# taz.de -- Kommentar Wahl in Hessen: Die grüne Dauerparty | |
> Die Grünen punkten mit Professionalität im Land und Einigkeit im Bund. | |
> Bei CDU und SPD schlägt der GroKo-Malus voll durch. | |
Bild: Grünes Siegerlächeln: Tarek Al-Wazir, Hessens grüner Spitzenkandidat | |
Die Grünen sind ganz beschickert von diesem grandiosen Erfolg, die reinste | |
Dauerparty. Ihr Chef Robert Habeck denkt womöglich gerade an das Schicksal | |
von Martin Schulz oder die kleinen Brötchen, die Christian Lindner heute | |
backen muss. Er versuchte [1][am Wahlabend], demütig zu wirken, sprach von | |
„Respekt“, von „Verantwortung“, solche Sachen. Habeck kämpft gegen den | |
Habeck-Hype. Der Parteichef hat eine schwierige Aufgabe hinzubekommen. | |
Die Grünen profitierten in Hessen einerseits vom Auftritt als | |
dynamisch-konstruktive Oppositionspartei auf Bundesebene, verkörpert von | |
Habeck und seiner Co-Chefin Baerbock. Andererseits half die Beliebtheit des | |
Landesministers Tarek Al-Wazir. Die Mischung aus Opposition im Bund und | |
Regierung in den Ländern, die die Grünen jahrelang verwirrte und verdross: | |
plötzlich lohnt sie sich. Das Beste zweier Welten. | |
Dies ist umso erstaunlicher, als die kleinere Partei eines Bündnisses | |
selten gestärkt aus Regierungsjahren hervorgeht und die schwarz-grüne | |
Leistung von Al-Wazir und seinen Leuten in Hessen vor allem in | |
professioneller Geräuschlosigkeit bestand; man könnte auch sagen, sie waren | |
Ministerpräsident Bouffiers dankbare Leisefüße. | |
Der entscheidende Vorteil der Grünen besteht jedoch zurzeit darin, dass sie | |
ihre Machtfragen in Bund und Land geklärt haben. Sie sind mit sich im | |
Reinen, ja regelrecht angetörnt von der eigenen Einigkeit. Und das zeigt | |
diese Landtagswahl deutlich: Niemand wählt gern ein missmutiges | |
Durcheinander. | |
## Symbiose mit der Bundeskanzlerin | |
Genau das allerdings sind die Berliner Koalitionsparteien. Bouffier bildete | |
zwar eine Symbiose mit der Bundeskanzlerin, und nach dem Flüchtlingsherbst | |
2015 setzte er konsequent auf Angela Merkel; aber dies entspricht eben | |
nicht dem aufgewühlten Bild, das die Union derzeit insgesamt abgibt. | |
Dass die Traditionsbataillone der hessischen CDU Merkel tatsächlich | |
verehren, darf stark bezweifelt werden. Eher wurde aus Roland Kochs | |
einstigem Kampfverband Volker Bouffiers Krampfverband, der nach dieser | |
Niederlage auf Rache sinnt. In der hessischen CDU, die früher mit | |
Ressentiments gegen Einwanderer gewann, wird abermals auf das [2][starke | |
Ergebnis der AfD] verwiesen werden. Die sitzt nun in ausnahmslos allen | |
deutschen Landesparlamenten. Merkel stützen oder stürzen – nach Hessen wird | |
diese Frage in der CDU nun weiter gären. | |
Die Probleme der deutschen Sozialdemokratie sind tiefer. Ihre Berliner | |
Rolle als tragikomischer Junior in der klitzekleinen GroKo hat es dem | |
[3][hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel] jedenfalls | |
maximal schwergemacht. Wer vertraut schon einer Partei, die sich in Berlin | |
nicht mehr traut? Und wer wählt schon eine SPD, die weder im | |
Alltagsgeschäft professionell arbeitet noch große Ideen für die Zukunft | |
hat? | |
Realismus und Utopie verbinden – das ist dagegen das Erfolgsrezept von | |
Baerbock und Habeck. Diese Kombination bringt Erfolg. Nur ist der kein | |
Selbstzweck. Man muss schon etwas Großes draus machen. Jedenfalls mehr als | |
zuletzt in Hessens Landesregierung. | |
28 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Wahl-in-Hessen-Hochrechnung/!5545614 | |
[2] /Wahl-in-Hessen-Hochrechnung/!5545614 | |
[3] /Wahlkampf-der-Hessen-SPD/!5543010 | |
## AUTOREN | |
Georg Löwisch | |
## TAGS | |
Hessen-Wahl | |
Grüne Hessen | |
Volker Bouffier | |
Hessen | |
Landtagswahl in Hessen | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
FDP | |
Landtagswahl in Hessen | |
Hessen-Wahl | |
Landtagswahl in Hessen | |
Landtagswahl in Hessen | |
CDU | |
SPD | |
Landtagswahl in Hessen | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Habeck und Lindner bei „Anne Will“: Was heißt hier „cremig“? | |
Dass Lindner die Grünen „cremig“ nannte, passte Habeck gar nicht. Dabei ist | |
gegen eine sahnig-geschmeidige Partei doch nichts einzuwenden. Oder? | |
Grüner Bütikofer zur Wahl in Hessen: „Übermut ist nicht angebracht“ | |
Nach dem Wahlerfolg in Hessen mahnt der Europachef der Grünen | |
Bescheidenheit an. Die Partei müsse über ihre Kernthemen hinaus kompetent | |
werden. | |
Mögliche Koalition nach Hessenwahl: Schwarz-Grün hauchdünn vorne | |
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kann Schwarz-Grün mit knapper | |
Mehrheit weiterregieren. Möglich sind aber auch andere Konstellationen. | |
Körpersprache der Politiker in Hessen: Meist trostlos, verkappt wütend | |
Die SPDler traurig, Grüne und Linke gut gelaunt, CDUler betroffen – mit | |
ihrer Mimik und Körperhaltung spiegeln Politiker das Hessen-Wahlergebnis. | |
Grüne bei der Landtagswahl in Hessen: Profit durch Pragmatismus | |
Nach der Bayern-Wahl siegen die Grünen nun auch bei der Wahl in Hessen. Sie | |
können ihre Stimmenanteile beinahe verdoppeln. | |
CDU bei der Landtagswahl in Hessen: Mit blauem Auge davongekommen | |
Kein Jubel bei der hessischen CDU, aber Erleichterung: Ohne Volker Bouffier | |
wird im Wiesbadener Landtag gar nichts gehen. | |
Wahl in Hessen: Strafe für die Große Koalition | |
Wie schon in Bayern verlieren in Hessen Union und SPD – die Grünen hingegen | |
profitieren vom Misstrauen gegen die Regierung in Berlin. | |
Wahl in Hessen Hochrechnung: CDU vorn, SPD und Grüne eng | |
Die zweite Hochrechnung zur Hessenwahl sieht die CDU bei 27,6 Prozent, SPD | |
und Grüne bei knapp 20, die AfD bei 12,6. FDP und Die Linke bleiben | |
einstellig. | |
Landtagswahl in Hessen: Alles in grüner Soße? | |
Am Sonntag könnten die Grünen in Hessen triumphieren. Auch dank ihres | |
geschmeidigen Spitzenkandidaten Tarek Al-Wazir. |