# taz.de -- EU-Gipfel in Brüssel: „Wir brauchen mehr Zeit“ | |
> Brexit? Flüchtlingspolitik? Für kein einziges Problem hat der EU-Gipfel | |
> eine Lösung – also verzieht er sich in die Kneipe. | |
Bild: Theresa May und Jean-Claude Juncker haben bis zum 29. März 2019 Zeit fü… | |
BRÜSSEL taz | Ein Bier in einer Brasserie – das war der Höhepunkt für | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel. Die Zeche zahlte | |
Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel, der seine Wiederwahl zelebrierte. | |
Doch ansonsten gab es wenig zu feiern beim Spitzentreffen, das eigentlich | |
[1][den Durchbruch im Brexit-Streit bringen sollte]. | |
Stattdessen sahen sich die EU-Chefs gezwungen, einen geplanten Sondergipfel | |
im November abzublasen und die Lösung des Brexit-Streits auf unbestimmte | |
Dauer zu verschieben. „Wir brauchen viel Zeit, viel mehr Zeit“, sagte | |
EU-Verhandlungsführer Michel Barnier. Ursprünglich hatte Brüssel eine Frist | |
bis Ende Oktober gesetzt. | |
Nun könnten sich die Verhandlungen über den Scheidungsvertrag noch bis | |
Weihnachten hinziehen, vielleicht sogar bis ins neue Jahr. Bis dahin müssen | |
sich Barnier und die britische Premierministerin Theresa May um neue | |
Lösungen für die irische Grenzfrage bemühen. | |
Man streitet immer noch über den „Backstop“, der eine harte Grenze zwischen | |
Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindern soll – nach EU-Vorstellung | |
dadurch, [2][dass Nordirland Teil des EU-Binnenmarktes bleibt], auch wenn | |
Großbritannien austritt, was die Briten aber als Spaltung ihres | |
Staatsgebiets ablehnen. Ein Einigungsentwurf dazu war am Sonntagabend | |
gescheitert. | |
Verhärtet sind die Fronten auch in der Migrationspolitik, dem zweiten | |
großen Thema des EU-Gipfels. Im Juni war beschlossen worden, Auffanglager | |
für Bootsflüchtlinge in Drittstaaten zu schaffen. Doch sowohl die | |
Balkanländer als auch die nordafrikanischen EU-Anrainer lehnen dies ab. | |
„Jeder findet es eine tolle Idee, aber keiner will sie bei sich haben“, | |
klagte Bettel. „Das macht es schon kompliziert.“ | |
## Menschenschmuggler, Cyberattacken, Chemiewaffen | |
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, der derzeit den EU-Vorsitz führt, | |
deutete auch einen Rückzieher im Streit um die Verteilung von Aslybewerbern | |
in der EU an. Man müsse überlegen, die Pflicht zur Aufnahme von | |
Flüchtlingen für alle Mitgliedstaaten endgültig fallen zu lassen, sagte | |
Kurz. Stattdessen solle „jeder“ einen Beitrag leisten, „wo er das kann und | |
dort, wo er sinnvoll ist“. | |
Dies käme einem Sieg der osteuropäischen Visegrád-Staaten gleich, die sich | |
einer solidarischen Verteilung von Flüchtlingen in der EU beharrlich | |
verweigern. In die Gipfelbeschlüsse zur Migration ging der österreichische | |
Vorstoß jedoch nicht ein. Stattdessen fordern die EU-Chefs, den Kampf gegen | |
Menschenschmuggler zu verschärfen – auch im Internet. Bis Dezember soll die | |
EU-Kommission dazu einen Vorschlag vorlegen. | |
Das Internet wird auch im Bereich der inneren Sicherheit zur Kampfzone. Die | |
Staats- und Regierungschefs wollen nicht nur den Kampf gegen Cyberattacken | |
verstärken, sondern mit Blick auf die Europawahl im Mai 2019 auch | |
entschiedener gegen „Desinformation“ vorgehen. Dies solle unter „vollem | |
Respekt der Grundrechte“ geschehen, heißt es. Allerdings könnte es auch | |
politische Parteien treffen: Sie sollen finanziell belangt werden können, | |
wenn sie gezielt Falschinformationen verbreiten. | |
Der Gipfelbeschluss nennt „hybride Bedrohungen“ und Cyberangriffe in einem | |
Atemzug mit chemischen, biologischen und nuklearen Gefahren. Der Einsatz | |
von Chemiewaffen soll künftig mit Sanktionen belegt werden. Dies richtet | |
sich vor allem gegen Russland, dem das gescheiterte Attentat auf den | |
früheren Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien zur Last gelegt | |
wird. | |
18 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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