| # taz.de -- Kommentar Scholz’ Kanzler-Ambitionen: Ich bin, also werde ich | |
| > Olaf Scholz bringt sich als SPD-Kanzlerkandidat ins Spiel – und könnte | |
| > damit der Partei schaden. Die Union hat dagegen verstanden, wie es geht. | |
| Bild: Bravo, Selbstbewusstsein ist doch genau das, was der SPD fehlt, könnte m… | |
| Es war fast schon verdächtig, mit welchem Eifer Olaf Scholz sich während | |
| der vergangenen Monate um Beliebtheit bemühte. Wie Rauchzeichen sendete er | |
| für seine Verhältnisse linkspopuläre Forderungen in die Welt: Einen | |
| Mindestlohn von 12 Euro, eine Sicherung des Rentenniveaus bis 2040. | |
| Insofern überrascht es kaum, was Scholz jetzt, fast drei Jahre vor der | |
| nächsten Wahl, im [1][Bild-am-Sonntag-Interview] offenbarte: Er will | |
| Kanzlerkandidat der SPD werden. | |
| Bravo, Selbstbewusstsein ist doch genau das, was der Sozialdemokratie | |
| fehlt, könnte man sagen. Aber das Selbst ist in diesem Fall ja nicht die | |
| Partei, sondern Olaf Scholz, auch wenn er geschickt vorlegte mit der | |
| Formulierung „Die SPD will den nächsten Kanzler stellen“. Nun, Glauben ist | |
| alles für einen Vertreter einer Partei, die nur mehr bei 15 Prozent steht. | |
| Welche Hybris in Bezug auf seine Person aber Scholz’ Vorstoß zugrunde | |
| liegt, zeigt sich darin, dass er sich als aussichtsreichen Kandidaten | |
| sieht: Schließlich habe er laut Umfragen „hohe Unterstützung bei | |
| Bürgerinnen und Bürgern und SPD-Anhängern“. Beim letzten Parteitag landete | |
| Scholz bei 59 Prozent – und in den letzten Umfragen deutlich hinter AKK. | |
| Und das [2][Missmanagement bei G20] in Hamburg wird noch lange an seinem | |
| Namen kleben. | |
| Umso bemerkenswerter, wie Scholz sich als Äquivalent zu Annegret | |
| Kramp-Karrenbauer darstellt – ähnlich wie von ihr als CDU-Vorsitzende werde | |
| von ihm als Vizekanzler erwartet, sich die Kanzlerschaft zuzutrauen. Als | |
| gäbe es keine Andrea Nahles. | |
| ## Die Union hat demonstrativ Frieden geschlossen | |
| Ich bin, also werde ich: Einmal mehr verkörpert Scholz hier die sich selbst | |
| erdrückende SPD, die am notorischsten von allen Parteien Verlässlichkeit | |
| mit Starrköpfigkeit, Fortschritt mit machtpolitischem Erfolg verwechselt. | |
| Da Scholz seinen Vorstoß vermutlich nicht mit Nahles abgestimmt hat, dürfte | |
| die gute Zusammenarbeit an der Parteispitze nun empfindlich gestört sein, | |
| was der SPD nur noch mehr schaden könnte. | |
| Dagegen hat selbst die CSU verstanden, dass mit Streit und Spaltung kein | |
| Staat zu machen ist, und bei ihrer jüngsten Klausur mit der CDU | |
| demonstrativ Frieden geschlossen. | |
| Und die FDP? Beim alljährlichen [3][Dreikönigstreffen] wagte Parteichef | |
| Christian Lindner die steile These, mit seinen Liberalen sei jederzeit zu | |
| rechnen, wenn es darum gehe, „Verantwortung zu übernehmen, um dieses Land | |
| mit zu erneuern“. Natürlich, das hat die FDP ja unlängst bewiesen, als sie | |
| die Koalitionsverhandlungen im Bund und in Hessen platzen ließ. | |
| 2019 verspricht ein abwechslungsreiches Jahr zu werden. Bleibt nur zu | |
| hoffen, dass es an seinem Ende noch eine zweistellige SPD gibt. | |
| 7 Jan 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik-inland/finanzminister-… | |
| [2] /Kommentar-G20-Ausschreitungen/!5426199 | |
| [3] /FDP-Dreikoenigstreffen-in-Stuttgart/!5560818 | |
| ## AUTOREN | |
| Johanna Roth | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| SPD | |
| Kanzleramt | |
| Olaf Scholz | |
| G20-Gipfel | |
| Olaf Scholz | |
| SPD-Basis | |
| Proletariat | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Im Fall eines Wirtschaftsabschwungs: Scholz arbeitet an einem Notfallplan | |
| Die schöne Zeit sei vorbei, sagt der Bundesfinanzminister. Sollte die | |
| Wirtschaftsleistung sinken, sehe er geringere Steuern und Mehrausgaben vor. | |
| Krise der Sozialdemokratie: Meine Mutter, die SPD und ich | |
| Die Mutter unserer Autorin ist seit über 40 Jahren in der SPD. Sie leitete | |
| lange einen Ortsverein, heute ist ihr die Partei fremd geworden. Wie kam es | |
| dazu? | |
| Kolumne German Angst: Die ganz große Kleine-Leute-Koalition | |
| Wir haben die kleinen Leute verlassen, um noch kleinere Leute zu werden. | |
| Und wir haben Sehnsucht – aber wir haben nichts zu bieten. |