# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Nach Toren wie diesen | |
> Der Fußball schafft Unsterblichkeit, doch er verlangt dafür Gelassenheit. | |
> Ein echtes Problem für Bayern-Präsident Uli Hoeneß. | |
Bild: Uli H., Choleriker | |
Die Unsterblichkeit muss wahrhaftig ein höchst angenehmes Gefühl sein; | |
besonders solange man noch lebt“, schrieb Theodor Herzl im Jahr 1895 in | |
„Das Palais Bourbon“. Das Wesen des Fußballs ist die Unsterblichkeit. Nicht | |
der Akteure, natürlich, sondern der Idee des Spiels an sich und seiner | |
einzelnen Bestandteile, also der Vereine. | |
Nun ist es keinesfalls so, dass ein Fußballklub zu sein ewiges Leben | |
garantiert, aber man muss sich schon ziemlich viel Mühe geben, so einen | |
Verein wirklich totzukriegen, und außerdem sind tote Fußballvereine ja | |
vielleicht auch gar nicht wirklich gestorben, sondern bloß in irgendeinen | |
bislang unbekannten Aggregatzustand übergegangen, wofür jedenfalls die | |
Tatsache spricht, dass sie auch noch nach Jahrzehnten wiederbelebt | |
beziehungsweise wiedergegründet werden können. Und praktisch sofort damit | |
weitermachen, was sie zuletzt getan hatten, also im Großen und Ganzen mäßig | |
erfolgreich vor sich hin zu dümpeln und von einer überschaubaren Anzahl | |
Menschen dafür geliebt zu werden. | |
Insofern sind die Reaktionen speziell von Uli Hoeneß auf die jüngsten | |
Versagereien des FC Bayern München zwar gewohnt unterhaltsam, aber | |
gleichzeitig auch ein wenig übertrieben, denn der Verein liegt nicht im | |
Sterben, sondern hat bloß ein paarmal nicht gewonnen. | |
Obwohl, 3:3. Gegen Düsseldorf. Nach einer komfortablen 3:1-Führung. Zu | |
Hause. Und alle Gegentreffer von Dodi Lukebakio. Das ist schon ein bisschen | |
wie Totsein. Andererseits: Wenn er jetzt schon so ungehalten ist, wie soll | |
das erst werden, wenn der FCB irgendwann einmal absteigt? Natürlich wird | |
das in absehbarer Zeit nicht der Fall sein, aber einerseits weiß man ja nie | |
und andererseits dauert so ein unsterbliches Klubleben ja nun einmal | |
wirklich ausgesprochen lang. Sodass es nicht ausgeschlossen ist, dass eines | |
Tages der Bayern München zum HSV in die zweite Liga absteigt. Nach einem | |
packenden Abstiegsduell gegen, sagen wir: den MSV Duisburg, der in der | |
folgenden Saison übrigens Deutscher Meister werden wird, aber das ist eine | |
andere Geschichte. | |
Jedenfalls, es wäre, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, so doch immerhin | |
möglich, dass der FCB irgendwann einfach nicht mehr erfolgreich ist. Und | |
wir alle dann zwar nicht mehr atmen und interessante Phasen der Verwesung | |
durchlaufen, aber Uli Hoeneß immer noch da ist. Könnte ja sein. | |
## Praktikum bei Versagerklubs | |
Was will der Mann dann erst schimpfen, wenn er jetzt schon so empört ist? | |
Vielleicht wäre ein verpflichtendes Praktikum von Managern notorisch | |
erfolgreicher Vereine bei gewohnheitsmäßigen Versagerklubs eine gute Idee. | |
Nicht um denen beizubringen, wie man erfolgreich wird, nein, nein, wie das | |
geht, wissen die zumindest theoretisch schon selber, so schwer ist der | |
Grundsatz „Mach Geld, mach mehr Geld und dann kauf damit alles, was gut | |
kicken kann“ ja nun wirklich nicht zu verstehen. Sondern das Praktikum | |
diente der Erlernung von Gelassenheit. Die kann man schließlich immer | |
gebrauchen, zumal wenn man nicht vor lauter Aufregung irgendwann tot | |
umfallen möchte, was ja auch immer kein schöner Anblick ist. | |
Aber wir waren bei der Unsterblichkeit und bei Herzl und bei diesem 3:3 und | |
bei Dodi Lukebakio, der sich vermutlich nach dem Abpfiff wie in einem | |
Märchen fühlte. Endlich mal, nachdem er 2016 zwar vom FC Toulouse | |
verpflichtet worden war, dort aber nicht spielen durfte, weil der Verein | |
sich vertan hatte und einfach davon ausgegangen war, dass er die belgische | |
Staatsangehörigkeit hätte. | |
Hatte er damals nicht, weswegen Lukebakio als fünfter Nicht-EU-Ausländer | |
nicht für Toulouse auflaufen durfte. Aber nun ist er unsterblich, | |
jedenfalls für alle, die sich immer sehr darüber freuen, wenn die Bayern | |
mal nicht gewinnen, und das außerdem noch zu Lebzeiten, was ganz sicher das | |
angenehme Gefühl ist, das Herzl meinte. | |
25 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Elke Wittich | |
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