# taz.de -- AfD-Landtagsfraktion in Bayern: Rechtsradikale im Landtag | |
> In Bayern hat die AfD ihre Fraktion gegründet. Mehrere Mitglieder haben | |
> Kontakte zu Rechtsextremen und werden überwacht. Ein Überblick. | |
Bild: Rechts und rechter: AfD-Politikerin Alice Weidel gratuliert Katrin Ebner-… | |
BERLIN taz | Die bayerische AfD-Landtagsfraktion sollte am Donnerstag zu | |
ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkommen, um den Fraktionsvorstand zu | |
wählen. Das wurde nun auf Freitag vertagt. Als Favoritin gilt die | |
stellvertretende Landesvorsitzende Katrin Ebner-Steiner, auch Markus | |
Bayerbach und Richard Graupner werden Ambitionen nachgesagt. Möglich ist | |
auch eine Doppelspitze. „Die gewählten Kandidaten haben sich heute erstmal | |
entspannt kennengelernt“, hieß es am Donnerstagabend aus der | |
Fraktionssitzung. Es wurde lediglich eine gemeinsame Satzung beschlossen. | |
Kurz vor der Sitzung wurde bekannt, dass das bayerische Landesamt für | |
Verfassungsschutz (LfV) mehrere Mitglieder der neuen 22-köpfigen | |
AfD-Fraktion beobachtet. Ein LfV-Sprecher bestätigte der taz [1][einen | |
entsprechenden Bericht des Münchner Merkurs.] Die Gründe für die | |
Beobachtungen seien „Verbindungen in die rechtsextremistische, die | |
verfassungsschutzrelevante islamfeindliche und die Reichsbürger-Szene“. | |
Momentan werde geprüft, ob die entsprechenden AfD-Mitglieder weiterhin | |
beobachtet werden, wenn sie im November ihr Abgeordnetenmandat annehmen. | |
Wie viele neugewählte Fraktionsmitglieder genau beobachtet werden und um | |
welche Personen es sich handelt, wollte der Sprecher nicht sagen. | |
Katrin Ebner-Steiner sagte zur taz, dass sie kein Problem mit einer | |
Beobachtung habe. „Der Verfassungsschutz kann uns gerne beobachten. Presse | |
und Antifa durchleuchten uns ohnehin schon. Sollte er noch irgendetwas | |
finden, wäre das in unserem Interesse, da wir keinen Extremismus in unseren | |
Reihen dulden.“ | |
Die Fraktionsvorsitzende der bayerischen Grünen, Katharina Schulze, | |
forderte im Gespräch mit der taz, dass der Verfassungsschutz die gesamte | |
AfD unter Beobachtung stellen sollte. „Rechtsextremismus und Rassismus | |
haben im Bayerischen Landtag nichts verloren“, sagte sie. Gegen | |
Rechtsextremisten und Reichsbürger müsse „klare Kante“ gezeigt werden. | |
Für die bayerische AfD werden mehrere Kandidaten in den Landtag einziehen, | |
die in Vergangenheit durch rassistische und verschwörungsideologische | |
Aussagen und durch Kontakte zu Rechtsextremen aufgefallen sind. Ein | |
unvollständiger Überblick. | |
Katrin Ebner-Steiner wird dem völkisch-nationalistischen Parteiflügel um | |
den Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzenden Bernd Höcke zugerechnet. | |
Höcke sei „einer der wenigen Politiker, die ehrlich und aufrichtig sind“, | |
sagte sie über ihn. Im Wahlkampf bezeichnete sie Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel [2][laut Tagesspiegel als „Deutschlandabschafferin“], die | |
„Hochverrat an Deutschland“ begangen habe. | |
Des Weiteren fordert sie, dass in Heimen untergebrachte Flüchtlinge ihre | |
Wohnungen ab 21 Uhr nicht mehr verlassen dürfen. Auch familienpolitische | |
Äußerungen Ebner-Steiners sind als äußerst rechts einzuordnen. Wenn in | |
