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# taz.de -- Linksbündnis in Sachsen: Keine Chance von Links
> Auch manche Linke sind froh, dass ein Linksbündnis die CDU nicht ablösen
> können wird. Doch Schwarz-Rot bekommt wohl keine Mehrheit mehr.
Bild: Michael Kretschmer (CDU) ist auf der Suche nach Partnern
Dresden taz | Bleiben neue linke Mehrheiten im Stresswahljahr 2019 eine
Illusion? Bei den Landtagswahlen im Frühherbst des neuen Jahres gilt es ja,
[1][Rot-Rot-Grün in Thüringen] und Rot-Rot in Brandenburg zu verteidigen –
sofern man die SPD noch als linke Partei ansieht. Alle Wahljahre wieder
stellt sich hingegen in Sachsen die Frage, ob die Ablösung der seit 1990
regierungsführenden CDU überhaupt eine Option ist.
Die Führungsrolle der CDU scheint geradezu in der Landesverfassung Sachsens
verankert. Bis 2004 regierte sie mit absoluter Mehrheit, dann zweimal mit
der SPD, zwischendurch ab 2009 für fünf Jahre mit der FDP. Doch sowohl die
Uneinigkeit der in Frage kommenden Parteien als auch die Umfragen lassen
einen Machtwechsel kaum zu.
Ein Dreivierteljahr vor der sächsischen Landtagswahl am 1. September
spekuliert niemand gern schon jetzt über kommende Koalitionen. Der Sinn von
Lagerwahlkämpfen ist ohnehin umstritten. Aber das strategische Ziel einer
Ablösung der CDU, den Willen zur Macht könnten die potenziellen Partner
doch zumindest formulieren und darauf hinarbeiten?
Die AfD macht es ungeachtet ihrer Erfolgsaussichten vor und erklärt die
Absicht einer Regierungsübernahme, wie jüngst von Bundestagsfraktionschef
Alexander Gauland bekräftigt. Nachdem sie zur Bundestagswahl 2018 mit der
Union im Freistaat fast gleichgezogen hatte, liegt die AfD in Umfragen zwar
bei maximal 24 Prozent und damit fünf bis sechs Punkte hinter der CDU. Aber
Frechheit siegt bekanntlich.
Von der ist verbal höchstens bei Linken und Grünen etwas zu spüren, während
die SPD als aktueller Koalitionspartner der Union ohnehin nicht auf die
Pauke hauen kann. Die Sozis können angesichts der prognostizierten 11
Prozent Wählerstimmen nicht einmal den Minimalehrgeiz der linken
Opposition aufbringen, mit der AfD um den zweiten Platz in der Wählergunst
nach der CDU zu ringen.
Vor dem Landesparteitag der Linken am 8. Dezember gab die aus Dresden
stammende Bundesvorsitzende Katja Kipping zwar die Devise aus, „die CDU
abzulösen und zumindest Platz zwei zu verteidigen“. Aber weder in der Rede
von Landtagsfraktionschef Rico Gebhardt noch im verabschiedeten Leitantrag
zur Landtagswahl war in einem einzigen Satz vom Willen zu einer
Regierungsübernahme die Rede. Bei 18 Prozent Wähleranteil hat sich die
sächsische Linke gemütlich in der Oppositionsrolle eingerichtet, beschränkt
sich auf Verbalattacken und Hinweise, was man besser machen könnte.
## Es riecht nicht nach Schmusekurs
Vielmehr scheint es das Selbstbewusstsein der Linken zu kräftigen,
überhaupt als theoretischer Koalitionspartner der CDU ins Spiel gebracht
worden zu sein. Denn die derzeit bestehende schwarz-rote Koalition wird mit
höchstens noch 41 Prozent ihre Mehrheit absehbar verlieren. Stolz kann es
Rico Gebhardt ablehnen, „auf der Auswechselbank der CDU zu sitzen“. Und
wenn man überhaupt dieses Spielfeld betreten wolle, müssten die Spielregeln
neu verhandelt werden.
