Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Toter Syrer in der JVA Kleve: SPD droht mit U-Ausschuss
> Neue Details im Fall des Brandopfers Amed A. bereiten der NRW-Regierung
> Probleme. Die Justiz ignorierte offenbar Suizidanzeichen.
Bild: Die JVA Kleve. Hier saß der Mann zu Unrecht ein und wurde Opfer eines Ze…
Bochum taz | [1][Im Fall des in Kleve widerrechtlich inhaftierten und nach
einem Brand verstorbenen Syrers Amed A.] droht die SPD mit einem
Untersuchungsausschuss im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Insbesondere
CDU-Justizminister Peter Biesenbach kläre nicht auf, sondern sorge für
„immer neue Widersprüche“, klagte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf am Donnerstag
im Düsseldorfer Landesparlament.
Erst am Mittwochabend hatte Biesenbach einräumen müssen, dass Amed A.
bereits bei Haftantritt als akut suizidgefährdet galt. „THC-Abhängigkeit,
schädlicher Konsum von Alkohol, Persönlichkeitsstörung (Dauerdiagnose),
Anpassungsstörung […], Borderline-Persönlichkeitsstörung“, ist in seinen
Gesundheitsakten zu lesen: In Syrien soll Amed A. gezwungen worden sein,
die Gruppenvergewaltigung seiner Verlobten mitanzusehen, die danach
verblutet sein soll.
Nach Worten des Sozialdemokraten Wolf halten die Ermittlungsbehörden
mittlerweile einen Suizidversuch für die wahrscheinlichste Ursache des
tödlichen Zellenbrands. „Dass er möglicherweise keinen anderen Ausweg sah,
dass wir dazu beigetragen haben – das geht mir nahe“, sagte auch
Justizminister Biesenbach im Landtag.
Amed A. war seit dem 4. September nicht mehr wie bei Suizidgefährdeten
vorgesehen intensiv überwacht worden. Zuvor hatte eine Gefängnispsychologin
keine Anzeichen für eine Selbstgefährdung mehr gesehen. 13 Tage später
brach in seinem Haftraum in der Justizvollzugsanstalt Kleve ein Feuer aus.
Der 26-Jährige erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass er trotz einer
Lungentransplantation am 29. September in der Bochumer Unfallklinik
Bergmannsheil verstarb.
## Keine Fotos verglichen
In Haft geraten war Amed A. bereits Anfang Juli, nachdem er vier Frauen an
einem See sexuell belästigt haben soll. Da ein von der Staatsanwaltschaft
Hamburg mit zwei Haftbefehlen gesuchter Mann aus Mali einen ähnlichen Tarn-
und Aliasnamen benutzt hatte, wanderte prompt der Syrer ins Gefängnis.
CDU-Landesinnenminister Herbert Reul hat wegen dieser Verwechselung
„schwere Fehler“ seiner Polizei eingeräumt: Fotos der beiden Männer wurden
nicht verglichen, auch nicht Staatsangehörigkeit und Geburtsort.
Auch die Gefängnispsychologin schenkte Beteuerungen von Amed A., er sitze
zu Unrecht in Haft, keinen Glauben. Eine „Menge kaum nachvollziehbarer
Angaben zur Person“ habe der Syrer gemacht, notierte sie: „Das Urteil
betreffe ihn nicht. Er sei nie in Hamburg gewesen, schon gar nicht zu der
dort angegebenen Tatzeit, da sei er noch gar nicht in Deutschland gewesen,
usw. usf.“
Heftige Kritik an den Justizbehörden kommt auch von den Grünen.
„Lebensfremd“ sei deren Darstellung, Amed A. habe nur diese eine
Gelegenheit genutzt, um auf seine widerrechtliche Inhaftierung hinzuweisen,
findet der Abgeordnete Stefan Engstfeld. Ebenso unglaubwürdig sei die
Behauptung, der Bürgerkriegsflüchtling habe nicht ein einziges Mal nach
seinem Anwalt verlangt. „Hier stimmt etwas ganz gewaltig nicht“, warnte
Engstfeld deshalb im Landtag: „Hier stinkt etwas.“
11 Oct 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Tod-nach-Haft-in-Kleve/!5542385
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
JVA
Syrer
Brand
Justizskandal
JVA
NRW-SPD
Peter Biesenbach
Schwerpunkt Flucht
antimuslimischer Rassismus
Polizei NRW
Polizei NRW
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Monitor“-Recherche zu Brand in Kleve: Zweifel am Gutachten
Nach dem Verbrennungstod eines syrischen Häftlings gibt es neue Fragen. Ein
Experte hält die bisherige Schlussfolgerung zur JVA Kleve für unstimmig.
Zweifel am Suizid in der JVA Kleve: Tödlicher Knast
SPD und Grüne in NRW haben im Fall Amed A. einen Untersuchungsausschuss
beschlossen. Die Umstände des Falls seien „realitätsfern“.
Tod nach widerrechtlicher Haft: Biesenbach soll gehen
Ein Hilferuf aus der Zelle erschüttert die Suizid-Theorie der
Landesregierung. Nun fordern SPD und Grüne den Rücktritt des
NRW-Justizministers.
Syrer starb im Gefängnis: Wurde der Notruf ignoriert?
Der Syrer, der zu Unrecht wochenlang im Gefängnis saß und dann nach einem
Feuer starb, hat wohl einen Notruf abgesetzt. Ein ausgelöstes Lichtsignal
wurde deaktiviert.
Kommentar Tod nach Haft in Kleve: Immer neues Grauen
Monatelang hatte ein 26-Jähriger Syrer widerrechtlich in Haft gesessen.
Nach seinem Tod treten jetzt Schlamperei und struktureller Rassismus
zutage.
Tod eines Syrers bei Brand im Gefängnis: Polizei machte schwere Fehler
Ein zu Unrecht inhaftierter Flüchtling aus Syrien starb bei einem Brand in
seiner Zelle. Jetzt entschuldigt sich NRW-Innenminister Herbert Reul.
Syrer stirbt nach Brand in Zelle: „Ein unfassbarer Justizskandal“
Nach dem Tod eines zu Unrecht inhaftierten Syrers werden Vorwürfe gegen
NRW-Justizminister Biesenbach laut. Gegen die Polizei wird ermittelt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.