| # taz.de -- Ex-Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof: „Lügen sind nicht gesc… | |
| > Online-Netzwerke wie Facebook sollen die Gesellschaft nicht „für dumm | |
| > verkaufen“. Das fordert der ehemalige Verfassungsrichter Ferdinand | |
| > Kirchhof. | |
| Bild: Ferdinand Kirchhof bei seiner Entlassung als Vizepräsident des Bundesver… | |
| Triberg taz | „Es ist ja rührend, dass die EU-Kommission die globalen | |
| Player der Informationsgesellschaft mit dem Kartellrecht prüft, aber hier | |
| geht es um Informations- und Meinungsmacht, nicht nur um wirtschaftliche | |
| Macht“, sagte Ex-Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof bei einer Tagung des | |
| Stuttgarter Justizministeriums. Der Staat dürfe nicht zuschauen, wie die | |
| Gesellschaft „für dumm verkauft“ wird. | |
| Bis vor zwei Wochen war Kirchhof [1][Vizepräsident des | |
| Bundesverfassugnsgerichts]. Er war Vorsitzender des für Meinungs- und | |
| Pressefreiheit zuständigen Ersten Senats. Nun diskutierte er auf dem | |
| Symposium „Debatten ohne Grenzen?“ in Triberg. | |
| Die Verbreitung von Lügen sei nicht vom Grundgesetz geschützt, betonte | |
| Kirchhof. „Falsche Tatsachenbehauptungen sind nicht im Schutzbereich der | |
| Meinungsfreiheit“. Der Staat könne daher Online-Netzwerke verpflichten, | |
| keine unwahren Fakten mehr weiterzugeben. Natürlich wolle er kein | |
| Wahrheitsministerium, das mit Verboten arbeitet, aber es gebe auch weichere | |
| Instrumente, etwa Haftungsregelungen. | |
| Soziale Medien [2][wie Facebook] und Suchmaschinen wie Google hätten eine | |
| fast schon staatsähnliche Macht. Sie müssten daher öffentlich-rechtlich | |
| mehr in die Pflicht genommen werdenm, so Kirchhof. „Der Staat muss hier ein | |
| Schutzbedürfnis befriedigen“. | |
| Bisher können sich Plattformen wie Facebook auf das so genannte | |
| Provider-Privileg berufen. Sie müssen Inhalte nicht vorab prüfen. | |
| Rechtswidrige Inhalte müssen sie erst entfernen, wenn sie darauf | |
| hingewiesen werden („notice and take down“). Seit 2017 verpflichtet das | |
| Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) die Plattformen zu einem effizienten | |
| Beschwerdemanagement. | |
| ## Kritik an social bots | |
| Kirchhof hat auch „größte Sympathie“ für den Vorschlag, in sozialen | |
| Netzwerken nur noch Äußerungen mit hinterlegten Namen und Adressen | |
| zuzulassen. „Anonyme Meinungsäußerungen sind feige“, sagte Kirchhof, „w… | |
| ich demonstriere, muss ich auch mein Gesicht zeigen“. | |
| Für problematisch hält Kirchhof zudem social bots, die robotergesteuert | |
| Meinungen verbreiten und so tun, als wären sie Menschen. „Ist das von der | |
| Meinungsfreiheit geschützt? Da habe ich große Zweifel“, so Kirchhof. Hier | |
| werde eine Diskussion durch bloße Quantität manipuliert und so das | |
| Meinungsklima beeinflusst. Social bots könnten daher untersagt werden. | |
| Globale Player könnten verpflichtet werden, dass auf ihren Plattformen nur | |
| reale Menschen agieren. | |
| Christoph Neuberger, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Uni | |
| München, kritisierte Kirchhofs Ansatz. „Große Internet-Plattformen können | |
| nicht wie ein Rundfunksender oder eine Zeitung in die Verantwortung | |
| genommen werden“, sie produzierten schließlich keine eigenen Inhalte, | |
| sondern bieten nur die Plattform für die Inhalte von anderen. Hier könne | |
| der Staat nur Mindesstandards setzen, etwa für Algorithmen, die die | |
| Darstellung von Diskussionsbeiträgen steuern. Social bots sollten nicht | |
| verboten werden, schließlich könnten diese auch positive Aufgaben | |
| übernehmen, etwa die automatische Verbreitung von Erdbebenwarnungen, wenn | |
| Messgeräte anschlagen. | |
| Auch Wolfgang Kreißig, Präsident der Stuttgarter Landesanstalt für | |
| Kommunikation, lehnte es ab, soziale Plattformen wie Inhalteanbieter zu | |
| behandeln. Sie könnten nur verpflichtet werden, niemand zu diskriminieren, | |
| also Interessenten nicht willkürlich auszuschließen. Es genüge, wenn social | |
| bots gekennzeichnet würden, ein Verbot gehe zu weit. | |
| Betina Limperg, die Präsidentin des Bundesgerichtshofs, hofft auf neue | |
| Kräfte aus der Zivilgesellschaft, etwa wenn Medien Internetgerüchte | |
| überprüfen. „Faktenchecks finden junge Leute spannend“. Man müsse | |
| vorsichtig sein, mit dem Staat solche Kommunikationsprozesse zu regulieren. | |
| 15 Dec 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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