Gern auf der „Auswechselbank“ sitzen würden durchaus die Grünen, die im
September zweistellig abschneiden und damit ihr knappes Ergebnis von 2014
verdoppeln wollen. Aber auch hier hört und liest man Widerspruchsvolles. Im
Mai hatte der Landesverband mit Jürgen Kasek einen der beiden
Landesvorsitzenden abgewählt, der eine Hassfigur der Rechten war und selbst
den eigenen Leuten als „zu Antifa-nah“ galt. Landtagsfraktionsvorsitzender
Volkmar Zschocke, der sich 2014 im Streit mit seiner Vorgängerin Antje
Hermenau um eine allzu deutliche Annäherung an die CDU noch durchgesetzt
hatte, resignierte Ende Mai.
Nach Schmusekurs gegenüber den Christdemokraten riecht es dennoch nicht. Im
August verkündeten die neuen Landeschefs Christin Melcher und Norman Volger
die Absicht eines Machtwechsels und ihre Bereitschaft, mit allen
„modernisierungswilligen Kräften“ ins Gespräch zu kommen. Das klang dann
bei ihrem Novemberparteitag nicht mehr so eindeutig. Aber zum ersten
Jahrestag des Amtsantritts von [2][Ministerpräsident Michael Kretschmer] im
Dezember zerpflückte dann die Landtagsfraktion regelrecht die Arbeit eines
Mannes, den die Grünen doch in einer denkbaren CDU-SPD-Grünen-Koalition
wieder zum Regierungschef wählen müssten.
## SPD hält Linke für nicht regierungsfähig
Wie die Grünen verzeichnet auch die SPD in Sachsen einen Mitgliederzuwachs.
Aber auf den Zustand dieser Partei angesprochen zu werden, löst bei den
Mitglieder in der Regel allergische Reaktionen aus. Die stellvertretende
Landtags-Fraktionsvorsitzende Hanka Kliese beobachtet eine gewisse
Erleichterung, dass man sich wegen der momentanen rechnerischen
Unmöglichkeit der Frage eines Linksbündnisses wie in Thüringen nicht
stellen muss. Auf die gibt es im Landesverband seit Langem geteilte
Antworten.
Vor allem unter den Mitgliedern in den noch aktiven Ortsverbänden der guten
alten Tante SPD hält sich hartnäckig der Wunsch, nicht in der Rolle des
ewigen Mehrheitsbeschaffers und Juniorpartners der Union stecken zu
bleiben. „Es müsste auch in Sachsen eine Mehrheit jenseits der CDU geben“,
lässt der neue Generalsekretär Henning Homann, der zum linken
SPD-Parteiflügel gezählt werden darf, ebenfalls seinen Gefühlen zunächst
freien Lauf. Und doch muss er dem Satz seines Parteivorsitzenden Martin
Dulig auf dem Landesparteitag im Oktober zustimmen: „Wenn es 2019 keine
rechte Regierung geben soll, dann bleibt für eine progressive
Regierungspolitik nur die Regierungsbeteiligung einer progressiven Partei
wie uns!“ „Jede Stimme für die Linkspartei statt für uns ist indirekt eine
für die AfD“, schlussfolgert Homann unter diesen Prämissen.
In der SPD wird die Linke auch nicht für regierungsfähig gehalten. „Rico
Gebhardt ist nicht Bodo Ramelow“, zieht Henning Homann den Vergleich der
Spitzenkandidaten in Sachsen und Thüringen. So bleiben vorerst bestenfalls
überparteiliche gemeinsame Projekte wie der Volksantrag zur
Gemeinschaftsschule. Und die gemeinsame Warnung, die CDU könnte der
Versuchung einer Koalition mit der AfD doch noch erliegen.
2 Jan 2019
## LINKS
[1] /Rot-Rot-Gruen-in-Thueringen/!5030481
[2] /Kommentar-Sachsens-Ministerpraesident/!5531210
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Michael Kretschmer
CDU
Sachsen
Koalition
CDU-Parteivorsitzende
Novemberpogrome
Schwerpunkt Neonazis
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