# taz.de -- Keine Mietminderung bei Schimmelgefahr: Lüften, lüften, lüften | |
> Wer eine alte Wohnung mietet, hat keinen Anspruch auf Dämmung, urteilt | |
> der BGH. Mieter müssen entspechend häufiger die Fenster öffnen. | |
Bild: Die Gefahr von Schimmelbildung in der Wohnung ist kein Mangel | |
BERLIN taz | Mieter haben keinen Anspruch auf eine gedämmte Wohnung ohne | |
Schimmelgefahr. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof und hob ein | |
entsprechendes Urteil des Landgerichts Lübeck auf. Wer eine Altbauwohnung | |
mietet, hat auch künftig keinen Anspruch auf Neubaustandards. | |
Konkret ging es um zwei Mietwohnungen in Glinde (Schleswig-Holstein). Die | |
Wohnungen waren 1968 und 1971 gebaut worden. Damals war noch keine Dämmung | |
vorgeschrieben. Dementsprechend wiesen sie an den Außenwänden | |
„Wärmebrücken“ auf, was zur Kondenswasserbildung führen kann. Die Mieter | |
warnten vor Schimmelgefahr, ein Gutachter bestätigte dies. | |
Das Landgericht Lübeck gewährte den Mietern eine Mietminderung in Höhe von | |
10 bis 20 Prozent sowie Anspruch auf 12.000 Euro Kostenvorschuss, um eine | |
wirksame Innendämmung in Auftrag zu geben. Auch ohne [1][konkretes | |
Auftreten von Schimmel] sei die Wohnung mangelhaft. Es gehöre zum | |
„Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“, dass keine Schimmelgefahr besteht. | |
Es sei den Mietern auch nicht zuzumuten, zur Vermeidung von Schimmel öfter | |
als zweimal täglich je 10 Minuten zu lüften. | |
Der Vermieter, die Wohnungsgesellschaft Buwog, hielt das für falsch. „Falls | |
der BGH den Lübecker Maßstab übernimmt wären rund fünfzig Prozent aller | |
deutschen Mietwohnungen mangelhaft“, warnte der Buwog-Anwalt Arne Quast. | |
## Wer viel duscht, muss viel lüften | |
Der BGH hob das Lübecker Urteil nun aber auf, es sei „ersichtlich | |
rechtsfehlerhaft“ und gehe von einem falschen Mangelbegriff aus. | |
Stattdessen bestätigte der BGH seinen bisherigen Maßstab: „Eine Wohnung ist | |
nicht mangelhaft, wenn sie im Einklang mit den damals geltenden | |
Bauvorschriften errichtet wurde“, erklärte die Vorsitzende Richterin Karin | |
Milger. | |
Es sei auch „nicht unzumutbar“, wenn die Mieter zur Vermeidung von Schimmel | |
zweimal am Tag 15 Minuten stoßlüften oder dreimal am Tag 10 Minuten | |
stoßlüften müssen. Diese Werte hatte ein Gutachter des Lübecker Gerichts im | |
konkreten Fall für erforderlich gehalten. Das Lüftungsverhalten, das von | |
Mietern verlangt werden kann, hänge ganz vom Einzelfall ab, betonte | |
Richterin Milger. „Wer viel duscht, muss auch viel lüften“, hatte sie in | |
der Verhandlung erklärt. | |
Milger betonte, dass die vom Landgericht Lübeck geforderte | |
Rechtsfortbildung für die Mieter nicht unbedingt positiv gewesen wäre. | |
„Wenn die Schimmelgefahr ein Mangel ist, dann haben die Mieter Anspruch auf | |
eine gedämmte Wohnung. Die Außendämmung einer Wohnung kann aber schnell | |
40.000 Euro kosten“, rechnete die Richterin vor, „das sind Summen, die als | |
Modernisierungskosten dann auf die Miete umgelegt werden könnten.“ | |
Für Mieter alter Wohnungen sei es wohl günstiger, so die BGH-Richterin | |
Milger, regelmäßig zu lüften, [2][als eine deutlich höhere Miete wegen | |
Modernisierung zu zahlen]. Schimmel in der Wohnung ist unschön, aber in der | |
Regel nicht akut gesundheitsgefährdend. Ausnahmen gelten allerdings | |
teilweise für Allergiker und Menschen mit schwachem Immunsystem, etwa | |
Krebspatienten. | |
5 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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