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# taz.de -- Ausstellung in Hamburg: Viel zu tun für uns
> Die Ausstellung „Out of Office“ im Museum der Arbeit will die Folgen von
> Roboterisierung und künstlicher Intelligenz erlebbar machen, nicht nur in
> der Arbeitswelt.
Bild: Kann tanzen und Roboter-Fußball wie kein anderer seiner Art: Roboter Nao…
Hamburg taz | Klar und verständlich ist die Stimme, mit Rhythmus und
Betonung klappt es auch schon ganz gut. Aber irgendwas fehlte Pepper noch,
als sie jetzt in Hamburg ein Gedicht rezitierte. Irgendwie wirkte das
seelenlos – trotz ihres niedlichen Kopfes mit den großen Augen und der
kindlich hohen Stimme. Und trotz ihres im Vergleich zu Artgenoss*innen
erstaunlich hohen Entwicklungsstandes: Pepper ist der „erste persönliche,
zu Emotionen fähige Roboter der Welt“, behaupten ihre Entwickler*innen vom
französischen Roboterhersteller Aldebaran Robotics und dem japanischen
Medienkonzern Softbank Mobile.
Am 5. Juni 2014 erblickte Pepper in einer [1][medienwirksamen „Erweckung“]
bei Tokio das Licht der Welt – durch zwei HD-Kameras und einen
3-D-Abstandssensor. Irgendwann soll sie eine kompetente „Roboter-Gefährtin“
sein, aber vorerst traut man ihr nur Verkäuferin und Beraterin zu: In Japan
verkauft sie [2][Kaffeeautomaten] für Nestlé, im brandenburgischen Wildau
führt sie seit März zweieinhalb Stunden täglich [3][durch die Bibliothek]
der örtlichen Technischen Universität – beobachtet von Entwicklerteams.
Sobald das Sicherheitskonzept fertig ist, an dem laut der Hochschule
„intensiv gearbeitet“ werde, soll Pepper den Job in Vollzeit machen, also
24/7.
So ganz trauen die Wildauer Verantwortlichen Peppers kommunikativen
Fähigkeiten also noch nicht, dabei analysiert sie schon jetzt Mimik,
Gestik, Wortwahl und die Lautstärke ihres Gegenübers, um dessen emotionale
Grundstimmung zu erkennen und angemessen zu reagieren. Jenseits des
Technischen: Ganz grundsätzlich traut man einer Roboterin wohl auch gar
nicht zu, im wirklichen Sinne emotional zu sein. Und wenn doch: Wie steht
man dazu eigentlich, rational, aber eben auch emotional – wie wir Menschen
nun mal sind? Oder sind wir gar nicht so? Sind es die Maschinen auch? Und
wo führt uns das alles eigentlich noch hin?
Das sind einige der Fragen, die im Anschluss an Peppers Auftritt nun ein
halbes Jahr lang im Hamburger Museum der Arbeit im Raum stehen. Das
Gedicht, das sie da vortrug zur Eröffnung der Sonderausstellung „Out of
Office. Wenn Roboter und KI für uns arbeiten“, stammt übrigens vom
Schweizer Lyriker Hans Manz. „Die Wahl“ heißt es und variiert immer wieder
dieselben Worte: „Mensch“ und „Menschen“, „Maschine“ und „Maschin…
„mehr“ und „weniger“, „und“ und „um“, „zu sein“ und „mach…
machen Maschinen“, beginnt es und endet: „Mehr und mehr Menschen machen
Maschinen, / um mehr und mehr Maschine / und weniger Mensch zu sein. /
Weniger Menschen machen Maschinen, / um mehr Mensch / und weniger Maschine
zu sein.“
## Maschinen dringen vor
1974 schon dichtete Manz das, ein Jahr zuvor hatte der Robotikpionier Kuka
den ersten [4][sechsachsigen Industrieroboter] gebaut – im Vergleich zu
Pepper noch ein denkbar grobschlächtiger Geselle. Über Digitalisierung und
künstliche Intelligenz (KI) sprachen damals nur ein paar Fachleute. Heute,
44 Jahre später, sieht die Welt radikal anders aus: Ob „Die Wahl“ nicht
auch einfach das Werk eines Algorithmus sein könnte – wer mag das noch
entscheiden?
