# taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: Ein #MeToo-Rückblick mit Schieflage | |
> Die WDR-Fernsehchefin Sonia Mikich hat in einem Text in der FAZ #MeToo | |
> analysiert. Dabei lässt sie einen ratlos zurück. | |
Bild: Zu schick für eine Gehaltserhöhung, zumindest in den Augen mancher Män… | |
Sonia Mikich hat [1][am Dienstag in der FAZ ] einen bemerkenswerten Text | |
geschrieben. Was da als „persönlicher Rückblick“ auf #MeToo und die | |
Aufarbeitung von [2][Vorwürfen sexueller Übergriffe und Belästigungen im | |
WDR] steht, lässt einen ratlos zurück: Mikich, die beim WDR volontierte und | |
dann ihr gesamtes Berufsleben bei der größten ARD-Anstalt verbrachte – | |
zuletzt als Chefredakteurin Fernsehen –, macht keinen Hehl aus ihrer | |
eigenen, klar feministischen, wenn auch etwas in die Jahre gekommenen | |
Position. | |
Doch durchzieht ihre Bilanz gleich auf zwei Ebenen große Skepsis: Zum | |
einen, ob da wirklich etwas angekommen ist beim Sender, der auf den | |
Untersuchungsbericht der ehemaligen ÖTV-Vorsitzenden Monika Wulf-Mathies in | |
einer Mischung aus Demut und Erschrecken reagiert hatte: „Ziemlich sicher | |
der Beginn eines ernst gemeinten Kulturwandels“, sei das gewesen, schreibt | |
Mikich – ziemlich sicher. Ganz überzeugt hört sich das nicht an. | |
Denn natürlich kennt Mikich die Macht des Systems mit Blick auf weibliche | |
High Potentials: Wie Gehaltsverhandlungen mit Bemerkungen garniert wurden, | |
sie sei „doch immer gut angezogen“, wozu brauche sie mehr Geld? | |
Oder dass ein von Mikich und Petra Lidschreiber entwickeltes Politmagazin | |
„sphinx und Co – von Frauen für jedermann“ 2001 zwar als beste | |
TV-Innovation ausgezeichnet wurde, aber über zwei Sendungen nie hinauskam. | |
Dass, wie Mikich schreibt, die beiden Journalistinnen vom angepissten | |
Herrenclub als „Quotzen“ bezeichnet wurden, passt da gut ins Bild. | |
## Merkwürdige Schieflage | |
Zum anderen ist da das Hadern mit dem Umständen der Aufklärung: Mit der | |
Gerüchteküche, mit dem Problem anonymer Hinweise und Vorwürfe, mit dem | |
nicht auflösbaren Interessenkonflikt zwischen dem Persönlichkeitsschutz der | |
Geschädigten wie der (möglichen) Täter. Und hier gerät Mikich in eine | |
merkwürdige Schieflage. | |
„Gerüchte sind falsche Freunde“, schreibt sie, „und zero tolerance heißt | |
nicht zwingend, dass jemand entlassen wird.“ Es geht um die „Skepsis, dass | |
Bauchgefühle absolut gesetzt wurden“, und dass bei der Berichterstattung | |
anderer Medien „sowohl Wahrheitssuche als auch Häme im Spiel“ waren: | |
„Suggestivfragen der Kritiker standen in meiner Sicht zu oft an erster | |
Stelle, Fakten und Stellungnahmen störten nur“ – da klingt Verletzung | |
durch, die angesichts der Kommunikationspolitik des WDR nicht nur zu Beginn | |
der Debatte im April 2018 unangemessen ist. | |
Stutzig machen auch Aussagen wie „Vorgesetzte dürfen (…) nicht zu | |
Helikoptereltern mutieren“, die „Schutzbefohlenen“ müssten sich ja auch … | |
privaten Alltag durchsetzen. Schutzbefohlene? Da dünkelt’s gewaltig. Denn | |
auch Mikich und ihr Vorgesetzter Jörg Schönenborn waren Teil des Systems. | |
16 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/sonia-mikichs-metoo-rueckblic-… | |
[2] /Sexuelle-Belaestigungen-im-WDR/!5533464 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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