# taz.de -- CDU bei der Landtagswahl in Hessen: Mit blauem Auge davongekommen | |
> Kein Jubel bei der hessischen CDU, aber Erleichterung: Ohne Volker | |
> Bouffier wird im Wiesbadener Landtag gar nichts gehen. | |
Bild: Begrenzter Jubel: CDU-Spitzenkandidat Volker Bouffier kann aller Voraussi… | |
WIESBADEN taz | Als die [1][erste Prognose der ARD] im Sitzungssaal der | |
CDU im 5. Stock des Atriumhauses über die Bildschirme flimmert, bleibt es | |
totenstill. Minus 10 Prozentpunkte für die CDU, da rührt sich keine Hand. | |
Auch beim miesen Ergebnis der Konkurrenz, des Berliner Bündnispartners SPD, | |
klatschen nur wenige. | |
Erste zaghafte Freude zeigt sich bei den Christdemokraten, als ein | |
Rekordergebnis für den grünen Koalitionspartner vorausgesagt wird. Richtig | |
laut wird es schließlich, als die Prognose für die Sitzverteilung | |
aufgerufen wird. Eine knappe Mehrheit für die regierende schwarz-grüne | |
Regierungskoalition scheint zu diesem Zeitpunkt möglich zu sein. Vielleicht | |
braucht man noch die FDP, doch die Vorstellung eines rot-grün-roten | |
Schreckgespenstes, die CDU-Wahlkämpfer zuletzt beschworen hatten, scheint | |
erledigt zu sein. | |
Echte Freude kommt bei der CDU trotzdem nicht auf. Denn die | |
Christdemokraten verlieren mit diesem Ergebnis auch ein Viertel ihrer | |
bisherigen Landtagsmandate. Sie werden – eine Fortsetzung von Schwarz-Grün | |
vorausgesetzt – Ministerposten an die Grünen abgeben müssen, vielleicht | |
sogar an die FDP. Und der grüne Partner wird in den Koalitionsverhandlungen | |
[2][wohl noch selbstbewusster auftreten] als noch vor fünf Jahren. | |
Bevor die ersten Zahlen und Kommentare in den Sitzungssaal übertragen | |
wurden, flimmerten dort noch einmal die Bilder aus jenem Zeitalter über die | |
Monitore, als hessische Christdemokraten und Grüne noch in erbitterter | |
Feindschaft verbunden waren. Da sah man Ausschnitte aus den wüsten | |
Landtagsdebatten über die CDU-Schwarzgeldaffäre des Jahres 2000, als SPD, | |
Grüne und Linke den Rücktritt von CDU-Ministerpräsident Roland Koch | |
erzwingen wollten. Da flimmerte die Szene vor der Landtagswahl 2008 über | |
den Bildschirm, als der Grüne Tarek Al-Wazir Ministerpräsident Koch den | |
Handschlag verweigerte. Kochs CDU hatte damals im ganzen Land Plakate | |
aufgestellt: „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen,“ war da zu | |
lesen. | |
## Der frühere Lieblingsgegner rettet die CDU | |
Und jetzt könnte der Grüne Kochs Nachfolger, Volker Bouffier, das Amt | |
retten. Ausgerechnet er, der frühere Lieblingsgegner, den die hessische CDU | |
noch vor fünf Jahren als Sicherheitsrisiko für den Wirtschaftsstandort | |
Hessen beschimpft hatte. | |
Volker Bouffier übersteht nur deshalb die schlimmste Wahlschlappe seiner | |
Partei in Hessen, weil der einstige Widersacher ein Rekordergebnis | |
eingefahren hat. Es geht der hessischen CDU ganz ähnlich wie der | |
bayerischen Schwester vor zwei Wochen. Sie verliert dramatisch. Ein Viertel | |
ihrer Wählerinnen kehrt ihr den Rücken. Und dennoch könnte sie mit einem | |
blauen Auge davonkommen. | |
Von schmerzlichen Verlusten sprach Bouffier in seinem ersten Statement. | |
Viel Beifall bekam der Ministerpräsident für die Feststellung, an der CDU | |
vorbei könne in Hessen niemand eine Regierung bilden. Den Preis für die | |
erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland zahlt allerdings nicht | |
der grüne Partner, sondern die hessische CDU. Dieser erzkonservativer | |
Landesverband hatte es unter seinen früheren Chefs Alfred Dregger, Manfred | |
Kanther und Roland Koch stets geschafft, am rechten Rand keine Konkurrenz | |
zuzulassen. Das galt auch dann, als in anderen Bundesländern die NDP oder | |
die Republikaner Landtagssitze erobern konnten. | |
Nun muss sie hinnehmen, dass auch in Hessen die AfD zweistellig in den | |
hessischen Landtag einzieht; die Rechtspopulisten haben damit alle 16 | |
Landesparlamente erobert. | |
Volker Bouffier hat sich im hessischen Wahlkampf, anders als die CSU in | |
Bayern, bewusst an die Seite seiner Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel, gestellt. Im Finale der CDU-Kampagne war sie an gleich drei | |
Tagen in diesem Bundesland unterwegs. Wäre die Sache schiefgegangen, wäre | |
sie jedenfalls für die Niederlage verantwortlich gemacht worden. Geht es | |
jetzt doch glimpflich aus, hat auch sie etwas Zeit gewonnen. Es sei denn, | |
ihr gedemütigter Berliner Partner reagiert panisch auf die SPD-Wahlschlappe | |
in Hessen. | |
28 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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