Lehrplänen sexuelle Vielfalt dargestellt wird, führe das zu einer | |
„Entwertung des natürlichen Sexualverhaltens“ und zu einer „Verharmlosung | |
gesellschaftlich umstrittener sexueller Verhaltensweisen von Minderheiten“, | |
behauptet sie [3][in einer auf YouTube einsehbaren Videobotschaft] aus | |
April 2016. | |
Auch andere AfD-Mitglieder, die in den neuen Bayerischen Landtag einziehen | |
werden, sind bereits mit menschenfeindlichen Äußerungen aufgefallen. Kurz | |
vor der Wahl hielt der Rosenheimer Kandidat Andreas Winhart eine Rede, bei | |
der er behauptete, dass Flüchtlinge „unglaublich viele“ HIV-, Krätze- und | |
TBC-Fälle in den Landkreis gebracht hätten. Das Gesundheitsamt widersprach | |
diesen Behauptungen. Zudem verwendete Winhart in der Rede eine rassistische | |
Bezeichnung für Schwarze. | |
Winhart rief in der Rede zudem indirekt zum Mord an Flüchtlingen auf. Durch | |
einen Einzug in den Landtag hätte die AfD die Chance, „Angela Merkel in den | |
Ruhestand zu schicken und die Soros-Flotte mit den ganzen Rettungsbooten im | |
Mittelmeer zu versenken.“ Verschwörungsideologen behaupten, dass der | |
jüdische Investor George Soros die Migration nach Europa steuern würde. | |
Winhart bediente außerdem das rassistische Stereotyp von stehlenden | |
Migranten. Wer nicht wolle, dass künftig Kosovaren und Albaner in der | |
Altenpflege eingesetzt werden, „die den Patienten die Bude ausräumen“, | |
müsse AfD wählen. | |
Auch Roland Magerl wird der bayerischen AfD-Landtagsfraktion angehören. Er | |
wird ebenso dem Höcke-Flügel zugerechnet und trug öffentlich ein T-Shirt | |
der bekannten Neonazi-Marke „Ansgar Aryan“, [4][wie Recherchen des | |
Bayerischen Rundfunks (BR) zeigen.] Geschäftsführer der Modefirma ist der | |
NPD-Aktivist und Rechtsrock-Konzertveranstalter Patrick Schröder, der wie | |
Magerl in Mantel im Landkreis Neustadt an der Waldnaab wohnt. Magerl gab | |
gegenüber dem BR zu, Schröder zu kennen, politisch hätten sie allerdings | |
„nichts miteinander zu tun“. | |
[5][In einer auf YouTube einsehbaren Rede] äußert sich Magerl zur | |
BR-Berichterstattung. Der BR habe „die Jagd auf uns eröffnet.“ Die | |
Ankündigung, dass er an die Redaktion der regionalen Tageszeitung Der neue | |
Tag den selbsterfundenen Preis „Goldener Spaten“ verleihen möchte, löst | |
Jubelstürme in der Veranstaltung aus. Ein Mann im Publikum gibt sich als | |
Mitarbeiter des Neuen Tags zu erkennen und wird ausgebuht, es folgen | |
„Lügenpresse“-Rufe. Magerl habe auf der Veranstaltung „eine regelrechte | |
Lynchatmosphäre gegen Journalisten geschaffen“, meint Robert Andreasch im | |
Gespräch mit der taz. Andreasch ist Rechtsextremismus-Experte des | |
Aida-Archivs München. | |
In der ersten bayerischen AfD-Landtagsfraktion wird auch Ralf Stadler aus | |
Passau sitzen. Auch er ist dem Höcke-Flügel zuzuordnen. Im Mai 2018 | |
solidarisierte sich Stadler auf seiner Facebook-Seite mit der mehrfach | |
verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. „Ich finde es eine | |
Schande wie in Deutschland mit ‚einfachen‘ Menschen umgegangen wird, EGAL | |
was sie angestellt haben. Man hätte ihre Aussagen ohne Probleme dem Alter | |
zurechnen können und von einer Haft absehen können“, schrieb er über die | |
Rechtsextremistin. Direkt an Haverbeck gerichtet, hieß es dort: „Ich | |
