| # taz.de -- Kommentar Golden Pudel Club: Alles ganz normal | |
| > Ein Kontrapunkt gegen die übliche Logik: Der Hamburger Golden Pudel Club | |
| > gehört nun zwei Stiftungen. Schön – aber keine Zeitenwende. | |
| Bild: Der kleine Kläffer am Hafen ist eine erfreuliche Störung des Betriebs | |
| Dass Hamburg die deutsche Hauptstadt ist, also wenigstens in dieser | |
| Hinsicht, das bekommt man gerne mal zu hören: [1][Mehr als 1.400 | |
| Stiftungen], bei der Einwohnerzahl, das ist Spitze! Was man beinahe so oft | |
| aufschnappen kann: Dass in Hamburg-St. Pauli alles anders ist also sonstwo. | |
| Hier spielten die Beatles zuerst, hier hat der Fußball den | |
| [2][Totenkopfflaggenkitsch] entdeckt (und den Antifaschismus wieder), hier | |
| wurde der Erhalt der Hafenstraßenhäuser erkämpft und [3][schwules Theater | |
| zu Mainstreamunterhaltung]. Aber die Rettung, die jetzt der weit über die | |
| Stadt hinaus bekannte Golden Pudel Club bekannt gab: Die war am Ende | |
| vielleicht nicht wegen, sondern trotz St. Pauli möglich. | |
| Mitte der 90er-Jahre verhinderte nachbarschaftliches Engagement hier das | |
| x-te Mischfunktionsgebäude, stattdessen bekam der Stadtteil eine kleine | |
| grüne Oase namens [4][Park Fiction]. Und nebenan fand der Pudel Club ein | |
| festes Zuhause, mehr eine zuvor an verschiedenen Orten in Erscheinung | |
| getretene kreative Zelle als eine bloße Bierschwemme (auch wenn er die | |
| immer gut zu mimen verstand). | |
| War er anfangs sogar mal auf dem Weg, [5][eine Art Marke im | |
| öffentlich-rechtlichen Fernsehen] zu werden, generierte der Pudel dann vor | |
| allem schlechte Nachrichten: Die Eigentümer stritten sich bis vor Gericht | |
| um einen Verkauf – und das Haus [6][brannte plötzlich]. Dass auf dem | |
| Flecken St. Pauli nun doch noch die ganz normale Logik von Investoren und | |
| Projektentwicklern greifen würde: Es schien einzig eine Frage der Zeit. | |
| ## Große Hoffnungen | |
| Umso erfreulicher, dass [7][eine dieser typischen Stiftungen], verpflichtet | |
| „der Förderung der Kunst und Kultur sowie der Bildung und Erziehung zu | |
| annähernd gleichen Teilen“ 2006 die Hälfte aufkaufte und den Streit der | |
| beiden Eigentümer beendete. Am Dienstag nun übertrug auch der andere, | |
| [8][der Entertainer Rocko Schamoni], seinen Anteil an eine Stiftung; die | |
| sich eigens gründete, und in deren Kuratorium nun unter anderem Schamoni | |
| sitzt. | |
| Die Hoffnungen, die sich daran knüpfen, sind groß: „für alle Zeiten dem | |
| Zugriff von Privatinteressen, Spekulationen und Marktbewegungen entzogen“ | |
| sei nun das Etablissement, und „kommende Generationen“ erhielten so einen | |
| Ort „der progressiven Veränderung und kritischen Beobachtung, der sich | |
| immer wieder an sich selbst abarbeitet und der für immer unverkäuflich | |
| bleibt“. | |
| Was man ihnen wünschen möchte, den kommenden Generationen, den heutigen | |
| Betreiber*innen, ihren feiernden Gästen. Der ganzen Stadt tut es gut, wenn | |
| die immergleiche Renditelogik mal Schluckauf bekommt. Tut sie das aber | |
| wirklich? Womit genau verdienen solche Stiftungen ihr Geld, um es dann in | |
| Kunst und Kultur „zu annähernd gleichen Teilen“ zu stecken? Wie viel | |
| schmutziges Geschäft mag durch solches Engagement schon weißgewaschen | |
| worden sein? Und ver-wirtschaften sie sich nicht auch mal, so wie in | |
| Hamburg [9][mancher Wohnstift im ganz normalen Marktgeschehen aufgegangen | |
| ist]? | |
| Was sich da zugetragen hat am Hafenrand, ist eine erfreuliche Störung des | |
| [10][gerne so alternativlos sich gebenden Betriebs]. Dem Pudel ist aller | |
| Erfolg zu wünschen. Aufgehalten aber hat der kleine Kläffer, so steht zu | |
| befürchten, gar nichts. | |
| 21 Dec 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alexander Diehl | |
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