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# taz.de -- Das Für und Wider des deutschen Bauern: Alles so zermürbend hier
> Erst Dürre, nun Hochwasserwarnungen – was musste der Bauer nicht alles
> ertragen 2018. Ist Mitleid angebracht? Nein, so unschuldig ist er dann
> auch nicht.
Bild: Bauern haben's nicht leicht, aber …
Den Bauern bleibt wirklich nichts erspart – sie kommen aus dem Klagen nicht
mehr raus. [1][Erst der viel zu trockene Sommer], der die Feldfrüchte zum
Teil gar nicht erst reifen ließ, woraufhin der Bauernverband 1 Milliarde
Euro Bundeshilfe verlangte – [2][und ein Drittel auch bekam]. Und nun –
nach die heilige Benzinversorgung gefährdenden Niedrigpegeln – kommt schon
wieder: Hochwasser.
Wie 2017 wird dazu ein „Hochwasser-Hilfsprogramm“ gefordert, aber noch muss
nicht gezahlt werden: An der Messstelle Ilsenburg im sachsen-anhaltischen
Landkreis Harz wurde zwar schon die erste Alarmstufe ausgerufen, weil der
Pegel in mehreren Flüssen um 30 Zentimeter auf 1,51 Meter gestiegen war,
aber an einigen benachbarten Flüssen rief man keine Alarmstufe aus (die
Stufe 1 bedeutet ein Überschreiten des Richtpegels, bei Stufe 2 muss ein
„Kontrolldienst“ eingerichtet werden, bei 3 beginnt die „Deichverteidigun…
und bei 4 geht zwar nicht die Welt unter, aber die betroffenen Gemeinden).
Das ist jedoch nicht alles, [3][was die Bauern zermürbt]: Bereits 181
Kommunen haben sich, einer Kampagne des BUND folgend, zu pestizidfreien
Zonen erklärt, bei einigen sehen sich die ansässigen Bauern dadurch in
ihrer Existenz bedroht. Sie fordern Entschädigung, quasi eine Kompensation
als unfreiwillige Öko-Bauern – für ihre ohne Gifte nun geringer
ausfallenden Ernten.
Gleichzeitig macht man [4][ihre industriell betriebene Landwirtschaft aber
für das „Bienensterben]“ und überhaupt für das „Insektensterben“
verantwortlich sowie auch für die „Klimaerwärmung“. Der Ökologe Josef
Reichholf meinte kürzlich in einem Interview: „Unsere Massen-Rinderhaltung
in den Ställen trägt ganz erheblich zur Belastung der Erdatmosphäre bei.
Wenn wir sie bilanzieren, mindestens so viel, wenn nicht mehr als der
gesamte Kraftfahrzeugverkehr. Bei dem versucht man allerdings, an den
Schrauben der ausgestoßenen Schadstoffmengen zu drehen. Während die
Landwirtschaft weiter gefördert wird.“
## Mit Supermarktdreck afrikanische Märkte zumüllen
Die Kritik an den armen Bauern, die bloß noch als Stimmvieh für die
Konservativen und Heimattümler gut sind, ansonsten jedoch als Hilfsarbeiter
der Agrarkonzerne dienen, macht auch vor ihrer Ästhetik nicht halt: Ihre
riesigen Freilaufställe außerhalb der Dörfer verschandeln die Landschaft,
und wo das nicht, bauen diese Dumpfmeister überall Mais an: Man fährt auf
den deutschen Landstraßen nur noch durch hochgiftigen Maisdschungel. Dazu
Reichholf: „Die gewaltige Ausweitung des Maisanbaus ist eine Hauptquelle
für das Tierfutter. Die oft von der Landwirtschaft vorgebrachte
Argumentation: Wir müssen ja so produzieren, weil wir so viel verbrauchen,
stimmt nicht.
Es wird gerade in diesem Bereich Fleisch in Massen produziert, das in den
Export geht. Und ich bin nicht der Meinung, dass es Aufgabe der deutschen
Landwirtschaft ist, den viel ärmeren Nationen, die von Natur aus bessere
Weidegründe hätten, auf dem Weltmarkt Konkurrenz zu machen, und das mit
hochsubventionierten Anlagen, die im Hintergrund von den Steuerzahlern
bezahlt worden sind. Außerdem müssen riesige Flächen an Tropenwäldern
gerodet werden, um die uns fehlenden Futtermittel anzubauen. Soja in
Südamerika, Ölpalmen in Südostasien. Es werden also gewaltige Zerstörungen
in fernen Regionen getätigt, ein Verhalten, das – und das muss man in aller
Deutlichkeit sagen – neokolonialistisch ist.“
Die Bauern sind also auch noch üble Kolonialisten – und in der Tat werden
mit ihrem Supermarktdreck die afrikanischen Märkte zugemüllt, gleich neben
unserem Elektronikschrott, den wir dort endlagern.
Es geht jedoch noch weiter: Wenn ihre riesigen Hühner-, Enten- und
Puten-Mastanlagen durch die Vogelgrippe bedroht werden, dann machen ihre
Agrarforscher im Verein mit der Agrarbürokratie prompt die Natur dafür
verantwortlich: „Dann sind es die bösen Zugvögel, die die
Massengeflügelhaltung bedrohen“, schimpft Reichholf, „anstatt zuzugeben,
dass Epidemien die zwangsläufige Folge solcher Massenhaltung sind.“
Das sind die Argumente, mit denen die Bauern zur Schlachtreife gebracht
werden – und das Wetter, das spielerisch zwischen Austrocknen und
Hochwasser hin und her tänzelt, spielt da auch noch mit: diese
opportunistische Drecksau!
12 Dec 2018
## LINKS
[1] /Erntebilanz-nach-Super-Sommer/!5537923
[2] /Antworten-auf-die-Erntebilanz/!5527578
[3] /Bauer-ueber-seinen-Alltag-und-die-Duerre/!5527887
[4] /EU-untersagt-Pestizide-auf-dem-Acker/!5501577
## AUTOREN
Helmut Höge
## TAGS
Landwirtschaft
Dürre
Hochwasser
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Schwerpunkt Klimawandel
Gründer*innentaz
Dürre
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
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