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# taz.de -- Landtagswahl im September: Heißer Herbst in Brandenburg
> Am 1. September wählt Brandenburg einen neuen Landtag. Auf einem
> Parteitag bekräftigt die AfD das Ziel, stärkste Partei zu werden.
Bild: Alexander Gauland und Andreas Kalbitz
Eigentlich ist Brandenburgs Wappentier ein roter Adler. Doch als Symbol für
eine Dominanz der Sozialdemokraten in dem Bundesland dürfte das Federvieh
bald nicht mehr herhalten können. Die seit 1990 ununterbrochen regierenden
Sozialdemokraten wirken angeschlagen, und eine Mehrheit für die rot-rote
Regierungskoalition scheint ausgeschlossen. Brandenburg steuert auf eine
der spannendsten Landtagswahlen seit der Wiedervereinigung zu. Es zeichnet
sich schon jetzt ab, dass sich die politischen Kräfteverhältnisse deutlich
verschieben werden.
Die AfD könnte bei der Wahl am 1. September sogar als stärkste Kraft in den
Landtag einziehen. Die Partei stieg am Wochenende in den Wahlkampf ein. Sie
stellte auf einer Hauptversammlung in einem Sporthotel in Rangsdorf ihre
Landesliste zusammen. Die Abstimmung endete am Sonntag nach
Redaktionsschluss. 87 Mitglieder bewarben sich um die 40 Plätze auf der
Landesliste der Partei, die neben den Direktmandaten für den Einzug von
Kandidaten in den Landtag entscheidend ist. Sie stellten sich am Samstag
bei einem Redemarathon auf dem Parteitag den mehr als 300 AfD-Mitgliedern
vor. Die Partei hat in Brandenburg rund 1.600 Mitglieder.
Ambitionen auf die Spitzenkandidatur hatte Landespartei- und Fraktionschef
Andreas Kalbitz. Doch der Parteitag nahm die ursprünglich angesetzte Wahl
des Spitzenkandidaten von der Tagesordnung. Auf Platz eins der Landesliste
wird stattdessen stehen, wer die meisten Stimmen bekommt. In seiner
Bewerbungsrede für die Spitzenkandidatur hatte Kalbitz am Samstag deutlich
gemacht, dass seine Partei auch Regierungsverantwortung übernehmen wolle.
Zum Auftakt hatte der AfD-Bundesvorsitzende und Brandenburger
Ehrenvorsitzende Alexander Gauland seine Partei auf einen Sieg bei der
Landtagswahl im Herbst eingestimmt. „Am 1. September wird es den Wechsel
geben – wir gehen als stärkste Partei in den neuen Landtag“, sagte Gauland
unter dem Beifall der Parteimitglieder. „Wir haben ein klares Ziel: Der
SPD-Filz von mehr als 30 Jahren muss beendet werden.“ Er sprach sich auch
gegen den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung in der Lausitz aus. „Das
Märchen vom menschengemachten Klimawandel glauben wir nicht.“ Kalt- und
Warmzeiten habe es in der Erdgeschichte immer gegeben. „Der Klimawandel ist
natürlich.“
Die SPD wirkt in Brandenburg personell ausgezehrt. Außerdem musste
Ministerpräsident Dietmar Woidke im vergangenen Jahr mit der Kreisreform
ein zentrales politisches Projekt kassieren. Auch den von ihm selbst in
seiner Zeit als Innenminister angeschobenen Personalabbau bei der Polizei
musste er rückgängig machen. Dennoch ist Woidke weiterhin der bekannteste
und populärste Politiker im Land und in der Partei unangefochten.
Auch die mit der SPD regierende Linke steht vor einem schwierigen
Wahlkampf. Eigentlich hatte sie mit Diana Golze eine Spitzenkandidatin
aufgebaut. Doch Golze musste als Gesundheitsministerin nach einem Skandal
um gefälschte Krebsmedikamente zurücktreten. Sie tritt nun nicht mehr zur
Wahl an. Stattdessen sollen die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg und
der Gewerkschaftsfunktionär Sebastian Walter die Partei in den Wahlkampf
führen. Endgültig entscheidet darüber eine Landesvertreterversammlung am
26. Januar. Inhaltlich sorgt derzeit das neue Polizeigesetz für Unmut. Die
Linken hatten die SPD-Pläne für die Gesetzesverschärfung zwar entschärft,
die Novelle insgesamt aber mitgetragen. Nun gibt es deshalb die ersten
Parteiaustritte, wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichteten.
## Grüne im Aufwind
CDU-Partei- und Fraktionschef Ingo Senftleben möchte erklärtermaßen
Ministerpräsident werden. Mit seiner Kampagne gegen die rot-rote
Kreisreform hatte er die Landesregierung erfolgreich unter Druck gesetzt –
nun soll mit der Kampagne gegen Straßenausbaubeiträge Ähnliches gelingen.
Im Falle eines Wahlsieges ist eine Koalition mit der AfD für Senftleben
ausgeschlossen, eine mit den Linken nicht. Entsprechende Überlegungen hatte
Senftleben bereits vor einem Jahr geäußert. Innerparteilich war er dafür
heftig kritisiert worden – auch von Annegret Kramp-Karrenbauer. Kürzlich
bekräftigte Senftleben jedoch seinen Standpunkt in einem Interview mit der
Märkischen Oderzeitung.
Die Grünen gehören derzeit zu den Gewinnern. Sie profitieren vom
Bundestrend. Die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock kommt aus Potsdam und
absolviert wie ihr Co-Vorsitzender Robert Habeck Termine in Brandenburg.
Sie suchen derzeit noch in einer Urwahl ihr Spitzenduo. Fraktionschefin
Ursula Nonnemacher gilt als Favoritin. Auch Landeschef Clemens Rostock und
Ex-Landeschef Benjamin Raschke gelten als aussichtsreich.
Die FDP will im September wieder in den Landtag zurückkehren. Über die
Spitzenkandidatur soll im Februar entscheiden werden. Die Freien Wähler
könnten es hingegen wohl nur in den Landtag schaffen, wenn sie wie 2014 ein
Direktmandat gewinnen und die 5-Prozent-Hürde außer Kraft setzen.
6 Jan 2019
## AUTOREN
Marco Zschieck
## TAGS
Alexander Gauland
Dietmar Woidke
Annalena Baerbock
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Landtagswahl 2019 in Brandenburg
Grüne
Andreas Kalbitz
Annalena Baerbock
Lesestück Recherche und Reportage
Jörg Meuthen
Diana Golze
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