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# taz.de -- Interview zu Immobiliengeschäften: „Ein beliebtes Anlagespiel“
> Anonyme Immobilienfirmen mit Sitz in Steueroasen sind ein Problem, das
> auf EU-Ebene gelöst werden muss, sagt Reiner Wild vom Berliner
> Mieterverein.
Bild: Mit Immobilien sind in Berlin leider immer noch gute Geschäfte zu machen.
taz: Herr Wild, die gekündigte Neuköllner Kollektivkneipe Syndikat ist bei
der Suche nach ihrem wahren Hauseigentümer auf den britischen
Immobilienkonzern Pears Global gestoßen. Kennen Sie den?
Reiner Wild: Nein.
Wundert Sie, dass niemand ein Unternehmen kennt, dem nach eigenen Angaben
6.000 Wohnungen in Berlin gehören?
Nein, weil wir im täglichen Kleinkrieg oft nur mit Unterfirmen zu tun
haben. Viele haben als Bezeichnung nur die Adresse der Wohnlage, etwa
„Sprengelstraße 15 GmbH und Co KG“.
Wieso suchen Immobilienkonzerne die Anonymität?
Es kann damit zu tun haben, dass wie bei Pears Familien dahinterstehen, die
das Licht der Öffentlichkeit scheuen, weil mit ihren finanziellen
Transaktionen Nachteile für andere verbunden sind. Die wollen auch aus
Schutzgründen nicht in die Öffentlichkeit.
Kann auch Geldwäsche eine Rolle spielen?
Das ist nie ausgeschlossen. Der Einfluss von Geldwäschegeschäften im
Immobiliensektor ist nicht gering, auch auf dem deutschen und Berliner
Markt. Leider ist der Nachweis extrem schwierig.
Was ist das Problem für MieterInnen, wenn sie ihre Eigentümer gar nicht
kennen?
Wenn eine Firma mietvertraglich in der Verantwortung ist, kann sie von den
Mietern belangt werden. Wenn sich ihr Sitz im Ausland befindet, wird es
problematisch. Ansprüche sind dann schwer durchzusetzen, auch für das Land
Berlin, etwa bei der Verfolgung von Zweckentfremdung. Das ist in der EU
nicht zufriedenstellend geregelt. Problematisch ist zudem, dass solche
Investoren ein starkes Interesse an der schnellen Refinanzierung des
eingesetzten Kapitals und sehr hohe Renditeerwartungen haben.
Pears betreibt Briefkastenfirmen in Luxemburg, die dann als Eigentümer
auftreten. Warum machen die das?
In der Regel werden Firmensitze in Luxemburg, auf den Kanalinseln oder in
Singapur aus steuerlichen Gründen gewählt. Die Vergünstigungen bei der
Besteuerung von Immobilienbewirtschaftung dürften hier ausschlaggebend
sein.
Sieht man das häufiger?
Ja. Seit der Finanzkrise 2008 ist die Investition in den Immobiliensektor
ein beliebtes Anlagespiel der Finanzindustrie.
Was könnte der Staat tun?
Grundbücher müssen transparent sein. Jeder soll sehen können, wer
Eigentümer eines Gebäudes ist. Das könnte man im EU-Rahmen regeln. Darüber
hinaus wollen wir eine grundlegende Veränderung des freien Finanzverkehrs
in Europa. Immobilieneigentum ist in Deutschland für niemanden beschränkt.
Das geht anders, und wir wollen es zum Thema im EU-Wahlkampf machen. Freier
Finanzverkehr bringt der Gesellschaft mehr Nach- als Vorteile.
Das Syndikat-Kollektiv will die Mieter von Pears vernetzen und etwa mit
einer Kundgebung vor dem Firmensitz am Donnerstag Anonymität durchbrechen.
Ist das sinnvoll?
Auf jeden Fall. Auch um in der Politik Unterstützung für mehr Transparenz
zu bekommen.
22 Nov 2018
## AUTOREN
Erik Peter
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