| # taz.de -- Siemens investiert in Berlin-Spandau: „Wir müssen Milieuschutz e… | |
| > Die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg warnt vor steigenden Mieten in | |
| > Spandau. Gerade dort sollten die Menschen geschützt werden. | |
| Bild: „Smart Cities sind in der Regel ziemliche Ufo-Landschaften“, sagt Kat… | |
| taz: Frau Gennburg, Siemens will in Spandau bis 2030 einen neuen Stadtteil | |
| aufbauen, mit Wohnungen und Jobs. Eine gute Nachricht? | |
| Katalin Gennburg: Zunächst mal würde ich die Freude zurückstellen und | |
| abwarten, was Siemens tatsächlich machen will. Die bisherigen Ankündigungen | |
| sind ja noch sehr offen. | |
| Was ist Ihre Befürchtung? | |
| Siemens hat angekündigt, eine Smart City zu bauen. Wir kennen solche | |
| privaten Projekte aus Toronto oder anderen Städten, wo große Tech-Konzerne | |
| Niederlassungen planen plus Unterbringung ihrer Mitarbeiter. Das sind in | |
| der Regel ziemliche Ufo-Landschaften, Oberschichts-Siedlungen ohne | |
| Anbindung. Die Frage ist: Wie will man das neue Viertel in den jetzt schon | |
| vorhandenen Stadtteil einfügen? Vor allem müssen wir kritisch gucken, was | |
| Siemens an sozialer Infrastruktur zu bieten hat. | |
| Es sollen 200.000 Quadratmeter Wohnraum entstehen, davon 30 Prozent für | |
| Sozialwohnungen. | |
| Das wäre der ganz normale Schnitt, der für alle privaten Bauherren in | |
| Berlin gilt. Insofern wäre das keine besonders soziale Tat. Siemens ist in | |
| der Siemensstadt über viele Jahre nicht in Erscheinung getreten, als es um | |
| eine Sozialpolitik für die Leute ging, die mal bei dem Unternehmen | |
| gearbeitet haben. Siemens geht es vor allem um die Investition. Was aber | |
| passiert mit den Menschen in Spandau, die noch in günstigen Wohnungen | |
| leben, wenn dort jetzt ein Innovationscampus entstehen soll? | |
| Bisher sind die Mieten in Spandau tatsächlich eher niedrig. Was können | |
| Bezirk und Senat tun, um Verdrängung zu verhindern? | |
| Wir müssen jetzt sofort den Milieuschutz für Siemensstadt einführen. So | |
| eine Großinvestition hat enorme Folgeeffekte, etwa für die | |
| Bodenspekulation. Die Grundstückspreise in Spandau werden nach der | |
| Siemens-Ankündigung weiter steigen. Deshalb sollte man sofort die Situation | |
| der Leute sichern. | |
| Die Grundstücke, auf denen gebaut werden soll, gehören Siemens bereits. | |
| Generell wollen wir beim Wohnungsbau eine Vielfalt der Bauträger, die | |
| sollte es auch in Siemensstadt geben. Man muss jetzt hart mit Siemens | |
| verhandeln. Es ist wichtig, dass Genossenschaften und die städtische | |
| Wohnungsbaugesellschaften zum Zuge kommen, etwa indem man Grundstücke über | |
| das Erbbaurecht überträgt. | |
| In Kreuzberg gab es zuletzt viele Proteste gegen die Ansiedlung von Google, | |
| der Konzern erklärte vergangene Woche seinen Rückzug. Sind auch in Spandau | |
| Proteste zu erwarten? | |
| Kreuzberg ist schon ein besonderes Pflaster, das eignet sich nicht für ein | |
| Silicon Valley an der Spree, Google hat es darauf angelegt und die Quittung | |
| bekommen. Ob es in Spandau auch zu solchen Protesten kommt, kann ich nicht | |
| einschätzen. Das hängt sicherlich auch von den konkreten Plänen ab. Ich | |
| habe Sorge, dass Siemens die neuesten Techniken der smarten Hausautomation | |
| verbauen will und die Leute dafür teure Mieten zahlen müssen. Wir brauchen | |
| aber leistbaren Wohnraum, und wir wollen die AnwohnerInnen einbeziehen. | |
| Gerade in Spandau ist das wichtig. | |
| Wieso? | |
| Spandau ist schon jetzt eine Art Knautschzone. Aus Falkensee, wo ich | |
| aufgewachsen bin, wurden 80 Prozent der Menschen nach Spandau verdrängt, in | |
| den letzten Jahren kamen die Verdrängten aus der Innenstadt dazu. Der | |
| Stadtteil liegt also zwischen aufgewerteter Innenstadt und aufgewerteter | |
| Außenstadt. Man muss Spandau jetzt mit viel Sorge und Liebe weiter | |
| entwickeln, damit nicht die Leute unter die Räder kommen, die schon | |
| woanders unter die Räder kamen. | |
| 31 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Antje Lang-Lendorff | |
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