# taz.de -- Öffentlicher Nahverkehr in Berlin: Land steigt in die S-Bahn ein | |
> Der Senat kauft für rund drei Milliarden Euro S-Bahn-Wagen. So soll | |
> künftig ein Wettbewerb auf der Schiene möglich werden. | |
Bild: Gehört bald nicht mehr der S-Bahn: die berühmten Viertelzüge in Berlin | |
Das Land Berlin will durch den milliardenschweren Kauf von S-Bahn-Waggons | |
eine erneute S-Bahn-Krise verhindern. Der rot-rot-grüne Senat hat am | |
Dienstag die Pläne von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die | |
Grünen) akzeptiert, einen landeseigenen S-Bahn-Fahrzeugpool aufzubauen. | |
Mindestens 602 sogenannte Viertelzüge – sprich die bekannten Doppelwaggons | |
– werden bis 2033 gekauft für bis zu 3,2 Milliarden Euro. So soll | |
sichergestellt werden, dass bei den anstehenden Ausschreibungen der | |
Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd auch andere Anbieter als die S-Bahn Berlin | |
GmbH, eine Tochter der Deutschen Bahn, zum Zuge kommen können. | |
Für den Betrieb der Berliner S-Bahn sind spezielle Waggons nötig. Bisher | |
besitzt nur die S-Bahn Berlin solche Fahrzeuge. Andere Zuganbieter waren | |
deshalb bei den Ausschreibungen der Strecken im Nachteil. Das Ergebnis: | |
Bisher hat jedes Mal die Deutsche Bahn-Tochter den Zuschlag erhalten. | |
Infolge der S-Bahn-Krise ab Ende der Nullerjahre aufgrund übertriebener | |
Sparmaßnahmen des Betreibers wurde überlegt, wie es zu einem faireren | |
Wettbewerb kommen könnte; einen Verkauf an das Land hat die Bahn stets | |
abgelehnt. Deshalb kauft das Land nun selbst die Fahrzeuge. | |
Allerdings erst, wenn die Ausschreibungen für die beiden Teilnetze | |
entschieden sind. Nach einer vorgeschriebenen „Vorinformation“ sollen die | |
im November kommenden Jahres starten und Ende 2021 abgeschlossen sein. | |
Anders als bisher können sich Interessenten auch getrennt bewerben für den | |
Betrieb der Strecken sowie den Bau und die Instandhaltung der Waggons. Wer | |
den entsprechenden Zuschlag bekommt, lässt die Waggons bauen; diese | |
wiederum werden dem Anbieter vom Land abgekauft. So soll sicher gestellt | |
werden, dass die Fahrzeuge den Ansprüchen der Betreiber entsprechen. | |
Nach Einschätzung der Verkehrsverwaltung könnte eine zweistellige Zahl von | |
Wettbewerbern Angebote einreichen. „Wir wollen den Berliner S-Bahn-Verkehr | |
verbessern“, betonte Senatorin Günther. „Das neue Verkehrskonzept für zwei | |
Drittel des Netzes sichert einen fairen Wettbewerb, der die Qualität erhöht | |
und die Kosten senkt.“ | |
Dafür investiert das Land viel Geld. Bei Kosten von rund 4,5 Millionen Euro | |
für einen Viertelzug ergibt sich eine Summe von 2,8 bis 3,2 Milliarden | |
Euro. Wie viele Waggons gekauft werden – ob nur 602 oder doch bis zu 690 – | |
hängt von der Erweiterung des S-Bahn-Netzes ab. Im Gespräch sind der | |
zweigleisige Ausbau mehrerer Strecken und der Bau neuer Verbindungen. Die | |
Entscheidung darüber muss laut Verkehrsverwaltung ebenfalls bis Ende 2019 | |
fallen. | |
Das Land Brandenburg habe den Plänen zugestimmt, so die Verwaltung. Geklärt | |
ist damit zudem – zumindest vorerst – ein Konflikt in der rot-rot-grünen | |
Koalition. Denn sowohl SPD wie Linkspartei wollen eigentlich keinen | |
Wettbewerb auf der Schiene, um Lohndumping und Streichungen von Jobs bei | |
der S-Bahn zu verhindern. Die jetzige Lösung ließe allerdings auch zu, | |
dass die S-Bahn weiterhin Betreiber bleibt – wenn sie ein gutes Angebot | |
abgibt. | |
6 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Regine Günther | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
Berlin | |
S-Bahn Berlin | |
Öffentlicher Nahverkehr | |
S-Bahn Berlin | |
S-Bahn Berlin | |
BVG | |
Regine Günther | |
Mobilitätsgesetz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
S-Bahn in Berlin: Bald ohne die Deutsche Bahn? | |
Rot-Rot-Grün streitet über die Zukunft der S-Bahn. Mehr Wettbewerb geplant | |
– und auch viel mehr neue Fahrzeuge. | |
Zukunft des Nahverkehrs in Berlin: Die S-Bahn fährt in den Pool | |
Die künftigen Fahrzeuge für die Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd sollen dem | |
Land Berlin gehören. Man habe „aus der Vergangenheit gelernt“, so die | |
Grünen. | |
Ride-Sharing-Projekt: Fährt so spät durch Nacht und Wind | |
Die BVG erweitert ab Freitagabend ihre Fahrzeugflotte um eine Art Rufbus, | |
den „BerlKönig“. Es hagelt schon Kritik am Konzept. | |
Berlins Verkehrssenatorin zum Radgesetz: „Ich finde: Turbo!“ | |
Am Donnerstag wird nach zwei Jahren Kampf das Radgesetz verabschiedet. Doch | |
die härtere Arbeit kommt erst noch, sagt Senatorin Regine Günther. | |
Mobilitätsgesetz: Konsens in Grün | |
Mit knapp 50 Änderungen verlässt das Mobilitätsgesetz den parlamentarischen | |
Beratungsprozess. Gute Laune bei den Grünen. |