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# taz.de -- #35C3 über US-Wahlwerbung: Wenn Transparenz nur wenig hilft
> Seit dem Frühjahr veröffentlichen US-Technikfirmen Daten über politische
> Werbung. Ein Forscherteam zeigt, dass diese kaum nützlich sind.
Bild: Hier werden Unsicherheiten erforscht, auch politische: Stand auf dem CCC-…
Leipzig taz | Für den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 gelten unlautere
politische Einflusskampagnen auf Online-Plattformen inzwischen als
nachgewiesen. Unter anderen soll eine russische Agentur, die „Internet
Research Agency“ massenhaft Werbung geschaltet haben – womöglich auf
Anweisung der russischen Regierung. Um ein solches Fiasko bei den
Senatswahlen zwei Jahre später zu vermeiden, veröffentlichten die großen
digitalen Werbekonzerne – Google, Facebook und Twitter – seit dem Frühjahr
Informationen über politische Anzeigenkampagnen.
Inzwischen sind da eine [1][beachtliche Zahl an Daten] zusammengekommen,
berichtet Damon McCoy von der New York University auf dem [2][CCC-Kongress
in Leipzig]: 1,6 Millionen Datensätze von Facebook, 45.000 von Google und
rund 2.000 von Twitter. Die so unterschiedlichen Größenordnungen der drei
Firmen zeigen allerdings auch die größte Schwachstelle ihrer freiwilligen
Transparenz: Es gibt keine einheitliche Definition, keinen einheitlichen
Standard und keinen einheitlichen Zugang zu den Daten. Mit den Datenbanken
könnten zwar gute Akteure kontrolliert werden – schlechte Akteure, die
absichtlich betrügerisch handelten, aber nicht.
So habe Facebook die breiteste Definition dessen, was als politische
Werbung gelte, berichtet McCoy, während Twitter vor allem eine Liste an
politischen Accounts angelegt habe, deren gesponserten Posts dann gemeldet
würden. Andersherum liefere Twitter die umfangreichsten Daten inklusive die
Zahl der Ausspielungen und die vom Anzeigenden definierte Zielgruppe,
während Facebook schon das Auslesen der Daten schwer mache.
Allein deshalb sind tatsächliche Aussagen über Trends in den Daten kaum
möglich. Die Systeme der Firmen haben allerdings auch weit
offensichtlichere Macken: Bei Facebook konnten die Urheber für Anzeigen
einfach erfunden werden und wurden dennoch zugelassen, berichtet McCoy und
verweist [3][auf einen Vice-Artikel], für den Reporter Anzeigen im Namen
von 100 KandidatInnen aufgaben und nicht erwischt wurden. Google sei da
rigoroser, könne aber durch Briefkastenfirmen ebenfalls in die Irre geführt
werden. „Soweit wir das beurteilen können, gibt es bei Twitter nicht mal
eine Person, die zuständig ist“, sagt McCoy. „Oft sind wir es, die neue
politische Kampagnen an Twitter melden.“
## Hauptsächlich Microtargeting
Dennoch haben McCoy und sein Team einige Erkenntnisse aus den Daten
gewinnen können – die vor allem bislang bestehende Thesen bestätigen. „Wir
können sehen, dass ein erheblicher Anteil der Kampagnen weniger als 100
Dollar gekostet haben und wahrscheinlich auf Microtargeting basieren“, so
McCoy. Heißt: Die Anzeigen waren auf sehr kleine Zielgruppen von wenigen
Hundert Menschen ausgerichtet und kosteten entsprechend wenig. Eine weitere
Erkenntnis: Für die Senatswahl Anfang November wurden Informationskampagnen
und Wahlaufrufe nur in Bundesstaaten verbreitet, in denen tatsächlich
gewählt wurde – Spendenaufrufe allerdings im ganzen Land.
In den Datensätzen konnten McCoy und sein Team dann doch einige unlautere
Akteure ausfindig machen. So schaltete der Tabakkonzern Philip Morris unter
dem Namen „Citizens for Tobacco Rights“ („Bürger für Tabakrechte“) An…
auf Facebook, die Gruppe gebe es aber nicht wirklich, sondern sei nur eine
von Philipp Morris betriebene Website. Auch hätten sie eine offenbar
progressive PR-Agentur gefunden, die konservative WählerInnen mit Werbung
in Facebook-Gruppen organisierten, um sie dann mit progressiven Botschaften
zu bombardieren.
McCoy beendet seinen Vortrag mit einem klaren Aufruf: Es müsse mehr Druck
auf die großen Konzerne her, da diese nur darauf reagieren würden. „Ich
habe großen Respekt für die Leute in den Konzernen, die diese Projekte
vorantreiben“, sagt McCoy. „Das sind wahrscheinlich keine besonders
angesehenen Projekte in ihren Firmen.“ Druck von außen könne sie dabei
unterstützen mehr Transparenz herzustellen. Bessere Daten, aber auch zu
mehr Einsatzgebieten: beispielsweise zu Wahlen in Europa, für die es aus
den Konzernen bisher kaum Informationen gibt.
28 Dec 2018
## LINKS
[1] https://engineering.nyu.edu/online-political-ads-transparency-project
[2] /35c3/!t5562040
[3] https://news.vice.com/en_ca/article/xw9n3q/we-posed-as-100-senators-to-run-…
## AUTOREN
Lalon Sander
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