# taz.de -- Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel: Chance für Brexit-Abkommen… | |
> Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft auch nach Großbritanniens EU-Austritt | |
> auf eine enge Partnerschaft. Zudem betont sie die Bedeutung stabiler | |
> Haushalte. | |
Bild: Bei der „fairen Verteilung von Flüchtlingen in Europa“ dürfe man ke… | |
BERLIN afp/epd/dpa | Trotz der derzeit festgefahrenen Brexit-Verhandlungen | |
sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter die Möglichkeit, dass ein | |
„gutes Abkommen“ mit Großbritannien über seinen Austritt aus der | |
Europäischen Union noch vereinbart werden kann. „Die Chance, rechtzeitig | |
ein gutes und tragfähiges Abkommen hinzubekommen, ist nach wie vor da“, | |
sagte Merkel am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung zum EU-Gipfel vor dem | |
Bundestag in Berlin. | |
[1][Ein solches Abkommen] liege „im Interesse unserer Beziehung zu | |
Großbritannien“, im Interesse der Wirtschaft, aber auch „der Menschen in | |
unseren Ländern“, fügte die Kanzlerin hinzu. Leider sei nach wie vor kein | |
Durchbruch in der zentralen Frage der Grenze zwischen Irland und Nordirland | |
gelungen. Hier liege die Tücke „sehr im Detail“. Es gehe nun darum, „auf | |
Grundlage unserer Prinzipien“ und geschlossen an einer „überzeugenden | |
Lösung“ für beide Seiten zu arbeiten. | |
„Selbstverständlich“ gehöre es auch zur Arbeit der Bundesregierung, sich | |
auf alle Szenarien vorzubereiten – einschließlich der Möglichkeit, dass | |
Großbritannien die EU ohne Abkommen verlasse, sagte Merkel weiter. Die | |
Regierung habe damit begonnen, sich „auch darauf angemessen vorzubereiten“. | |
Die Kanzlerin betonte aber: „Ich wünsche mir, dass Großbritannien auch nach | |
seinem Austritt ein enger und vertrauensvoller Partner Europas bleibt.“ | |
Zuletzt sind die [2][Sorgen hinsichtlich eines Austritts Großbritanniens] | |
aus der EU ohne Abkommen gewachsen. Die EU-Staats- und Regierungschefs | |
beraten am Mittwoch bei ihrem Gipfel in Brüssel über die festgefahrenen | |
Brexit-Gespräche. Die Verhandlungen zwischen Brüssel und London waren am | |
Sonntag ausgesetzt worden, nachdem beide Seiten sich erneut nicht auf eine | |
Lösung für die künftige Grenze zwischen Irland und Nordirland einigen | |
konnten. | |
## Krisenfeste Währungsunion | |
Zudem betonte Merkel angesichts umstrittener Schuldenpläne in Italien die | |
Bedeutung stabiler Haushalte in den Euro-Mitgliedsstaaten. Ohne auf [3][den | |
umstrittenen Haushaltsentwurf der italienische Regierung] direkt | |
einzugehen, sagte sie, nationale Politik könne wegen der engen Verflechtung | |
immer auch Auswirkungen auf die anderen Euro-Mitgliedsstaaten haben. | |
„Stabile Haushalte sind eine wichtige Voraussetzung für eine gute | |
wirtschaftliche Entwicklung in jedem Land. Solide öffentliche Finanzen sind | |
aber auch Voraussetzung für Vertrauen in die Währungsunion.“ Der | |
Etatentwurf der italienischen Regierung hatte wegen höherer Schulden in der | |
EU Kritik und an den Finanzmärkten Nervosität ausgelöst. | |
Merkel sagte in ihrer Regierungserklärung zum EU-Gipfel, in der | |
Währungsunion bleibe jeder Mitgliedsstaat zunächst selbst für seine | |
Wirtschafts- und Haushaltspolitik verantwortlich. „Jeder Staat des | |
Euroraums steht in der Pflicht, für Stabilität zu sorgen und notwendige | |
Reformen für seine Wettbewerbsfähigkeit zu ergreifen, und das gilt gerade | |
in wirtschaftlich guten Zeiten.“ | |
Es gehe darum, die Währungsunion krisenfester zu machen. „In bewegten | |
Zeiten wie diese können wir froh sein, eine gemeinsame Währung in Europa zu | |
haben, den Euro.“ Am Ende müsse bei den Reformen aber das Gesamtpaket | |
stimmen, nur dann könne Deutschland zustimmen. Verantwortung und | |
Solidarität sowie Haftung und Kontrolle seien zwei Seiten einer selben | |
Medaille. | |
## Kampf gegen Schleuser | |
Auch das Thema Migration wird beim EU-Gipfel auf der Tagesordnung stehen. | |
Eine faire Verteilung von Flüchtlingen in Europa bleibt nach den Worten von | |
Merkel „ein ungelöstes Thema“. Man dürfe dazu keine falschen Erwartungen | |
schüren, erklärte sie. Diskutiert werden solle hingegen die Verstärkung der | |
europäischen Grenz- und Küstenwache Frontex, auch hier seien die | |
Vorstellungen der Mitgliedstaaten aber noch sehr unterschiedlich. | |
Laut Merkel soll es beim Tagesordnungspunkt Migration um den | |
Außengrenzenschutz, den Kampf gegen Schleuser und Rückführungen gehen. Die | |
EU wolle zudem die Zusammenarbeit mit Staaten außerhalb Europas vertiefen. | |
Sie habe in den vergangenen Monaten bei Bürgerdialogen mit vielen Menschen | |
über Europa diskutiert, sagte Merkel. Dabei sei deutlich geworden, dass | |
viele Bürger „in ihrer großen Mehrzahl bei Flucht und Migration nicht auf | |
nationale Alleingänge, sondern auf europäische Lösungen“ setzten. | |
## Bedrohungen durch Cyberangriffe | |
Für den gemeinsamen Kampf der EU-Staaten gegen Netzkriminalität will Merkel | |
die nationale Zuständigkeit für operative Einsätze erhalten. „Deutschland | |
unterstützt ein stärkeres gemeinsames Vorgehen, ist allerdings skeptisch, | |
wenn es um operationelle Tätigkeiten solcher Agenturen geht, weil es sehr | |
schnell passieren könnte, dass nationale Aktionen und europäische Aktionen | |
nicht gut koordiniert werden“, sagte sie während der Regierungserklärung. | |
Um auf die wachsende Bedrohungen durch Cyberangriffe zu reagieren, hatte | |
die EU-Kommission im vergangenen Jahr unter anderem vorgeschlagen, die | |
Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit zur einer Agentur | |
für Cybersicherheit auszubauen. Dies wird unter den EU-Staaten derzeit | |
diskutiert. | |
Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit zeigten, dass demokratische | |
Willensäußerungen „durch gezielte Desinformationskampagnen, Cyberangriffe | |
oder Datenmissbrauch allzu leicht verfälscht werden können“, sagte Merkel. | |
Auch mit Blick auf die Europawahl im kommenden Jahr arbeite die EU daran, | |
etwa den Missbrauch persönlicher Daten aus sozialen Netzwerken im Wahlkampf | |
zu verhindern, und an Leitlinien für Parteien, die in ihren Kampagnen | |
„aktiv Desinformation“ betrieben. | |
17 Oct 2018 | |
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