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# taz.de -- Die Wahrheit: Duhn wie Witwe Bolte
> Das Beste an der Vorweihnachtszeit sind die Sonderangebote für Alkohol.
> So lässt sich die grinch-harte Zeit ausgezeichnet überstehen.
Bild: Ein Hü und Hott: Vor Weihnachten herrscht schwerer Lieferverkehr an alle…
Habe jüngst den neuen Grinch-Film gesehen, in dem der Grinch, jedenfalls
auf Deutsch, ein bisschen ostfriesisch klingt, weil Otto Waalkes ihn
spricht.
Die Handlung ist bekannt aus den Dr.-Seuss-Büchern und diversen filmischen
Vorgängern: Der Grinch hasst Weihnachten, hasst die Harmonie, das Gesinge
und Beschenke, Apfel, Nuss und Mandelkern. Er fährt darum mit seinem
niedlichen Hündchen Max nach Whoville, dem Nachbardorf, um den dort
lebenden immerfreundlichen Whos Weihnachten zu stehlen. Das klappt zunächst
ganz gut, aber dann stellt der Grinch fest, dass die Whos unbeirrt auch
ohne den Konsumterror Weihnachten feiern, und er gibt alles wieder zurück:
die rot-weiß gestreiften Zuckerstangen, die Geschenke, den ganzen Schmu.
Ein kleines Who-Mädchen erweicht zudem das harte Grinch-Herz und lädt ihn
zum gemeinsamen Schmausen ein.
Eigentlich bietet sich der Grinch, schon weil er die Hauptperson im Film
ist, als Identifikationsfigur an. Aber ich muss mich wohl eher mit den Whos
verbünden. Denn ich bin kein Weihnachtsmuffel. Im Gegenteil, ich freue mich
quasi schon seit Ende August auf das Fest. Am besten finde ich die vielen
Alkohol-Angebote, die es momentan gibt. Kein Tag vergeht, ohne dass mir
Werbung von Discountern und Weinhändlern mit Spezialpreisen für den Wein
„zum Festtagsessen“, Begleitgetränke für „die schönste Zeit im Jahr“…
Spirituosen wie Rum oder Korn „für die Partyseason“ ins Haus flattern. Das
Zeug kostet weniger als Klopapier.
Zwischen Oktober und Januar ist anscheinend kein einziger nüchterner Tag im
Leben der meisten Menschen geplant. In der vorigen Woche habe allein ich
einen Bier- und drei Schnaps-Adventskalender verschenkt, mit dem
Versprechen der Beschenkten, die Türchen wirklich gleich morgens auf
nüchternem Magen zu leeren.
Mit Beginn der Adventszeit habe ich außerdem angefangen, statt dem üblichen
Cappuccino morgens einen Eggnog zu zischen – der Effekt ist erstaunlich.
Die warme Rum-Sahne hält ziemlich lange vor, man braucht im Prinzip erst
wieder abends auf dem Weihnachtsmarkt etwas Glühwein nachzuschütten.
Leider habe ich aber auch in diesem Jahr meinen Plan noch nicht
verwirklichen können, in eine findige Winzerfamilie einzuheiraten und einen
deutschen Sekt aus den Rebsorten Chardonnay, Pinot Meunier und Pinot Noir
zu kreieren, der wie guter Champagner schmeckt, jede Weihnachts- und
Silvesterfeier aufwertet und den Namen „Veuve Bolte“ tragen wird.
Ich sehe das Etikett direkt vor mir, von dem die Witwe mit der Schleife auf
dem Kopf verschlagen lächelt, und ich bin sicher, dass es mir gelingen
wird, mich mit Wilhelm Buschs Erben zu einigen. Zu hoffen ist natürlich,
dass auch unter seinen Urheberrechteinhabern der eine oder andere Saufaus
zu finden ist. Mit dem trinke ich einfach auf Weihnachten, dann ist der
Vertrag so gut wie unterschrieben. Im Saufen sind wir Deutschen schließlich
top.
7 Dec 2018
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Weihnachten
Alkohol
Rosé
Schwerpunkt #metoo
Oliver Kahn
Paketdienste
Holy Shit Shopping
Katholische Kirche
Mieten
Stimme
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