# taz.de -- Kooperation mit Wohnungsunternehmen: Berlin ist Berlins bester Verm… | |
> Seit 2017 dürfen Degewo und Co. die Miete nur um 2 Prozent pro Jahr | |
> erhöhen. Und siehe da, es klappt. Ansonsten nutzen sie aber jeden | |
> Spielraum aus. | |
Bild: Die Gropiusstadt gehört teilweise dem Land | |
Für Wohnungsuchende sind die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften | |
nicht immer erste Wahl. Für die, die in einer der 300.000 landeseigenen | |
Wohnungen leben, gibt es freilich keinen Grund, Degewo und Co. den Rücken | |
zu kehren. Das ist das Ergebnis des ersten Berichts zu einer | |
Kooperationsvereinbarung, die das Land Berlin mit seinen sechs | |
landeseigenen Wohnungsunternehmen im Juli vergangenen Jahres geschlossen | |
hat. | |
Dass die Mieten für Wohnungsuchende auch bei den Wohnungsbaugesellschaften | |
gestiegen sind, war bereits Anfang September durchgesickert. Sogenannte | |
Wiedervermietungsmieten etwa, also die Mieten bei Neuabschluss eines | |
Mietvertrags in einer Bestandswohnung, stiegen im Jahr 2017 auf 7,09 Euro | |
pro Quadratmeter kalt. Ein Jahr zuvor betrugen sie noch 6,40 Euro pro | |
Quadratmeter. | |
Den Anstieg um 10 Prozent führt Jan Kuhnert, einer von zwei Vorständen der | |
Wohnraumversorgung Berlin, einer Anstalt öffentlichen Rechts, die die | |
Wohnungsbaugesellschaften kontrollieren soll, auf das Fehlen von Regelungen | |
in der Kooperationsvereinbarung zurück. „Hier gibt es nur die | |
Einschränkung, dass sich die Unternehmen an die ortsübliche Vergleichsmiete | |
halten müssen“, sagte Kuhnert bei der Vorstellung der Bilanz am Mittwoch. | |
Er wies aber darauf hin, dass die Wiedervermietungsmieten im Schnitt 30 | |
Prozent unter denen von privaten Vermietern liegen würden. | |
Wer dagegen schon Mieter oder Mieterin bei der Degewo, der Gesobau, der | |
Gewobag, der Stadt und Land, der Howoge und der WBM ist, kann sich freuen. | |
Die sogenannten Bestandsmieten für die 300.000 landeseigenen Wohnungen | |
lagen 2017 im Schnitt bei 5,91 Euro pro Quadratmeter. „Das ist ein Anstieg | |
gegenüber 2016 um 1,9 Prozent“, betonte Jan Kuhnert. Tatsächlich hatten | |
sich die landeseigenenen Unternehmen in der Kooperationsvereinbarung dazu | |
verpflichtet, die Bestandsmieten nicht um mehr als 2 Prozent im Jahr zu | |
erhöhen. | |
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) zeigte sich erfreut. | |
„Der Bericht zur Kooperationsvereinbarung zeigt, dass die | |
Wohnungsunternehmen die Vereinbarung erfolgreich umsetzen und damit ihrem | |
besonderen Auftrag zur sozialen Wohnraumversorgung in Berlin mit großem | |
Engagement nachkommen“, so die Senatorin. „Der vorgelegte Bericht schafft | |
Transparenz und zeigt Ansatzpunkte für die weitere Ausgestaltung sozial | |
verträglicher Wohnungspolitik.“ | |
## 61,1 Prozent an WBS-Inhaber | |
Allerdings zeigt der Bericht auch, dass die Wohnungsbaugesellschaften die | |
Spielräume, die ihnen die Kooperationsvereinbarung lässt, voll ausschöpfen. | |
So gab es allein 2017 insgesamt 126.000 Mieterhöhungen. Allerdings | |
überschritten diese nicht die festgelegte Höchstgrenze von 2 Prozent, | |
betonte Kuhnert. Von den mehr als 20.000 Mieterhöhungen, die nach der | |
Verabredung, aber noch vor Unterzeichnung der Vereinbarung verschickt | |
worden waren und über 2 Prozent lagen, seien 12.763 zurückgenommen worden. | |
Bei 9.000 seien die Mieterhöhungen angepasst worden, so Kuhnert. „Das geht | |
auf das Engagement der Senatorin zurück.“ | |
Von den 9.666 Bestandswohnungen, die 2017 von den landeseigenen | |
Gesellschaften vermietet wurden, gingen 61,1 Prozent an Bewerberinnen und | |
Bewerber mit einem Wohnberechtigungsschein (WBS). Das ist eine Steigerung | |
um 3,6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. In der Kooperationsvereinbarung | |
hatten sich die Gesellschaften verpflichtet, 60 Prozent der Wohnungen an | |
WBS-Inhaber zu vermieten. | |
Davon wiederum soll ein Viertel an „Wohnberechtigte besonderer | |
Bedarfsgruppen“ vermietet werden, also an „fransferleistungsbeziehende, | |
Obdachlose, Geflüchtete, betreutes Wohnen, Studierende sowie vergleichbare | |
Bedarfsgruppen“. Auch dieses Ziel ist erreicht worden, freut sich Jan | |
Kuhnert. Seine Partnerin im Vorstand der Sozialen Wohnraumversorgung | |
Berlin, Alexa Prietzel, betont aber, dass an manchen Punkten noch | |
Diskussionsbedarf bestehe. So hätten insgesamt nur 448 Haushalte von den | |
Härtefallregelungen profitiert, die greifen, wenn ein Haushalt mehr als ein | |
Drittel seines Einkommens für die Miete ausgibt. „Hier wollen wir mehr für | |
diese Regelung werben“, so Prietzel. Positiv ist für Prietzel und Kuhnert | |
auch der Umstand, dass niemand „auf die Straße geräumt wurde“. | |
Dennoch ist, neben den teuren Wiedervermietungsmieten, nicht alles Gold, | |
was glänzt. So ist die Fluktuation, also die Zahl frei werdender Wohnungen, | |
gegenüber 2016 um 21 Prozent gesunken. Wer eine landeseigene Wohnung hat, | |
gibt sie offenbar nicht mehr gern her. Allerdings hielt sich der Ansturm | |
auf die 9.666 Wohnungen, die 2017 vermietet wurden, in Grenzen. Von 10 bis | |
20 Bewerbern pro Wohnung spricht der Vorstand der Stadt und Land, Ingo | |
Malter. Stadtentwicklungssenatorin Lompscher warb in diesem Zusammenhang | |
noch einmal dafür, sich einen WBS zu besorgen. „Es gibt eine Kluft zwischen | |
denen, die einen Anspruch haben, und den tatsächlichen WBS-Inhabern“, so | |
die Senatorin. | |
17 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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