wünsche Ihnen alles Gute“. | |
[6][Der Infoticker Passau zitiert weitere Posts] des baldigen | |
Landtagsabgeordneten: Im April 2018 teilte er einen Text, der zentrale | |
Argumente der Reichsbürger-Ideologie wiedergibt: Deutschland sei eine | |
„BRD-GmbH“ ohne Friedensvertrag, die von einer „Schattenregierung“ | |
kontrolliert werden würde. Zudem bezeichnet er Flüchtlinge auf seiner | |
Facebook-Seite mehrfach als „Parasiten“. Robert Andreasch schätzt, dass | |
Stadler „selbst für bayerische AfD-Verhältnisse zu heftig sein“ könnte. … | |
ist wohl der wildeste Vertreter und könnte der Fraktion noch auf die Füße | |
fallen.“ | |
Außerdem im neuen Landtag: Richard Graupner und Stefan Löw. Graupner saß | |
von 1990 bis 2016 für die Republikaner im Schweinfurter Stadtrat, bis er | |
zur AfD wechselte. Die Republikaner wurden zwischen 1992 und 2006 unter dem | |
Verdacht einer rechtsextremistischen Bestrebung vom Verfassungsschutz | |
beobachtet. Im September 2018 war Graupner auf einer Konferenz der | |
rechtsextremen Zeitschrift Compact in München als Redner eingeladen. 2007 | |
hat er einen Appell für die rechtsextreme Burschenschaft Danubia München | |
unterzeichnet, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. | |
Stefan Löw, Direktkandidat in Tirschenreuth und Listenkandidat in der | |
Oberpfalz, firmierte auf den Wahlzetteln als Polizeibeamter und posierte in | |
einem Wahlwerbevideo vor einer Polizeistation. Kurz vor der Wahl wurde | |
allerdings bekannt, dass die Bundespolizei den 28-jährigen Löw in den | |
Ruhestand versetzt hat. [7][Auf Nachfrage der Frankenpost erklärte Löw, | |
dass er „mit Flüchtlingen nicht mehr arbeiten“ könnte und gab] eine | |
angebliche „Vielzahl von Krankheiten“ an, denen Bundespolizisten an der | |
österreichischen Grenze ausgesetzt gewesen seien. | |
Auch Christian Klingen wird zum Höcke-Flügel gerechnet. Er lud Höcke nach | |
Bayern ein und organisierte Reisen nach Erfurt. Als Gast nahm er am | |
Konservatismuskongress der Jungen Alternative Bayern teil, bei der mehrere | |
Vertreter der Neuen Rechten referierten. Anne Cyron hält Vorträge zur | |
„Zerstörungsideologie Gender“ und wittert eine Verschwörung hin zum | |
„geschlechtslosen Menschen“. Auch „Machteliten“ seien daran beteiligt. | |
Markus Bayerbach und Franz Bergmüller gelten als eher moderate Vertreter | |
der neuen Fraktion. Weitere gewählte Kandidaten stammen teilweise aus der | |
dritten Parteireihe und sind bislang noch nicht aufgefallen. Die 22 | |
gewählten AfD-Kandidaten werden in der konstituierenden Sitzung des | |
Bayerischen Landtags am 5. November zu Abgeordneten vereidigt. | |
18 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.merkur.de/politik/verfassungsschutz-beobachtet-mitglieder-bayer… | |
[2] https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/afd-politikerin-katrin-ebner-s… | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=gaB9TNeDTuQ | |
[4] https://www.br.de/nachrichten/bayern/die-verbindungen-oberpfaelzer-afd-kand… | |
[5] https://www.youtube.com/watch?v=3LE98VZVGlk | |
[6] https://infoticker-passau.org/node/328 | |
[7] https://www.frankenpost.de/region/fichtelgebirge/fichtelgebirge/art654373,6… | |
## AUTOREN | |
Frederik Schindler | |
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