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# taz.de -- Kolumne Buchmessern: Was der Zahnarzt empfiehlt
> Bei den rechten Verlagen ist dieses Jahr in Frankfurt wenig los. Ausnahme
> ist Götz Kubitschek, dessen Antaios-Verlag eigentlich gar nicht da ist.
Bild: Des Rechten jüngster Streich: Götz Kubitschek in Frankfurt auf dem Stan…
Eigentlich sollte es sich inzwischen herumgesprochen haben, wie Götz
Kubitschek agiert. Der rechtsextreme Publizist und Autor kupfert bevorzugt
Strategien von der politischen Linken und der linksintellektuellen
Avantgarde ab; und er macht daraus auch gar kein Geheimnis: 2007
veröffentlichte Kubitschek, der zunächst Junge-Freiheit-Autor war und von
2000 an den Verlag Antaios betrieb, ein Buch namens „Provokation“, das in
diese Kerbe schlug. Im selben Jahr gründete er die Vereinigung
„Konservativ-subversive Aktion“. Die simple Losung: Aus linkssubversiv mach
rechtssubversiv. Wie das funktioniert, konnte man bei der Identitären
Bewegung beobachten.
Oder diese Woche bei der Frankfurter Buchmesse. Dort hat man Kubitschek und
seinen Antaios-Verlag in diesem Jahr ursprünglich gar nicht erwartet. Die
Buchmesseleitung gedachte seinen Verlagsstand wie auch die Auftritte der
anderen Rechten (Junge Freiheit, Cato, Manuscriptum) in eine randständige
Ecke der Halle 4 zu verbannen – worauf Kubitschek verzichtete. Um dann,
pünktlich zum Messestart, [1][in anderem Gewand wiederaufzutauchen]. Er
verkaufte seinen Verlag – offiziell – einen Tag vor Beginn an Thomas
Veigel, Zahnarzt und AfD-Mitglied aus Baden.
Antaios werde Imprint des von Veigel geführten Loci Verlags, verkündete der
Vorzeigeintellektuelle der Rechten. Auf der Buchmesse präsentierte sich
dieser dubiose Loci Verlag dann mitten im Gewimmel, samt Antaios-Backlist.
Kubitschek ließ sich ab und zu am Stand blicken und streute zudem die
Nachricht, er werde künftig als Politikberater für AfD- und CDU-Abgeordnete
tätig sein. Letzteren wolle er „den kommenden Koalitionspartner AfD“
näherbringen.
## Selbstinszenierung als Strategie
Wie viel davon inszeniert ist und wie viel am Ende bleibt, weiß man nicht.
Die einzige Quelle für all das heißt: Götz Kubitschek. Und ein
vorgeschobener Zahnarzt. In einer Mischung aus blanker Naivität und
bereitwilliger Unterstützung aber nahmen gleich mehrere Medienvertreter
diese Story für bare Münze. Dass besagter Loci Verlag Titel wie „Home
Story. Selbstinszenierung als Strategie“ von Kubitschek und dessen Frau
Ellen Kositza ankündigte („erscheint später“) und die Verlagsvorschau mit
einem Richard-Huelsenbeck-Zitat überschrieben war, störte nicht weiter. Aus
Kubitscheks Sicht könnte man sagen: Wer solche Feinde hat, braucht keine
Freunde mehr.
Denn es siegte das Simulacrum, die virtuelle Realität über die
Wirklichkeit. Kubitschek war überall im Gespräch. Sah man sich während der
ersten drei Buchmessetage an den Ständen der rechten Verlage um, konnte man
einen Realitätsabgleich vornehmen.
Am Stand des Loci Verlags war eigentlich kaum was los, manche schauten aus
voyeuristischem Interesse vorbei. Ein Mann namens Thomas Schöbe saß am
Stand, der sich ebenfalls als Verlagsvertreter ausgab – er sei
pensionierter Gynäkologe, AfD-Wähler und überzeugt davon, dass der Loci
Verlag noch lange Bestand habe, erklärte er schmunzelnd. An den Ständen von
Manuscriptum, Cato und Leopold Stocker sah man meist den Verlegerinnen und
Verlegern beim Sichlangweilen zu.
## Ein trauriges Bild
Bei der Jungen Freiheit ließen sich ab und zu noch Verbündete blicken.
Ansonsten ein trauriges Bild: Die alten, reaktionären Herren hielten sich
in den hinteren Reihen und schickten die jungen, freundlichen Damen vor,
das Produkt zu vermarkten. Man konnte zu dem Ergebnis kommen: Marginaler
als bei der Buchmesse dürften die Rechtsextremen derzeit nirgendwo im Land
sein. Kann sein, dass sich das gegen Ende der Buchmesse ändert, wenn Björn
Höcke am Freitagabend (nach Redaktionsschluss) am Manuscriptum-Stand
auftritt und die Fans des AfD-Führers auftauchen.
Medial ist schon jetzt ein Zerrbild entstanden. Die einen gingen Kubitschek
auf den Leim, die anderen spielten sein Spiel mit, spülten ihn weich. So
fragte die Welt, ob er nun „Spaß-Guerilla“ sei und in die Mitte rücke. Wer
sich in Sachen Spiel und Spaß mal informieren will, kann sich Kubitscheks
Beitrag „Wir werden handeln“ auf dem Blog des von ihm herausgegebenen
Magazins Sezession durchlesen und versteht dessen Gedankenwelt vielleicht
im Anschluss besser.
Es gibt viele Möglichkeiten, geplante Provokationen ins Leere laufen zu
lassen; am einfachsten ist es, sie zu ignorieren oder zu kontern. Diese
Chancen wurden in den vergangenen Tagen grandios vertan.
12 Oct 2018
## LINKS
[1] /Neurechte-Verlage-auf-der-Buchmesse/!5542376
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
rechte Verlage
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Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
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Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Frank-Walter Steinmeier
Georgien
Subventionen
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