# taz.de -- Wieder Räumungen am Hambacher Forst: Behände ins nächste Gelände | |
> Trotz Polizeiaktionen hält „Ende Gelände“ an den Protest- und | |
> Blockadeplänen fest. Derweil einigt sich die Kohlekommission auf einen | |
> Zwischenbericht. | |
Bild: Die Häuser denen, die drin protestieren: Polizeieinsatz in Manheim | |
Manheim taz | Als die Polizisten das Zimmer im zweiten Stock betreten, sind | |
die BesetzerInnen schon zum Fenster raus. Das Dach ist schräg – und keiner | |
der etwa acht Menschen darauf ist gesichert. Auf der Dachspitze schrammelt | |
ein Besetzer nun Gitarre, vom Himmel dröhnt der Polizeihubschrauber, unten | |
vor dem Haus blasen Polizei und Feuerwehr Fallkissen auf. | |
KletterpolizistInnen haben noch nichts zu tun, stehen unten, schauen rauf, | |
die vielen Karabiner an ihren Gurten funkeln wie Behang an den Gürteln von | |
Bauchtänzern. | |
Trotz [1][gleich mehrerer Polizeiaktionen] hielt das Aktionsbündnis „Ende | |
Gelände“ am Donnerstag an seinen Protest- und Blockadeplänen für die | |
nächsten Tage fest. Zu den Aktionen werden Tausende Teilnehmer erwartet, | |
allein am Freitagmorgen sollte ein Sonderzug mit 1.000 Aktivisten in Düren | |
ankommen. Von dem Protestcamp aus sind am Wochenende Aktionen gegen den | |
Kohleabbau geplant, unter anderem auch im Tagebau und im Hambacher Forst. | |
Einige Tage zuvor hatten die Manheimer HausbesetzerInnen noch dem | |
bevorstehenden Camp von Ende Gelände Schlafplätze angeboten. 8 bis 11 | |
Häuser sollen besetzt gewesen sein. Doch am Donnerstagmorgen startete die | |
Räumung der besetzten Häuser in dem vom Abriss bedrohten Ort. Die Häuser | |
gehören nämlich RWE. | |
Bis 2023 soll ganz Manheim abgerissen sein, denn dann will der | |
Energiekonzern hier Braunkohle abbauen. Etwa 250 Menschen leben noch in | |
Manheim. Doch die meisten Häuser sind schon verlassen und mit Verschlägen | |
zugesperrt: Fenster, Türen, überall Bretter davor, die Rollläden | |
heruntergelassen. So geschäftig wie am Donnerstag war es hier lange nicht | |
mehr. | |
Vor gut einer Woche hatten AktivistInnen die Häuser besetzt. Im Ort wurde | |
das mit gemischten Gefühlen aufgenommen: Einige AnwohnerInnen riefen dazu | |
auf, die Besetzungen zur Not selbst zu räumen. Andere gaben zu verstehen, | |
sie würden sich freuen, dass sich wieder Menschen in den leeren Häusern | |
aufhielten. | |
## Platz für 4.000 Menschen | |
Ende Gelände hat es dieses Jahr nicht leicht: Auch die Nutzung eines | |
zunächst beantragten Platzes in einem Naturschutzgebiet in Niederzier war | |
vom Verwaltungsgericht Aachen untersagt worden. Den von der Polizei | |
angebotenen Platz in Jülich hatten die OrganisatorInnen [2][als zu weit | |
entfernt vom Hambacher Forst abgelehnt]. | |
Stattdessen begannen am Mittwoch etwa 100 AktivistInnen mit dem Campaufbau | |
auf einem Sportplatz in Manheim, der RWE gehört. Diesen umstellte die | |
Polizei am Mittwoch gegen 20 Uhr und forderte, alles freiwillig abzubauen. | |
Ab etwa 23 Uhr begann die Räumung, in deren Verlauf die Polizei unter | |
anderem Versammlungszelte beschlagnahmte. | |
Am Donnerstag wurde schließlich ein neues Camp bei Düren-Stepprath | |
errichtet, etwa 15 Kilometer vom Hambacher Forst entfernt. Die Fläche | |
gehöre einer kohlekritischen Privatperson, sagte ein Sprecher von Ende | |
Gelände, man habe einen privaten Nutzungsvertrag abgeschlossen. Das Camp | |
biete Platz für etwa 4.000 Menschen. | |
Auch die Politik behandelt das Thema Kohleausstieg derzeit intensiv. Die | |
von der Regierung eingesetzte Kohlekommission hat sich am Donnerstag | |
einstimmig auf einen Zwischenbericht mit Empfehlungen zum Strukturwandel in | |
den Kohleregionen. Ein Datum für den Kohleausstieg ist nicht enthalten. | |
Fest steht aber bereits, dass die Bundesregierung in dieser | |
Legislaturperiode 1,5 Milliarden Euro für den Strukturwandel in den | |
Kohleregionen bereitstellen will. | |
Einem Entwurf vom Dienstag zufolge enthält der Bericht unter anderem auch | |
konkrete Vorschläge zum Ausbau von Bahnstrecken und Straßen sowie zur | |
Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Zudem schlägt er vor, dass Bund | |
und Länder in den kommenden Jahren Behörden gezielt in die Kohlereviere | |
verlagern, um dort Arbeitsplätze zu schaffen. | |
Einen Abschlussbericht, der einen Ausstiegspfad sowie ein Enddatum | |
enthalten soll, will die Kommission bis Ende des Jahres vorlegen. Vertreten | |
sind darin unter anderem Umweltverbände sowie Wirtschaftsvertreter und die | |
Energiegewerkschaft IG BCE. | |
25 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Anett Selle | |
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