Denn längst nehmen uns Maschinen Arbeit ab, und nicht mehr nur die
gefährliche, unangenehme, Körperkraft raubende oder schlicht stumpfsinnige.
Nein, in rasender Geschwindigkeit dringen Maschinen in Bereiche vor, die
dem Menschen vorbehalten schienen: die Pflege, wo es doch um Empathie und
emotionale Intelligenz geht; in die Kunst, wo es doch um Kreativität geht;
überall dort hin, wo es nicht mehr nur um die Hände geht, sondern immer
mehr auch um den Kopf und das Herz.
In Banken entwickeln „[5][Robo-Advisors]“ längst komplexe Anlagestrategien,
„[6][Robo-Journalisten]“ schreiben und redigieren nicht nur Meldungen,
sondern auch Quartalsberichte. Und beim Auktionshaus Sotheby’s werden nun
Bilder versteigert, die von einer k[7][ünstlichen Intelligenz (KI) gemalt]
wurden – und von einer weiteren für „menschengemacht“ befunden. Fast die
Hälfte aller Jobs in den USA, haben die Ökonomen [8][Carl Frey und Michael
Osborne] vor fünf Jahren errechnet, könnten in den kommenden 10 bis 20
Jahren durch Roboter und Software übernommen werden. Und die [9][Hamburger
Morgenpost fragte vor] ziemlich genau einer Woche: „100.000 Hamburger
Stellen in Gefahr – Macht ein Roboter bald auch Ihren Job?“
## Einschätzungen gehen auseinander
Eine Entwicklung also, die so drängende Fragen aufwirft, wie die
Einschätzungen auseinandergehen. Was für die einen Horrormeldung sei,
erscheine anderen als Verheißung, sagt Daniel Opper vom Bucerius Lab der
Zeit-Stiftung, das die Ausstellung gemeinsam mit Mario Bäumer vom Museum
der Arbeit entwickelt hat.
Aber ganz unabhängig davon, ob man sich vorm Krieg der vernetzten Maschinen
gegen die Menschen à la „Terminator“ fürchtet oder schon hoffnungsvoll die
Konturen eines „[10][voll automatisierten Luxus-Kommunismus]“ ausmacht, so
wie der iranisch-britische Autor-Aktivist Aaron Bastani: Worin sich alle
einig sind, ist, dass die Veränderungen tiefgreifend sein werden und nicht
nur die Produktionskräfte revolutionieren, sondern alles infrage stellen,
was wir über uns Menschen und die Maschinen denken, wie wir Begriffe wie
„Arbeit“, „Intelligenz“, „Emotion“ oder „Gesellschaft“ verstehe…
Und so gibt die Ausstellung keine Antworten, sondern versteht sich als
Raum, in dem sich die Frage erst mal genauer formulieren lässt, und lädt
vor allem zum Mitdenken und Mitdiskutieren ein. Die elf Stationen sollen
keine Ängste schüren, sondern Möglichkeiten aufzeigen, sagt Kurator Bäumer.
So steht am Ende eines Parcours – vorbei an einer Leseecke mit aktuellen
Sachbüchern, der Demenz-Therapierobbe Paro, an Werbevideos für eine
Software, die Bewerbungsgespräche führt, oder an computergenerierter Kunst
– ein „Forum“, in dem man sich am „Idee-O-Meter“ zu fundamentalen Fra…
rund um Mensch und Maschinen äußern kann. So viel ist am Ende zumindest
klar: Ganz egal, wie es gerade um die Arbeit steht: Es gibt viel zu tun für
uns.
9 Nov 2018
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=8HXhsKpETXE
[2] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/japan-roboter-pepper-verkauft-kaffeem…
[3] https://www.th-wildau.de/hochschule/aktuelles/neuigkeiten/news/humanoider-r…
[4] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14352263.html
[5] https://www.test.de/Digitale-Vermoegensverwaltung-Zwei-neue-Robo-Advisor-am…
[6] https://www.sueddeutsche.de/kultur/kuenstliche-intelligenz-robo-journalismu…
[7] https://www.zeit.de/news/2018-10/25/ist-das-kunst-oder-kuenstliche-intellig…
[8] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&…
[9] https://www.mopo.de/hamburg/100-000-hamburger-stellen-in-gefahr-macht-ein-r…
[10] https://www.amazon.de/Fully-Automated-Luxury-Communism-Bastani/dp/17866326…
## AUTOREN
Robert Matthies
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