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# taz.de -- Schlägerei in Bayern, Anschlag in NRW: Die populistische Dauerschl…
> Während Bundesinnenminister Seehofer eine Schlägerei in Amberg zum
> Politikum hochjazzt, wird der rassistische Anschlag von Bottrop
> verharmlost.
Bild: Keine rechtsextreme Tat? In Bottrop fuhr ein Mann aus rasstischen Motiven…
Berlin taz | Horst Seehofer hat es wieder getan. Der Bundesinnenminister
und Noch-CSU-Chef hat in der Bild-Zeitung eine neue Variante seiner
altbekannten Leier aufgesagt: „Wenn Asylbewerber Gewaltdelikte begehen,
müssen sie unser Land verlassen. Wenn die vorhandenen Gesetze dafür nicht
ausreichen, müssen sie geändert werden.“
Am Samstag hatten vier Männer zwischen 17 und 19 Jahren im bayerischen
Amberg auf Passanten eingeprügelt. Der Polizei zufolge erlitten zwölf
Personen überwiegend leichte Verletzungen, ein Jugendlicher musste
stationär im Krankenhaus behandelt werden. Bei den mutmaßlichen Tätern
handelt es sich demnach um afghanische, syrische und iranische
Staatsangehörige. Der Staatsanwaltschaft zufolge waren sie „nicht
unerheblich alkoholisiert“. Die Behörde hat Haftantrag unter anderem wegen
gefährlicher Körperverletzung erlassen. Diese liegt unter anderem vor, wenn
die Tat „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“ begangen wurde.
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am Mittwoch, derzeit werde an
gesetzlichen Änderungen zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht für
abgelehnte oder straffällig gewordene Asylbewerber gearbeitet – etwas, das
Seehofer schon in seinem „Masterplan Migration“ im vergangenen Sommer
angekündigt hatte. Die geltende Rechtslage ist ohnehin streng. So können
Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr beziehungsweise Jugendstrafen
von mindestens einem Jahr ohne Bewährung bei Straftaten gegen die
körperliche Unversehrtheit durchaus zum Verlust des Aufenthaltsrechts
führen.
Anders sieht es aus bei der Durchsetzbarkeit; im Fall des Syrers käme eine
Abschiebung derzeit auf keinen Fall in Frage: Diese ist nur möglich, wenn
keine Gefahr für Leib und Leben droht. Anders als die meisten anderen
Bundesländer schiebt allerdings Bayern inzwischen etwa ins Krisenland
Afghanistan ohne Beschränkungen ab. Gut möglich, dass Seehofer genau diese
Stellschraube noch enger ziehen will.
## Massenprügelei in Köln? Alles „friedlich“
Fataler als die populistische Dauerschleife des Innenministers aber ist ein
anderer Aspekt. Wieder einmal wird ein Gewaltdelikt diskursiv hochgejazzt,
weil: die mutmaßlichen Täter Geflüchtete sind. So sind gerade um den
Jahreswechsel herum Körperverletzungen leider traurige Realität. Sie werden
in anderen Fällen aber deutlich anders bewertet.
Die Polizei in Köln und Leverkusen etwa ermittelt nach der Silvesternacht
in 86 Fällen wegen solcher Delikte. Darunter ist auch eine Massenprügelei,
bei der die Beamten Hunde und Pfefferspray einsetzen mussten. Die Bilanz
der Stadt: In Köln konnte „weitgehend friedlich und sicher gefeiert
werden“.
Für Amberg hingegen wählte Seehofer den Begriff „Gewaltexzesse“. Auch
Michael Cerny (CSU), Oberbürgermeister der Stadt, verurteilte die Taten; er
sagte aber auch: „Da melden sich Menschen aus Hamburg und Berlin, die alle
plötzlich meinen, sie könnten die Situation in Amberg einschätzen.“
Dieses inzwischen leider altbekannte Phänomen wird dieser Tage auf eine
traurige Spitze getrieben – und der Fall Amberg quasi gleichgesetzt mit
jener Tat des Autofahrers, der in Bottrop sein Auto aus offenbar
rassistischen Motiven [1][in mehrere Menschenmengen steuerte]. Mit dem
Ziel, zu töten.
## Rassistische Tat in Bottrop verharmlost
Beide Fälle hätten ihn „sehr betroffen“ gemacht, sagte Seehofer. Es gehö…
zur „politischen Glaubwürdigkeit, beide Fälle mit Entschiedenheit und Härte
zu verfolgen“. Auch die Bundesregierung verurteilte beide Fälle
gleichermaßen und betonte, es gebe in Deutschland keinen Platz für
Extremismus und Intoleranz, egal von welcher Seite ein solches Verhalten
komme.
Nun sind betrunkene gewalttätige Männer ein weit verbreitetes Problem,
dessen man sich annehmen muss. Man sollte allerdings meinen, dass sie eine
andere Qualität haben, als wenn jemand in sein Auto steigt und damit
gezielt Menschen töten will, die er in seinem hasserfüllten Weltbild als
„Fremde“ kategorisiert.
Diese sehr unterschiedlichen Fälle in einem Atemzug zu bewerten, ist somit
nicht nur eine überzogene Reaktion auf die Vorfälle in Amberg – es
verharmlost zugleich die rassistische Tat in Bottrop. Aus „eigener
Betroffenheit“ habe der Mann einen „Hass auf Fremde“ entwickelt, sagte
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Die Tat sei im Bereich der
„Allgemeinkriminalität“ einzuordnen, sagte ein Sprecher des
Innenministeriums. Ein strukturelles Rassismusproblem in Deutschland, wo
dieser Tage Drohbriefe mit „NSU 2.0“ unterschrieben werden? Nicht doch.
Und so verwundert es nicht, dass in der Konsequenz lediglich über die
Verschärfung des Asylrechts diskutiert wird. Ob die Attacken eines
Deutschen in Bottrop gesetzliche Änderungen erforderlich machten, sei nicht
abzusehen, hieß es aus dem Innenministerium.
2 Jan 2019
## LINKS
[1] /Rassistischer-Anschlag-in-NRW/!5562475
## AUTOREN
Dinah Riese
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