vorsitzender einer parlamentarischen | |
Sonderkommission, die sich für die Auszahlung von Reparationen aus dem | |
Zweiten Weltkrieg durch Deutschland einsetzt. | |
Sowohl Ministerpräsident Alexis Tsipras als auch Außenminister Nikos | |
Kotzias mahnten neulich, die Frage der Reparationen sei aus ihrer Sicht | |
offen. Doch in Berlin erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am | |
Mittwoch zum wiederholten Mal, die Frage sei „juristisch wie politisch | |
abschließend geregelt“. Diesem Einwand widerspricht Mutafidis. „Was heißt | |
abschließend geregelt? Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren | |
nicht“, sagt er der taz. | |
Auch das Argument, die Reparationsforderung würde durch das Londoner | |
Schuldenabkommen von 1953 oder spätestens durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag | |
von 1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands gegenstandslos, will der | |
Linkspolitiker nicht gelten lassen. „Gerade das Londoner Schuldenabkommen | |
sieht vor, dass derartige Verbrechen nicht verjähren. Und was den | |
Zwei-plus-Vier-Vertrag betrifft: Dadurch werden die Modalitäten der | |
deutschen Wiedervereinigung geregelt und Griechenland war nicht | |
Vertragspartei.“ | |
Mutafidis spricht von Reparationszahlungen für Kriegsschäden, | |
Ausgleichszahlungen an die Opfer, die Rückgabe geplünderter Kulturschätze | |
und nicht zuletzt auch um die Rückzahlung des sogenannten Zwangskredits aus | |
dem Zweiten Weltkrieg. Gemeint ist eine Zwangsanleihe aus dem Jahr 1942 von | |
damals 476 Millionen Reichsmark, die das besetzte Griechenland auf Befehl | |
Adolf Hitlers ausgeben musste, um die deutschen Besatzungskosten zu decken. | |
## Hoffnung auf Gespräche | |
Vor dem Staatsbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Athen | |
an diesem Donnerstag erklärte der deutsche Linken-Politiker Gregor Gysi, | |
für dieses Darlehen sei die Bundesrepublik immer noch haftbar, wobei die | |
genaue Höhe der Zinsen im Rahmen von bilateralen Verhandlungen geklärt | |
werden müsse. Als Vorsitzender der deutsch-griechischen | |
Parlamentariergruppe im Bundestag begleitet Gysi den Bundespräsidenten nach | |
Athen. | |
Mutafidis findet, bei der Zwangsanleihe sei der Tatbestand noch viel | |
eindeutiger als bei den anderen Ansprüchen, deshalb liege die Rückzahlung | |
auf der Hand. Insgesamt dürfte Griechenland Ansprüche in Höhe von über 350 | |
Milliarden Euro geltend machen, glaubt der Linkspolitiker. | |
Er könne nur hoffen, dass beim Besuch Steinmeiers in Athen darüber offen | |
gesprochen werde. 2016, erläutert der Abgeordnete, gab das griechische | |
Parlament ein Gutachten zur Frage der Reparationen in Auftrag. Darüber | |
würden die Abgeordneten möglicherweise schon im November debattieren und | |
den Bericht anschließend ratifizieren. | |
Auch Polen hat Reparationsansprüche angemeldet. Auf die Frage, ob es | |
zwischen Athen und Warschau Absprachen dazu gibt, sagt Mutafidis: „Im | |
Sommer habe ich in Athen meinen polnischen Kollegen getroffen, der eine | |
entsprechende Kommission im polnischen Parlament leitet. Ich stellte ihm | |
unseren Bericht vor.“ Doch „eine Abstimmung auf politischer Ebene ist nicht | |
vorgesehen“. | |
11 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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